Gone 4: Rache
nie wieder. Sie hätten ihre Lektion gelernt, wären andere Menschen geworden.
Und so war aus der Human Crew die Scheiß-Crew geworden. Und das war noch nicht einmal die schlimmste Bezeichnung. Sie waren die Lachnummer schlechthin.
Turk hasste Albert mit brennender, unerschütterlicher Leidenschaft. Albert hatte alles, aber ihm und Lance und dem Rest der Human Crew warf er den letzten Schweinefraß vor.
Lance war immer noch da. Sein hübsches Gesicht glühte vor Aufregung. »Mann, kapierst du’s nicht? Wenn wir Albert jetzt kaltmachen, werden sie denken, es war Drake.«
Damit hatte er Turks Aufmerksamkeit. »Okay, aber als wir Caine die Schuld für den Brand in die Schuhe schieben wollten, hat uns keiner geglaubt.«
»Das ist was anderes. Gefällt es dir, so zu leben?« Lance ließ seinen Blick demonstrativ durch den Raum schweifen und zeigte schließlich auf den stinkenden Schmortopf, den sie als Toilette benutzten. »Wir essen den letzten Dreck, haben den miesesten Job und hausen in einem Rattenloch.«
»Ja. Ich wollte immer schon der größte Loser der Stadt sein.«
»Dann hör mir endlich zu.« Lance legte die Hände auf Turks Schultern. Turk schüttelte sie wieder ab. »Nichts und niemand kann Drake töten. Geschweige denn aufhalten. Deshalb haben sie so viel Schiss. Vielleicht können wir uns mit Drake zusammentun. Oder wir warten ab, bis die anderen ausrasten, und nutzen dann unsere Chance.«
Darüber dachte Turk einen Moment lang nach. Vielleicht hatte Lance ja Recht. Alle wussten, dass Albert in Gold und Bertos schwamm und Essen hortete – angeblich sogar noch Konservendosen von früher, richtiges Essen.
»Ich weiß nicht«, sagte Turk. »Die Human Crew sollte für was stehen. Ich meine, wir sind die Verteidiger der Menschen gegen die Freaks. Wir setzen uns für die einfachen Leute ein. Stehlen ist nicht unser Ding. Wir sind keine Gang oder so was.«
Lance lachte hämisch. »Manchmal denk ich, du hast echt keinen Schimmer. Merkst du denn nicht, was hier läuft?« Er setzte sich auf die Lehne der Couch, damit er auf Turk hinunterblicken konnte. »Es geht nicht nur um die Freaks. Ist dir schon mal aufgefallen, dass der ganze Rat entweder schwarz oder mexikanisch ist? Darum geht es nämlich: um all die Minderheiten, die mit den Freaks gemeinsame Sache machen.«
Die Rädchen in Turks Hirn gerieten langsam in Bewegung. »Jamal gehört zu uns und ist schwarz.«
»Na und? Wir benutzen Jamal. Über ihn kommen wir an Albert ran. Ich sag ja nur, du und ich, wir sind normale Menschen. Wir sind weder schwarz noch schwul und auch keine Ausländer. Trotzdem sind wir für die Scheißhäuser zuständig. Wie kommt das?«
Aus diesem Blickwinkel hatte Turk das Ganze noch nie betrachtet. Seine bisherige Antwort war: Weil sie versagt hatten, als sie die Macht an sich reißen wollten.
»Astrid ist normal und sie ist weiß«, widersprach er Turk halbherzig. »Und Sam auch.«
»Sam ist ein Freak«, entgegnete Lance. »Außerdem würde es mich nicht wundern, wenn er Jude wäre.« Seine Augen glitzerten. Sein Mund verzog sich zu einem Grinsen. Es machte ihn hässlich. »Und Astrid gehört nicht mehr zum Rat.«
Turk spürte, wie sich dieser neue Gedanke in den dunklen Winkeln seines beleidigten Verstands einnistete, ihn langsam überzeugte. »Drake ist weiß. Orc auch, ich meine, wenn man’s genau nimmt. Sie sind aber auch irgendwie Freaks … nur eben keine richtigen. Weil sie nicht dazu geworden sind. Bei ihnen war ’ s ein Unfall, der sie zu dem gemacht hat, was sie jetzt sind.«
»Genau.«
Ja, dachte Turk. Das könnte gut sein. Sehr gut sogar. Wenn sie Albert kaltmachten, würden sie mehr Chaos anrichten, als wenn sie bloß Häuser abfackelten. In Wirklichkeit war Albert derjenige, der alles kontrollierte. Das Geld und die Nahrungsmittel. Das machte ihn noch wichtiger als Sam.
Da kam Lisa herein. Sie brachte selbst gepflückte Kohlköpfe von den Feldern und eine fette Ratte, die sie auf dem Markt gekauft hatte.
Turks Mund wurde wässrig: Sie waren spät dran mit dem Abendessen.
»Essen wir erst mal was«, sagte er. »Danach überlegen wir, was wir als Nächstes tun.«
Vierzehn
37 Stunden, 48 Minuten
Edilio wartete, bis die Sonne aufgegangen war, dann ging er zu Roscoe. Das Gespräch verlief friedlich. Roscoe war keiner, der Ärger machte.
»Wir müssen dich nur an einen sicheren Ort bringen«, erklärte Edilio.
»Damit ich niemanden anstecke.«
»Ja. Und bis wir wissen, wie wir dich heilen
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