Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
sinken, bis ich fühle, wie es meine Schenkel, meinen Bauch, meinen Hals berührt, halte die Luft an und tauche unter.
Ich schwimme weit und schnell, bleibe länger unter Wasser als nötig, um mir bewusst zu machen, wie es sich anfühlt zu ertrinken – ich weiß, dass ich es zur Not könnte –, und als ich mit einem einzigen disziplinierten Luftschnappen auftauche, sehe ich, dass Jeff mit raschen Zügen aufs Ufer zukrault, und ich muss schnell wie ein Delphin zurück zu meinem Geldgürtel schwimmen, um gerade noch vor ihm auf die Steine zu kraxeln.
Nick Dunne
Acht Tage danach
Sobald ich nach dem Gespräch mit Tommy aufgelegt hatte, rief ich Hilary Handy an. Wenn mein »Mord« an Amy eine Lüge war, und Tommy O’Haras »Vergewaltigung« ebenfalls, warum dann nicht auch Hilary Handys »Stalking«? Irgendwo muss eine Soziopathin ja Erfahrungen sammeln, zum Beispiel in den Marmorhallen der Wickshire Academy.
Als Hilary abhob, platzte ich heraus: »Hier ist Nick Dunne, Amy Elliotts Mann. Ich muss dringend mit Ihnen sprechen.«
»Warum?«
»Ich brauche unbedingt ein paar Informationen. Über Ihre …«
»Sagen Sie jetzt bloß nicht Freundschaft .« Ich hörte ein zorniges Grinsen in ihrer Stimme.
»Nein. Das würde ich nie tun. Ich möchte nur gern Ihre Seite der Geschichte hören. Ich rufe nicht an, weil ich denke, Sie haben irgendwas – irgendwas! – mit meiner Frau zu tun, mit dieser momentanen Situation. Aber ich muss wissen, was passiert ist. Die Wahrheit. Weil ich nämlich glaube, dass Sie mir Aufschluss geben können über ein … über ein Verhaltensmuster von Amy.«
»Was denn für ein Verhaltensmuster?«
»Wenn zum Beispiel die Menschen, die Amy verärgert haben, plötzlich schlimme Dinge erleben.«
Hilary atmete schwer ins Telefon. »Noch vor zwei Tagen hätte ich überhaupt nicht mit Ihnen gesprochen«, begann sie. »Aber dann habe ich mit ein paar Freunden was getrunken, und der Fernseher lief, und man hat Sie gesehen, und es ging darum, dass Amy angeblich schwanger ist. Alle anderen waren dermaßen wütend auf Sie. Die haben Sie gehasst. Und ich dachte, ich weiß, wie sich das anfühlt . Weil Amy nicht wirklich tot ist, oder? Ich meine, sie ist nach wie vor nur verschwunden? Keine Leiche?«
»Stimmt.«
»Dann erzähl ich Ihnen mal was. Über Amy. Und die Highschool. Und was da passiert ist. Moment mal.« Ich hörte, dass bei ihr im Hintergrund ein Comic lief – Gummistimmen und Dampforgelmusik –, und plötzlich war alles still. Dann ertönte großes Gejammer. Und: Schaut unten weiter. Unten bitte.
»Also, das erste Jahr. Ich bin das Mädel aus Memphis. Alle anderen kommen von der Ostküste, ich schwör’s Ihnen. Ein komisches Gefühl, ganz anders, wissen Sie. Die Mädchen in Wickshire, es war, als wären sie alle haargenau gleich erzogen worden – die Sprache, die Klamotten, die Haare. Und es war auch nicht so, dass sie mich wie eine Aussätzige behandelt hätten, ich war einfach … verunsichert, das auf jeden Fall. Und Amy war damals schon das Mädchen, um das sich alles drehte. Vom ersten Tag an kannten sie alle, alle redeten über sie. Sie war Amazing Amy – wir hatten ja die Bücher gelesen –, außerdem war sie traumhaft schön. Ich meine, sie war …«
»Ja, ich weiß.«
»Gut. Und ziemlich bald fing sie an, sich für mich zu interessieren, als wollte sie mich unter ihre Fittiche nehmen oder so. Sie hat immer diesen Scherz gemacht, dass sie Amazing Amy ist und ich bin ihre Freundin Suzy, Amys Sidekick, und irgendwann nannte sie mich nur noch Suzy, und alle anderen machten es ihr nach. Was für mich völlig in Ordnung war. Ich meine, ich war eine Kriecherin: Ich hab Amy was zu trinken geholt, wenn sie Durst hatte, ich habe die Waschmaschine angemacht, wenn sie frische Unterwäsche brauchte. Moment mal bitte.«
Wieder hörte ich das leise Geräusch, mit dem ihre Haare über den Telefonhörer glitten. Marybeth hatte sämtliche Fotoalben der Elliotts angeschleppt, für den Fall, dass wir noch mehr Bilder brauchten. Sie hatte mir auch ein Foto von Amy und Hilary gezeigt, Wange an Wange lächelnd. So konnte ich mir Hilary jetzt vorstellen, die gleichen butterblonden Haare wie meine Frau, die ein etwas weniger hübsches Gesicht mit schlammbraunen Augen umrahmten.
» Jason, ich bin am Telefon – gib ihnen doch einfach ein Eis, das kann doch nicht so schwer sein.
Sorry. Unsere Kids sind aus der Schule, und mein Mann kümmert sich nie um sie, deshalb scheint er
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