Gone 4: Rache
Depression und der Selbsthass einsetzten.
Sie lebten an einem fabelhaften Ort. Und Caine war ein schöner Junge – wenigstens äußerlich.
Wenn Bequemlichkeit, Luxus und sie ihn friedlich stimmen konnten, dann würde das Leben vielleicht so weitergehen: friedlich.
Und selbst Penny pflegen und die Wanze ertragen zu müssen, war nicht annähernd so schlimm wie die Dinge, die hinter ihr lagen. Panda. Ihr schauderte bei dem Gedanken und ihr wurde plötzlich übel.
»Was ist?«, fragte Caine.
»Nichts.« Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Wahrscheinlich hab ich bloß Hunger.« Dann, als sie seinen Gesichtsausdruck sah, fügte sie hinzu: »Auf Essen.«
Sie schlüpften in die flauschigen Bademäntel mit den Initialen ihrer berühmten Vorbesitzer, Diana schob ihre Füße in die Seidenpantoffel und dann gingen sie gemeinsam nach unten in die Küche.
Dort erwartete sie die Wanze. Er sah verstörter aus als sonst und atmete schwer. Diana vermutete, dass er sie wieder einmal heimlich beobachtet hatte, und spürte, wie Wut in ihr hochstieg.
»Da kommt ein Boot«, sagte die Wanze.
»Was heißt, ein Boot?«, fragte Diana.
»Ein Motorboot. Es ist schon ganz nah.«
Caine schoss wie ein geölter Blitz zur Tür hinaus. Diana musste rennen, um ihn einzuholen. Am Himmel war es bereits dunkel, doch auf der Wasseroberfläche unter ihnen lag noch ein goldroter Schimmer der untergehenden Sonne.
Und da, erschreckend dicht an der Insel, schaukelte tatsächlich ein Motorboot. Sie konnte eine Person ausmachen, einen Jungen, doch um sein Gesicht zu erkennen, war es zu dunkel.
Diana musterte Caine, sah den Ausdruck in seinem Gesicht, mit dem sie gerechnet und den sie gefürchtet hatte. In seinen Augen leuchtete ein Glitzern, sein Lächeln war fast schon ein Zähnefletschen. Caines ganzer Körper schien sich nach vorne zu strecken, abwartend, aufs Äußerste gespannt.
»Was immer der Grund ist. Sag ihm, er soll wieder abhauen«, bat Diana.
»Ich will erst wissen, wer es ist.«
»Caine, schick ihn weg.«
Das Boot machte Diana Angst. Sie legte die Arme um sich, als müsste sie sich vor Kälte schützen.
Jetzt hob der Junge im Boot den Kopf.
»Das ist Quinn«, sagte Caine. »Was will der denn hier? Ich habe mit Zil gerechnet oder einem seiner Loser.«
»Gerechnet?« Diana runzelte die Stirn. »Was soll das heißen?«
Caine zuckte mit den Schultern. »Irgendwann wäre einer von ihnen hier aufgekreuzt.«
»Aber … warum solltest du …?«
Er lachte. Ein arrogantes, grausames Lachen. »In der FAYZ gibt es nur zwei Vierer, Diana. Früher oder später wäre es ein paar Leuten auf den Geist gegangen, dass Sam ihnen Vorschriften macht, und sie wären zu mir gekommen.«
Diana spürte, wie sich etwas in ihr zusammenzog.
»Hey, Quinn! Hier oben!«, rief Caine. Dann sagte er leise: »Wanze, mach dich unsichtbar. Aber bleib in der Nähe. Das könnte ein Trick sein.«
Die Wanze verschwand.
Quinn schaltete den Motor ab. Er stand auf und hielt im hin und her schaukelnden Boot problemlos das Gleichgewicht.
»Caine, wo kann ich hier an Land gehen?«
»Musst du nicht.« Caine grinste breit. »Setz dich wieder hin und halt dich fest.«
Caine trat an den Rand der Klippe. Er hob die Hände und das Boot stieg aus dem Wasser. Triefend und einen Algenschwanz hinter sich herziehend schwebte es langsam höher und höher und landete schließlich auf der Wiese. Als Caine es losließ, kippte es zur Seite und Quinn sprang gerade noch rechtzeitig heraus.
»Quinn, was bringt dich auf Fantasy Island?«, fragte Caine großspurig.
»Hallo, Diana«, sagte Quinn.
Diana antwortete nicht. Sie wusste es. So wie Caine es wusste. Quinn war hier, um Caine zurückzuholen.
»Edilio schickt mich.«
Caine lächelte skeptisch. »Edilio? Er ist so ziemlich der Letzte, von dem ich eine Nachricht erwartet hätte.«
»Er ist jetzt Bürgermeister.«
Diana erschrak. »Ist Sam tot?«
Quinn wollte schon antworten, doch Caine fiel ihm ins Wort. »Nein, warte. Lass mich raten. Sam hat die Schnauze voll, jedes Mal die Drecksarbeit zu machen, alle Gefahren auf sich zu nehmen und dann, wenn es nicht perfekt läuft, auch noch an allem schuld zu sein.«
Caine genoss es, in Quinns Gesichtsausdruck die stumme Bestätigung seiner Vermutung zu erkennen. Lachend sagte er: »Komm, Quinn. Komm rein und iss etwas.«
»Ich soll bloß …«
Caine winkte ab. »Nein, nein. Wir gehen erst mal rein. Ich muss mich umziehen. Immerhin ist das ein großer Augenblick in der Geschichte
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