Gone 4: Rache
töten, oh nein. Sondern erst, wenn Sam gesehen hatte, wie er Astrid die Haut abzog und zu einem hässlichen Monster verunstaltete.
Er sah alles klar und deutlich vor sich. Es war herrlich und erfüllte ihn mit einer Lust, die er nicht einmal in Worte fassen konnte.
Nemesis!
»Ich bring dir Nemesis«, zischte Drake. »Aber erst …«
Drakes Armee war in einem halsbrecherischen Tempo unterwegs und hetzte gerade die lange Anhöhe hinauf, die vom See zum Gebirgskamm und in die dahinterliegende Wüste führte.
Er spürte die Wut des Gaiaphage, spürte, wie sie anschwoll und sein Innerstes wie ein gewaltiger Wellenbrecher erschütterte. Der dunkle, tastende Tentakel war um sein Gehirn gewickelt, besetzte seine Gedanken, forderte, drohte.
Nemesis!
»Nein!«, schrie Drake.
Die Reaktion folgte unmittelbar. Der Schwarm blieb schlagartig stehen.
»Das ist meine Armee! Sie ist mein!«, brüllte Drake.
Sein eigener Hass, der Hass, der ihm allein gehörte, war zu stark, um sich verleugnen zu lassen. Und wahrscheinlich hätte er sich sogar über den Gaiaphage hinweggesetzt. Aber noch während Drakes Hass mit seiner Furcht rang, verlor er die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen.
Die Wahl, ob sie Jagd auf Nemesis machen oder Perdido Beach vernichten würden, lag nun bei Brittney.
Siebenunddreißig
1 Stunde, 39 Minuten
Sam schaffte es, schneller zu humpeln, als er gehofft hatte. Er stützte sich auf Toto, während Dekka hinter ihm blieb und ihm beim Gehen half, indem sie die Schwerkraft unter seinen Füßen verringerte.
Er fühlte sich niedergeschlagener denn je. Umso mehr, als er sich eben noch den Luxus einer kleinen Hoffnung erlaubt und tatsächlich geglaubt hatte, dass nun vielleicht doch alles besser wurde.
Aber das hier war die FAYZ . Und nur weil sie ein bisschen Glück verdient hatten, hieß das noch lange nicht, dass es auch eintrat. Sein Optimismus war in nicht einmal zwei Stunden einer tiefen Hoffnungslosigkeit gewichen.
In Gedanken spielte er unentwegt die verschiedenen Möglichkeiten durch. Edilio hätte seine Leute, dazu Brianna und Taylor und hoffentlich auch Orc. Wenn Jack rechtzeitig da wäre, würde er ebenfalls kämpfen. Jack hatte sich wirklich gemausert.
Aber das reichte nicht. Wahrscheinlich würde es nicht einmal reichen, wenn er und Dekka dort wären. Anstatt also mit Wasser, Nudeln und Nutella zu den Kids zurückzukehren, würden sie eine verwüstete Stadt vorfinden, in der niemand mehr am Leben war.
Einige würden wahrscheinlich selbst das überleben. Vielleicht würde der kleine Pete Astrid retten. Die Kraft dazu hatte er. Aber wusste er überhaupt, was los war? Drang irgendetwas davon bis zu seinen Verstand vor?
»Denkst du, er bringt es fertig?«, fragte Dekka. »Jack, meine ich.«
»Nein.«
»Ich auch nicht.«.
»Wahr«, sagte Toto, obwohl Sam nicht sagen konnte, ob er sich ihrer Meinung anschloss oder nur automatisch bestätigte, was sie glaubten.
»Er schafft das nicht«, sagte Sam niedergeschlagen. »Dafür ist unser Jack einfach nicht skrupellos genug. Aber wie groß sind seine Chancen, die Stadt zu erreichen und den kleinen Pete dann auch noch zu finden? Außerdem, wer weiß, ob es in Pete wirklich so einen Schock auslöst, dass er etwas unternimmt.«
»Du würdest es tun.«
»Ja, ich würde es tun.«
»Stimmt«, kam es prompt von Toto.
»Das ist es, was dich von den anderen unterscheidet«, sagte Dekka. »Von Anfang an.«
»Skrupellosigkeit?«
»So habe ich es nicht gemeint«, erwiderte Dekka müde, »aber irgendjemand muss es tun.«
Sam stieß mit der Ferse gegen einen Stein und zuckte stöhnend zusammen. »Wahrscheinlich funktioniert es ohnehin nicht. Das mit Pete.«
»Der Zug«, sagte Dekka. »Die Raketenwerfer.«
»Ja, daran habe ich auch schon gedacht. Aber wie bringen wir sie in die Stadt? Und wie finden wir heraus, wie sie funktionieren?«
Sam blieb plötzlich stehen.
Dekka hielt nach ein paar Schritten ebenfalls an. Toto ging weiter, selbstvergessen.
»Dekka?«
»Ja?«
»Wie hoch reicht deine Kraft? Ich meine, du hebst die Schwerkraft auf. Das heißt, die Dinge steigen nach oben.«
»Ja. Und?«
»Ich habe gesehen, wie du dich selbst in die Luft gehoben hast. Du hast die Schwerkraft unter dir aufgehoben. Wie hoch hinauf schaffst du es?«
»Keine Ahnung. Wenn ich es mir vorstelle, du weißt schon, wenn ich will, dass es mit anderen passiert, schaffe ich vielleicht fünfzehn Meter oder so. Vielleicht etwas mehr.«
»Aber dann tust du es aus einem
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