Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
Ihrer Frau gemacht?«
Frau gemacht, Frau gemacht, hallte ihre Stimme wider. Zwei von Noelles Kindern begannen zu heulen.
Eine Sekunde lang brachte Noelle kein Wort heraus, weil sie so heftig weinte, aber sie war völlig außer Rand und Band, packte das Mikrophon und riss es auf ihre Höhe herunter. Ich überlegte kurz, es mir zurückzuholen, wusste aber, dass ich gegen eine Frau in Schwangerschaftsklamotten mit drei Kleinkindern nichts ausrichten konnte. Verzweifelt suchte ich die Menge nach Mike Hawthorne ab – kontrollieren Sie gefälligst Ihre Frau! –, aber er war nirgends zu sehen. Nun wandte sich Noelle direkt an die Zuhörer.
»Ich bin Amys beste Freundin!« Freundin Freundin Freundin . Begleitet vom Jammern ihrer Kinder schallten die Worte durch den Park. »Obwohl ich mir alle Mühe gegeben habe, scheint die Polizei mich nicht ernst zu nehmen. Deshalb trete ich mit meinem Anliegen vor diese Stadt, die Stadt, die Amy geliebt hat und umgekehrt. Dieser Mann, Nick Dunne, muss einige Fragen beantworten. Er muss uns sagen, was er mit seiner Frau gemacht hat!«
In diesem Moment stürzte Boney von der Seite der Bühne auf sie zu, und Noelle wandte sich um. Ihre Blicke trafen sich, und Boney machte eine hektische Handbewegung an ihrem Hals, als wollte sie sich die Gurgel durchschneiden: Hören Sie auf zu reden!
»Seine schwangere Frau!«
Auf einmal konnte keiner mehr die Kerzen sehen, denn die Blitzlichter drehten durch. Neben mir stieß Rand eine Art Quieken aus, unter mir legte Boney die Finger zwischen ihre Augenbrauen, als wollte sie Kopfschmerzen eindämmen. Ich sah alles in hektischen Blitzaufnahmen, im Rhythmus meines wild klopfenden Herzens.
Meine Augen suchten Andie in der Menge, sah sie mich anstarren, ihr Gesicht rosig und verzerrt, die Wangen feucht, und als unsere Blicke sich trafen, formten ihre Lippen das Wort »Arschloch«. Dann stolperte sie davon und verschwand in der Menschenmenge.
»Wir sollten gehen.« Auf einmal war meine Schwester neben mir, flüsterte mir ins Ohr, zog mich am Arm. Die Kameras blitzten mich an, und ich stand da wie Frankensteins Monster, verängstigt und aufgewühlt angesichts des fackeltragenden Mobs. Blitz, blitz . Wir setzten uns in Bewegung, und unsere Gruppe brach auseinander: Meine Schwester und ich flohen zu ihrem Auto, die Elliotts standen mit offenem Mund auf der Bühne, zurückgelassen, rette sich, wer kann. Immer und immer wieder schossen die Reporter die gleiche Frage auf mich ab. Nick, war Amy schwanger? Nick, waren Sie beunruhigt, weil Amy schwanger war? Ich rannte aus dem Park, duckte mich, als prasselte ein Hagelschauer auf mich hernieder: Schwanger, schwanger, schwanger, das Wort pulsierte in der Sommernacht im Takt der Zikaden.
Amy Elliott Dunne
15. Februar 2012
Tagebucheintrag
Was für eine seltsame Zeit. Ich muss es so sehen und versuchen, alles aus einer gewissen Distanz zu betrachten: Ha-ha, wie sonderbar mir dieser Abschnitt meines Lebens erscheinen wird – wenn ich mal achtzig bin, werde ich, gekleidet in verwaschenes Lavendel, eine weise, heitere Frau, die Martinis schlürft, leise lächelnd darauf zurückblicken. Eine hübsche Anekdote, oder nicht? Eine seltsame, schreckliche Geschichte, die ich überlebt habe.
Denn irgendetwas ist mit meinem Ehemann überhaupt nicht in Ordnung, da bin ich mir inzwischen ganz sicher. Ja, er betrauert seine Mutter, aber da ist noch mehr. Ich habe das Gefühl, es richtet sich gegen mich, keine Traurigkeit, sondern … Manchmal spüre ich, wie er mich beobachtet, und wenn ich aufblicke, sehe ich sein Gesicht, von Ekel verzerrt, als hätte er mich bei etwas Schrecklichem ertappt, und nicht dabei, wie ich morgens mein Müsli esse oder mir abends die Haare bürste. Er ist so wütend, so labil, dass ich mir überlege, ob seine Stimmungen nicht vielleicht mit etwas Körperlichem zusammenhängen – eine von diesen Weizenallergien, von denen die Leute irre werden, oder eine Kolonie von Schimmelpilzen, die sein Gehirn verstopft hat.
Neulich bin ich abends ins Wohnzimmer heruntergekommen und habe ihn am Tisch vorgefunden, wie er, den Kopf in den Händen, auf einen Stapel Kreditkartenabrechnungen starrte. Ich sah meinen Mann, wie er ganz allein unter dem Strahler eines Kronleuchters saß. Eigentlich wollte ich zu ihm gehen, mich zu ihm setzen und das Problem lösen, wie es sich für eine Partnerin gehört. Aber ich hab es nicht getan, weil ich wusste, dass es ihn nur ärgern würde. Manchmal frage ich mich,
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