Gone 5: Angst (German Edition)
Strecke in fünf Stunden schaffen. Sie seufzte. Vor die Wahl gestellt, ob sie mitten in der Nacht nach Perdido Beach gehen oder lieber doch wieder zu Sam ins Bett kriechen sollte, der seine Arme um sie legen und seine Beine mit ihren verschränken würde und …
»Jetzt oder nie!«, flüsterte sie.
Sie hatte sich von Mohamed die beiden Briefe geben lassen, faltete sie zusammen und steckte sie in das vordere Fach des Rucksacks.
Jetzt galt es nur noch, unbemerkt von Bord zu steigen. Das Hausboot war immer noch am Steg vertäut und irgendjemand hielt garantiert Wache.
Als sie oben war, kletterte sie so leise wie möglich über die Reling und ließ sich auf den Steg herab. Vielleicht würde die Wache sie nicht einmal bemerken und sie konnte einfach verschwinden.
»Keine Bewegung!« Dekka.
Astrid fluchte leise. Sie hatte bereits ein paar Meter zwischen sich und das Boot gebracht, befand sich aber immer noch in Dekkas Reichweite. Wenn sie versuchte abzuhauen, würde Dekka die Schwerkraft unter ihren Füßen aufheben und sie hilflos in der Luft strampeln lassen.
Dekka kam an den Rand des Oberdecks und schwebte zu ihr herunter. Sie hatte sich selbst für den Bruchteil einer Sekunde schwerelos gemacht, um geräuschlos zu landen.
»Unterwegs zum Supermarkt?«, fragte sie spöttisch. »Sei so gut und bring mir eine Schokolade mit.«
»Ich gehe nach Perdido Beach.«
»Verstehe. Die große Heldin, die Sams Briefe zustellt.«
»Stimmt. Bis auf das mit der Heldin.«
Dekka deutete in die Dunkelheit. »Drake ist da draußen. Mit seinen neuen Freunden, die Howard zum Abendessen gefressen haben. Nichts für ungut, aber gegen sie brauchst du ein bisschen mehr als bloß deine Blitzbirne.«
»Ich hab ein paar Dinge dazugelernt.« Ohne den Blick von Dekka zu wenden, holte sie mit ihrem Gewehr aus und versetzte ihr einen Hieb mit dem Kolben. Sie traf sie seitlich am Kopf, nicht fest genug, um sie k. o. zu schlagen, aber so, dass sie in die Knie ging.
Astrid war im nächsten Augenblick hinter ihr und stieß sie mit dem Gesicht voran auf die Planken.
»Tut mir leid, Dekka«, sagte sie und schlang eine Schnur um Dekkas Hände. Dann knebelte sie sie noch mit einer alten Socke. »Hör zu. Wir brauchen Caine und er braucht uns. Deshalb gehe ich. Außerdem werde ich hier nicht benötigt.«
Dekka zerrte bereits an der Schnur und versuchte, den Knebel auszuspucken.
»Wenn du Sam weckst, schickt er mir Brianna hinterher.«
Das ließ Dekka innehalten.
»Ich weiß, dass das scheiße ist. Du kannst dich später gern revanchieren. Aber gib mir zwanzig Minuten Vorsprung, bevor du Sam holst. Sag ihm, ich hab dich niedergeschlagen. Der blaue Fleck wird ihn überzeugen.«
Astrid ließ sie los. Dekka blieb still. »Sag Sam, ich hätte gesagt, ich muss es tun. Und dass mich nichts davon abhalten wird.«
Dekka war es inzwischen gelungen, den Knebel auszuspucken. Sie hätte jetzt schreien können und alles wäre umsonst gewesen.
Stattdessen sagte sie: »Geh durch den Wald. Halt dich von der Felswand fern. Brianna hat eine ziemlich gute Schneise durch das Dickicht geschlagen.«
»Danke.«
»Soll ich Sam noch was ausrichten?«
Astrid wusste, was sie meinte. »Er weiß, dass ich ihn liebe.« Dann seufzte sie und fügte hinzu: »Okay, sag ihm, ich liebe ihn von ganzem Herzen. Sag ihm aber auch, dass das nicht nur sein Kampf ist.«
»In Ordnung. Viel Glück. Und noch was: zuerst schießen, dann denken, verstanden?«
Astrid nickte. »Ja.«
Sie entfernte sich mit schnellen Schritten. Ein Teil von ihr war enttäuscht, dass sie es geschafft hatte, an Dekka vorbeizukommen. Wenn sie sie aufgehalten hätte, wäre ihr zumindest die Anerkennung sicher gewesen, es gewagt zu haben. Und dann wäre sie jetzt wieder bei Sam im Bett, anstatt mit dieser Angst im Bauch den pechschwarzen Waldrand anzusteuern.
Diana hätte nicht gedacht, dass es ihr gelingen würde, auf einem im Wasser liegenden Segelboot einzuschlafen. Der See war zwar spiegelglatt, aber sie erinnerte sich noch zu deutlich an die Tage, an denen sie sich allmorgendlich übergeben musste. Und sie fürchtete alles, das den prekären Frieden mit ihrem Bauch gefährdete.
Am Ende war sie auf der gepolsterten Bank im Heck aber doch eingeschlafen.
Auf ihrem Boot waren außer ihr noch Roger und Justin und eine Freundin von Justin, ein kleines Mädchen mit dem interessanten Namen Atria. Sie schliefen. Oder verhielten sich ruhig, was Diana nur recht war.
Sie hatte zugesehen, wie liebevoll Roger
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