Gone 4: Rache
in Sicherheit gebracht. Warum mussten die beiden ausgerechnet jetzt auftauchen?
Brianna fluchte und schrie: »Lana, lauf weg! Durch den Hinterausgang!«
Lana zog ihre Pistole. »Kommt nicht infrage!« Sie zielte auf den ersten Käfer und drückte dreimal ab.
Aus einem der rubinroten Augen troff blutiger Eiter, aber der Käfer fuhr einfach fort, ein Mädchen aufzufressen, von dem Brianna nur hoffen konnte, dass es bereits tot gewesen war.
»Sei nicht blöd. Wir brauchen dich lebend. Du musst hier weg! Du …« Sie packte Sanjit am Nacken. »Bring sie weg. Mach schon!«
Brianna wusste jetzt, wie sich die Käfer umbringen ließen, aber sie war nicht Caine. Sie hatte nicht seine Kräfte.
Sie hatte aber immer noch ihre eigenen.
Brianna reckte trotzig ihr Kinn. Caine war unter dem eingestürzten Haus begraben. Jetzt lag es an ihr.
Das Messer blitzte in ihrer Hand. Sie würde diesen Kampf nicht gewinnen, aber davonlaufen würde sie auch nicht.
Dekka hatte die Bestien gesehen.
Es war einfach zu entsetzlich. Sie ertrug es nicht mehr. Sie fraßen sich aus ihr heraus. Sie musste es beenden, musste die Dinger und sich selbst töten.
Dabei war ihr der Container entglitten. Vor lauter Panik und blankem Entsetzen hatte sie die Kontrolle verloren.
Dekka fiel, wirbelte durch die Luft wie ein Kreisel. Der Wind pfiff ihr um die Ohren und sie wusste nicht einmal mehr, wo oben und unten war.
Sie spreizte die Hände und konzentrierte sich. Aber worauf? Wo war der Boden? Sterne und blassgraue Berge und das tiefschwarze Meer, das alles drehte sich im Kreis. Der Container blendete sich immer wieder ein, als wäre er der Stundenzeiger einer rasend schnellen Uhr. Und zwei Gestalten, die sich mit ausgestreckten Armen drehten wie zwei Windräder.
Sie musste Sam retten. Das war das Mindeste.
Ihr Atem ging stoßweise. Aus ihren Augen strömten Tränen, sie sah nichts mehr, alles war verschwommen. Wie konnte sie das Drehen nur aufhalten?
Dekka zog die Arme an und kreuzte die Beine. Weniger Windwiderstand. Jetzt konnte sie auch endlich etwas erkennen. Sie stürzte mit dem Kopf voran in die Tiefe – wie ein zur Erde abgeschossener Pfeil. Plötzlich und viel zu deutlich wurde direkt unter ihr der weiße Schaum der Brandung sichtbar.
Sie musste Sam überholen, vor ihn gelangen. Sam und Toto waren unter ihr und drehten sich immer noch wie verrückt im Kreis. Aber mit geringerem Windwiderstand holte Dekka schnell auf.
Sie war unter ihnen. Jetzt! Sie spreizte die Finger, konzentrierte sich und setzte ihre Kraft ein.
Und fiel weiter. Sie hatte die Schwerkraft aufgehoben. Aber nicht ihren Schwung.
In ein paar Sekunden würden sie auf dem Wasser oder auf der Erde aufschlagen und zerschmettern.
Caine hob die Trümmer von sich herunter.
Die Käfer waren nicht mehr da. Von einem sah er gerade noch den Schwanz um eine Ecke verschwinden.
Wenn er ihnen folgte, würde er wahrscheinlich getötet werden. Aber einfach hierbleiben? Schutz suchen, bis alles vorbei war und sich auf die Insel in Sicherheit bringen?
Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder die Käfer brachten alle um und es gäbe niemanden mehr, über den er herrschen konnte. Oder die Käfer wurden von jemand anders besiegt. Dann hätte er verloren. Die Macht gebührte dem, der diesen Kampf gewann.
Caine zögerte trotzdem. Ein großes warmes Bett. Ein bildschönes Mädchen, das es mit ihm teilte. Essen. Wasser. Alles, was er brauchte, befand sich nicht weit von hier auf der Insel. Die logische, die vernünftige Antwort lag auf der Hand.
»Genau deshalb wird die Welt in diesem beschissenen Zustand bleiben«, sagte Caine leise. »Der Mensch ist nicht vernünftig.«
Er atmete ein paarmal tief durch und machte sich bereit, für die Macht zu sterben.
Orc hatte es auch diesmal nicht geschafft. Als ihm das klar wurde, traten ihm Tränen in die Augen. Er tat sein Bestes, aber irgendwann kam der Moment, in dem er sich übergab und das Bewusstsein verlor. Und das war’s dann: wieder nichts mit Tod durch Saufen.
Er stand auf, weil er pinkeln musste, doch da lief es ihm schon die Beine hinunter. Auch gut.
Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung wahr. Er wandte schwerfällig den Kopf. Ein Monster. In den Scherben eines schief an der Wand hängenden, kaputten Spiegels.
Orc starrte sein eigenes Spiegelbild an. Ein zwei Meter großer Koloss aus grauem Kiesel.
Er warf den Kopf zurück, breitete die Arme aus und schluchzte: »Warum? Warum?«
Er begann zu weinen und boxte mit den Fäusten
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