Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

ein kleines bisschen länger«, entgegnet er und fährt mit dem Finger über die Bügelfalte in seiner Hose.
    Er weiß, dass Nicks Interview heute Abend ausgestrahlt wird, und er geht kurz weg und kommt mit allen meinen Lieblingsspeisen wieder: Manchego-Käse und Schokoladentrüffel und eine Flasche kalter Sancerre, und dann holt er sogar noch die Chili-Cheese-Fritos, für die ich eine Sucht entwickelt habe, als ich Ozark-Amy war. Er schenkt Wein ein. Wir haben ein stillschweigendes Abkommen, dass wir nicht über das Baby sprechen, wir wissen beide, dass es in meiner Familie eine Tendenz zu Fehlgeburten gibt, und wie schrecklich es für mich wäre, darüber zu sprechen.
    »Es würde mich interessieren, was dieses Schwein für sich vorzubringen hat«, sagt er. Desi sagt selten Arschloch oder Scheißkerl , er sagt Schwein , was aus seinem Mund jedoch wesentlich giftiger klingt.
    Eine Stunde später haben wir ein leichtes Abendessen zu uns genommen, das Desi zubereitet hat, und den Wein getrunken, den Desi mitgebracht hat. Er hat mir einen Bissen von dem Käse gegeben und einen Trüffel mit mir geteilt. Er hat mir genau zehn Fritos zugeteilt und die Tüte dann verschwinden lassen. Er mag den Geruch nicht, er ist ihm unangenehm, sagt er, aber in Wirklichkeit stört ihn vor allem, dass ich so zugenommen habe. Jetzt sitzen wir nebeneinander auf dem Sofa, eine leichte Decke über uns gebreitet, weil Desi die Klimaanlage hochgestellt hat, so dass es mitten im Juli Herbst geworden ist. Ich glaube, hauptsächlich hat er es getan, damit er ein Feuer knistern lassen und mich zwingen kann, gemeinsam mit ihm unter die Decke zu schlüpfen. Anscheinend hat er ein Bild von uns im Oktober vor Augen. Er hat mir sogar ein Geschenk mitgebracht – einen heidekraut-violetten Rollkragenpulli –, und auf einmal fällt mir auf, dass er sowohl zu der Decke als auch zu Desis dunkelgrünem Pullover passt.
    »Weißt du, mickrige Männer haben starke Frauen, die ihre Männlichkeit bedrohen, schon immer missbraucht«, sagt Desi. »Sie haben eine schwache Psyche, sie brauchen diese Art der Kontrolle …«
    Ich denke an eine andere Art der Kontrolle. Ich denke an als Fürsorge verkleidete Kontrolle: Hier ist ein Pullover gegen die Kälte, meine Süße, zieh ihn an und sieh zu, dass du dich meinen Vorstellungen anpasst .
    Das wenigstens hat Nick nie getan. Nick hat mich tun lassen, was ich wollte.
    Ich möchte, dass Desi einfach stillsitzt und still ist. Aber er ist hibbelig und nervös, als wäre sein Rivale hier im Zimmer mit uns.
    »Schsch«, sage ich, als mein hübsches Gesicht auf dem Bildschirm erscheint, dann noch ein Foto und noch eines, wie fallende Blätter, eine Amy-Collage.
    »Sie war das Mädchen, das alle sein wollten«, sagt Sharons Voice-Over. »Wunderschön, klug, inspirierend und sehr wohlhabend. Er war der Mann, den alle Männer bewunderten …«
    »Der hier nicht«, murmelt Desi.
    »… gutaussehend, witzig, intelligent und charmant.
    Aber am 5. Juli brach ihre perfekte Welt zusammen, als Amy Elliott Dunne am fünften Hochzeitstag der beiden verschwand.«
    Vorgeschichte, Vorgeschichte, Vorgeschichte. Fotos von mir, Andie, Nick. Agenturfotos von einem Schwangerschaftstest und von unbezahlten Rechnungen. Ich habe meine Sache wirklich gut gemacht. Es ist, als hätte ich ein Wandbild gemalt, und jetzt kann ich zurücktreten und denke: Perfekt .
    »Nun bricht Nick Dunne für uns exklusiv sein Schweigen, und spricht nicht nur über das Verschwinden seiner Frau, sondern auch warum er ihr untreu wurde und was es mit den ganzen Gerüchten auf sich hat.«
    Ich spüre ein warmes Gefühl für Nick, denn er trägt meine Lieblingskrawatte, die ich ihm gekauft habe und die er selbst immer für allzu mädchenfarbig hält – oder hielt. Ein stolzes Lila, das seine Augen fast violett wirken lässt. Im Lauf des letzten Monats hat er seine Selbstzufriedenes-Arschloch-Wampe verloren: Der Bauch ist weg, sein Gesicht nicht mehr aufgedunsen, sein Kinn wirkt weniger gespalten. Seine Haare sind getrimmt, aber nicht geschnitten – ich habe ein Bild vor mir, wie Go an ihm rumgeschnippelt hat, kurz bevor er auf Sendung gegangen ist, wie sie in Mama Mos Rolle geschlüpft ist, viel Aufhebens um ihn gemacht und ihm mit Spucke einen Fleck am Kinn weggerubbelt hat. Er trägt meine Krawatte, und als er gestikulierend die Hand hebt, sehe ich, dass er auch meine Armbanduhr um hat, die Vintage Bulova Spaceview, die ich ihm zu seinem dreiunddreißigsten