Gone 5: Angst (German Edition)
lassen.«
Quinn stemmte die Fäuste in die Seiten. »Und wie lange hättest du Penny in Schutz genommen?«
Caine lachte leise. »Nicht immer lustig, Anführer zu sein, oder?«
»Ich foltere niemanden, Caine. Und ich überlasse auch niemanden einer Übergeschnappten, damit sie ihn in den Wahnsinn treibt.«
Das saß. Caine wandte den Blick ab. »Ja … Du hättest es auch fast geschafft. Albert dachte bereits darüber nach, wie er mich loswerden konnte. Nicht mehr ob, sondern wie.«
»Alberts Fluchtpläne standen längst fest.«
Caines Augen glitzerten im Licht des Feuers. »Wir werden ja sehen. Ich hätte die Insel nie verlassen dürfen. Diana flehte mich an, zu bleiben. Es gibt noch Boote. Vielleicht fahr ich demnächst mal rüber und statte Albert einen Besuch ab.«
»Ja, tu das.« Quinn musste an Cigars blutüberströmtes Gesicht denken. Sollte Caine ruhig zur Insel fahren. Wäre interessant zu erfahren, ob diese Raketen, von denen Albert gesprochen hatte, tatsächlich funktionierten.
Caine schien mit den Gedanken schon ganz woanders. »Ich hätte Diana gerne noch einmal gesehen«, sagte er mehr zu sich selbst. »Aus dem Baby wird jetzt wohl nichts.«
»Und? Bist du froh darüber?«, fragte Lana böse.
Caine dachte so lange darüber nach, dass Quinn schon glaubte, er hätte die Frage vergessen. Doch dann sagte er: »Nein. Nur irgendwie traurig.«
Dreiunddreißig
5 Stunden, 12 Minuten
War das ein Licht?
Astrid blinzelte und starrte hin.
Ja, ein rötlicher Schimmer. Ein Feuer.
Ein Feuer!
»Cigar, ich glaube, das ist die Stadt. Ich glaube, da brennt’s.«
»Ich sehe es auch. Wie tanzende Teufel.«
Sie gingen nun rasch weiter. Astrid bemerkte zwar, dass der Boden unter ihren Schuhen nicht mehr flach und hart war, sondern uneben und weich. Ihr entgingen auch nicht die schmalen Reihen aus Erde, über die sie immer wieder stolperte, aber sie war jetzt ganz auf das Licht fixiert.
Da begann Cigar zu schreien. Er schrie oft, deshalb ignorierte Astrid sein Kreischen, dass sich etwas in seine Füße fresse, und ging weiter.
Als sie gleich darauf selbst den Druck spürte, so als wollte sich etwas durch das Leder ihrer Stiefel bohren, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.
»Würmer!«, schrie sie und stolperte rückwärts. Sie fiel hin, rappelte sich sofort wieder auf und rannte, bis sie festen Boden unter den Füßen hatte.
Dann hockte sie sich hin und tastete mit bebenden Fingern ihren Schuh ab, bis sie den hin und her peitschenden Wurm zu fassen bekam, der sich bereits durch das Leder gefressen hatte und ihre Haut berührte. Sie packte ihn mit beiden Händen und zog und zerrte mit aller Kraft, bis er losließ, nach oben schnalzte und seine scharfen Zähne mit der Geschwindigkeit einer Kobra in ihren Arm versenkte. Sie hielt ihn aber immer noch am Schwanz fest, schrie und zerrte, und dann war er weg.
Sie hatte ihn weggeschleudert. Irgendwohin.
Cigar weinte bitterlich.
Und jetzt ging sein Weinen in ein schauriges Lachen über, das noch viel schlimmer war.
Astrid griff zitternd nach ihrem Gewehr und feuerte einen Schuss ab.
Sie sah den Rand des Felds.
Sie sah den zuckenden und zu Boden stürzenden Cigar.
Sie hörte das gierige Schmatzen der gefräßigen Würmer, die sich über ihn hermachten. »Pete! Hilf ihm!«
Aus Cigars Mund drang ein leises, enttäuscht klingendes »Oh«.
Und dann war nur noch das gnadenlose Fressen zu hören.
Sie saß in sich gesunken da, konnte nichts anderes tun, als zu lauschen. Als ihr Tränen in die Augen schossen, zog sie die Knie an, bedeckte mit den Händen ihr Gesicht und weinte.
Wie viel Zeit verging, bis das Fressen endlich aufhörte, konnte sie nicht sagen. Zurück blieb ein ekelhafter Gestank.
Und sie. Von jetzt an allein. Allein in der Finsternis, die ihr wie ein lebendiges Wesen vorkam. Als wäre sie von ihr verschlungen worden und befände sich nun im Bauch eines Ungeheuers.
»Okay, Pete«, sagte sie schließlich. »Ich hab wohl keine andere Wahl, was? Der Verrückte hinter Tür Nummer eins ist weg. Also auf zu Nummer zwei. Mach schon, Pete, zeig mir, was du mir zeigen musst.«
Sie sah die Andeutung einer Gestalt. Eines kleinen Jungen.
»Bist du das?«, fragte sie.
Ihr war, als bohrten sich Eiszapfen durch ihre Kopfhaut und ihren Schädel. Bis tief hinein ins Gehirn. Es tat nicht weh, es war nur furchtbar kalt.
»Pete?«, flüsterte sie.
Pete bewegte sich nicht. Er verhielt sich vollkommen still. Seine Hand berührte ihren Kopf – nur ganz
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