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Goliath: Roman (German Edition)

Goliath: Roman (German Edition)

Titel: Goliath: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Alten
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Isolation zu einem Segen, denn sie gab ihm die Zeit, die er brauchte, um seine geistige Gesundheit wiederzuerlangen.
    Zehn Jahre …
    Hundertundzwanzig Monate …
    Fünfhundertzwanzig Wochen …
    Dreitausendsechshundertvierzig Tage …
    Siebenundachtzigtausenddreihundertsechzig Stunden …
    Fünf Millionen zweihunderteinundvierzigtausend …
    STOPP !
    Während er nackt in der stinkenden Zelle auf und ab schritt, hat Gunnar gespürt, wie sein Geist endlich die Last der Hoffnung abwarf. Ja, in den Augen Gottes hatte er gesündigt, hatte unter dem Deckmantel gerechter Kriege schwere Verbrechen begangen. Ja, er hatte gehofft, dafür irgendwie Buße tun zu können, indem er die Pläne der Goliath vernichtete. Vielleicht aber war Leavenworth seine gerechte Strafe. Vielleicht würde er, wenn er diese zehn Jahre überlebte, eine andere Gelegenheit bekommen, vor seinem Tod noch etwas gutzumachen. Nun kam es nur darauf an, am Leben zu bleiben. Ob es ihm passte oder nicht, er war im Dschungel, und sein Überleben hing von seiner Fähigkeit ab, sein Schicksal zu akzeptieren und sich an seine neue Umgebung anzupassen. Dazu musste er seine Scham, seine Schuldgefühle und seine Wut in einen stählernen Kasten einschließen und den Schlüssel verschlucken.
    Nackt und aller Dinge beraubt, die er je geliebt hatte, zwang Gunnar Wolfe seine Gedanken, einen neuen Weg zu suchen und sich damit abzufinden, dass lange, harte Jahre vor ihm lagen.
    Der Schlaf will Gunnar mit sich reißen, doch sein Geist klammert sich fest. Der Hass der britischen Matrosen hallt in ihm wider und führt ihn zurück nach Leavenworth. Er ist im Dschungel, und der Tod ist ein Würfelspiel, für das Raubtier wie für seine Beute. Zebras und Gnus leben in Herden, genau wie Gefängnisinsassen. Draußen mag Gunnar ein Löwe gewesen sein, aber ein einzelner Löwe in der Serengeti wird unweigerlich zum Fraß der Geier. Will man im Gefängnis überleben, muss man sich einer Gruppe anschließen, muss Verbündete finden, die einem hoffentlich den Rücken freihalten, wenn es gefährlich wird. Gunnars brutale Reaktion auf den Angriff von Barnes hat ihm den Respekt einer Gruppe von Lebenslänglichen eingetragen, einer alten, etablierten Gang, die genügend Macht besitzt, um ihm Barnes und seine »arischen« Spießgesellen vom Hals zu halten. Aus Not ist er gezwungen, sich der Gang anzuschließen, obwohl ihm in Gesellschaft ihrer Mitglieder regelrecht übel wird.
    Nach drei Jahren hat Gunnar keine Ahnung mehr, wer er eigentlich ist.
    Die Gefängnisrevolte, die während Gunnars siebenundfünfzigstem Monat in Leavenworth ausbricht, beginnt beim Frühstück. Irgendjemand hat eine kleinkalibrige Beretta aufs Gelände geschmuggelt, die in die Hände von Anthony Barnes gelangt ist. Barnes weiß, dass der Gefängnisdirektor an diesem Tag zu den Insassen sprechen wird, und die »Aryan Nation« ist zu allem bereit.
    In dem folgenden Handgemenge bekommen zwei Wächter ein Messer zwischen die Rippen, einem wird mitten ins Gesicht geschossen. Zellenblock C wird abgeriegelt, und Barnes droht, den Direktor umzubringen, wenn man ihn nicht freilässt.
    Das Gesetz des Dschungels besagt, dass du Abstand hältst, wenn deine Herde nicht beteiligt ist. Nach dem Gesetz des Knasts mischt ein Häftling sich nicht ein, um einen Aufseher zu retten.
    Das Gesetz des Gefängnisses von Leavenworth besagt, dass der Direktor kein Direktor mehr ist, wenn er in die Hände der Gefangenen gerät.
    Als Barnes merkt, dass seine Geisel nichts wert ist, beschließt er, grandios unterzugehen.
    Was immer aus Gunnar im Knast auch geworden sein mag, die Vorstellung, dass der Direktor, ein Vater von vier Kindern, von einem der Insassen gequält und ermordet werden soll, berührt jede Faser seines Wesens. Ohne nachzudenken, ohne jeden Gedanken an die Folgen überlässt er sich seinen soldatischen Instinkten, als er durch den Zellenblock schleicht, um sich an seinen alten Feind heranzupirschen. Nachdem er ein halbes Dutzend der Aufrührer aus dem Weg geräumt hat, stürzt er sich schließlich auf Barnes und bricht ihm das Genick, ohne zu spüren, wie zwei Kugeln in seinen Unterleib eindringen.
    Dann ist es vorbei.
    In seinem eigenen Blut liegend und mühsam nach Luft ringend, lächelt er, als die Männer des Einsatzkommandos kopfschüttelnd auf ihn herabblicken. Während der Direktor rasch in Sicherheit geschafft wird, stehen die Wärter um Gunnar herum, ohne besondere Eile, ihm das Leben zu retten.
    Ich bin eine Insel

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