Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
da ihre Wange an die meines Mannes drückt. Sie ist hübscher, als ich zurzeit bin. Ich esse Hershey Bars, lasse mich stundenlang unter der heißen Sonne im Pool treiben, und das Chlor macht meine Haut gummiartig wie bei einem Seehund. Ich bin braun geworden, was ich früher nie gewesen bin – zumindest hatte ich noch nie so ein dunkles, stolzes, tiefes Braun. Gebräunte Haut ist beschädigte Haut, und niemand mag Frauen mit Falten; ich habe mich immer gut mit Lichtschutzfaktor versorgt. Aber bevor ich verschwunden bin, habe ich mich schon ein bisschen dunkler werden lassen, und jetzt, fünf Tage später, bin ich auf dem besten Weg zum Braun. »Braun wie eine Beere«, sagt Dorothy, die Managerin. »Sie sind ja braun wie eine Beere, Mädchen!«, ruft sie begeistert, als ich bei ihr auftauche, um die nächste Wochenmiete bei ihr in bar zu bezahlen.
Meine dunkle Haut, meine straßenköterbraunen Haare im Topfschnitt, meine Schlaubergerbrille. In den Monaten vor meinem Verschwinden habe ich sechs Kilo zugenommen – sorgfältig versteckt unter weiten Sommerkleidchen, obwohl mein unaufmerksamer Ehemann sowieso nichts gemerkt hätte – und seither hab ich noch mal einiges zugelegt. Ich habe darauf geachtet, dass niemand mich in den Monaten vor meinem Verschwinden fotografiert hat, also kennt die Öffentlichkeit nur die blasse, dünne Amy. Das bin ich definitiv nicht mehr. Manchmal fühle ich, wie sich beim Laufen mein Hintern von ganz alleine bewegt. Ein Wackeln und ein Wabern, gibt es da nicht irgendeinen alten Spruch? Vorher hatte ich nichts dergleichen. Mein Körper war ein schönes, perfekt eingestimmtes Wirtschaftssystem, jedes Einzelteil abgeglichen, alles ausgewogen. Aber ich vermisse das nicht. Ich vermisse auch die Männerblicke nicht. Es ist eine Erleichterung, in einen Laden zu gehen und wieder herauszukommen, ohne dass irgendein Typ im ärmellosen Flanellhemd mir lüstern nachglotzt, während ihm ein frauenfeindlicher Spruch über die Lippen kommt wie ein nach Käse-Nachos stinkender Rülpser. Jetzt ist keiner unhöflich zu mir, aber auch keiner besonders nett. Niemand gibt sich Mühe, jedenfalls nicht sonderlich, nicht so wie früher.
Ich bin das Gegenteil von Amy.
Nick Dunne
Acht Tage danach
Als die Sonne aufging, hielt ich mir einen Eiswürfel an die Wange. Noch Stunden später spürte ich den Biss, zwei kleine klammerförmige Falten. Ich konnte Andie nicht nachlaufen – ein noch größeres Risiko als ihr Zorn –, deshalb rief ich sie schließlich an. Voicemail.
Verlier nicht die Kontrolle, du musst das im Griff behalten .
»Andie, es tut mir so leid. Ich weiß nicht, was ich tun soll, ich weiß nicht, was los ist. Bitte verzeih mir. Bitte.«
Eigentlich hätte ich keine Nachricht hinterlassen dürfen, aber dann dachte ich: Womöglich hat sie Hunderte von meinen Nachrichten gespeichert, was weiß ich . Guter Gott, wenn sie eine Hitliste aufstellte mit den schlüpfrigsten, anzüglichsten, begierigsten … Die weiblichen Geschworenen würden mich wahrscheinlich allein dafür ins Gefängnis schicken. Zu wissen, dass ich ein Betrüger bin, ist eine Sache, aber meine schwere Lehrerstimme zu hören, die einer jungen Studentin etwas erzählt von meinem riesigen, harten …
Im Licht der Morgendämmerung wurde ich rot. Der Eiswürfel schmolz.
Ich setzte mich auf Gos Haustreppe und wählte alle zehn Minuten Andies Nummer. Nichts. Ich hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, meine Nerven lagen blank, als zwölf Minuten nach sechs Boney in die Auffahrt einbog. Ich sagte nichts, als sie mit zwei Pappbechern auf mich zukam.
»Hey, Nick, ich hab Ihnen einen Kaffee mitgebracht. Wollte nur mal nach Ihnen schauen.«
»Na klar.«
»Ich weiß, Sie sind wahrscheinlich total durch den Wind. Wegen der Nachricht von der Schwangerschaft.« Umständlich goss sie zwei Tütchen Sahnepulver in meinen Kaffee, so, wie ich es mag, und reichte mir den Becher. »Was ist das denn?«, fragte sie und deutete auf meine Wange.
»Was meinen Sie?«
»Ich meine, was ist mit Ihrem Gesicht passiert, Nick? Da ist ein riesiger rosa …« Sie beugte sich näher zu mir und packte mein Kinn. »Sieht aus wie ein Bissabdruck.«
»Wahrscheinlich Nesselausschlag, den kriege ich immer, wenn ich Stress habe.«
»Mm-hmmm.« Sie rührte ihren Kaffee um. »Sie wissen doch, dass ich auf Ihrer Seite bin, oder, Nick?«
»Ja, klar.«
»Das bin ich nämlich. Ehrlich. Ich wünschte, Sie würden mir vertrauen. Nur … ich bin allmählich an
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