Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
war klar, dass die Bemerkung eine Beleidigung sein sollte.
»Sie hat ein paar gute Freundinnen, aber die leben größtenteils an der Ostküste.«
»Ihre Familie?«
»Die wohnt in New York. City.«
»Und Sie haben immer noch niemanden von ihnen angerufen?«, fragte Boney mit einem befremdeten Lächeln.
»Ich war damit beschäftigt, das zu erledigen, worum Sie mich gebeten haben, deshalb hatte ich noch keine Gelegenheit dazu.« Ich hatte die Ermächtigung unterschrieben, dass Kreditkarten und Geldautomaten und Amys Handy überprüft werden konnten, hatte Gos Handynummer angegeben und den Namen von Sue, der Witwe aus der Bar, die bezeugen konnten, wann ich heute dort eingetrudelt war.
»Der Jüngste der Familie.« Sie schüttelte den Kopf. »Sie erinnern mich wirklich an meinen kleinen Bruder.« Kurze Pause. »Das ist übrigens ein Kompliment, das können Sie mir gerne glauben.«
»Sie liebt ihn abgöttisch«, bestätigte Gilpin und kritzelte etwas in sein Notizbuch. »Okay, Sie haben also gegen halb acht Uhr heute früh das Haus verlassen und sind um die Mittagszeit in die Bar gekommen, und dazwischen waren Sie am Strand.«
Etwa zehn Meilen nördlich von unserem Haus gibt es einen Brückenkopf, eine Ansammlung von Sand, Schlick und Bierflaschenscherben, nicht sonderlich hübsch. Die Mülleimer quellen über von Pappbechern und schmutzigen Windeln. Aber wenn man sich gegen den Wind an den Picknicktisch setzt, kriegt man schön die Sonne ab, und wenn man direkt auf den Fluss starrt, kann man den Rest ignorieren.
»Ich nehme mir manchmal einen Kaffee und die Zeitung mit und sitze eine Weile dort. Man muss den Sommer ja genießen.«
Nein, ich hatte am Strand mit niemandem gesprochen. Nein, niemand hatte mich gesehen.
»Mitten in der Woche ist da nicht viel los«, räumte Gilpin ein.
Wenn die Polizei mit jemandem sprach, der mich kannte, würde schnell herauskommen, dass ich nur selten an den Strand fuhr und nie einen Kaffee mitbrachte, um einfach den Morgen zu genießen. Ich habe bleiche irische Haut und bin viel zu ungeduldig für Nabelschau. Alles andere als ein Beach-Boy. Ich erzählte das, weil es Amys Idee gewesen war, dass ich mich irgendwo hinsetzte, wo ich allein sein und den Fluss beobachten konnte, den ich so liebte, und dabei über unser gemeinsames Leben nachdenken könnte. Noch heute Morgen hatte sie das gesagt, nachdem wir ihre Crêpes gegessen hatten. Sie hatte sich über den Tisch gebeugt und gemeint: »Ich weiß, dass wir eine schwere Zeit durchmachen. Aber ich liebe dich immer noch so sehr, Nick, und ich möchte eine gute Frau für dich sein. Ich möchte, dass du mein Mann bist und dass wir glücklich sind. Aber du musst dich entscheiden.«
Kein Zweifel, sie hatte den Vortrag einstudiert, und sie lächelte stolz beim Sprechen. Und selbst als meine Frau so freundlich zu mir war, dachte ich, Natürlich muss sie das inszenieren. Sie möchte dieses Bild von mir und dem wild dahinbrausenden Fluss, meine Haare, die im Wind wehen, während ich versonnen zum Horizont blicke und über unser gemeinsames Leben sinniere. Ich kann nicht einfach zu Dunkin’ Donuts gehen.
Du musst dich entscheiden. Unglücklicherweise hatte ich mich schon entschieden.
Boney blickte energisch von ihren Notizen auf. »Können Sie mir sagen, was für eine Blutgruppe Ihre Frau hat?«, fragte sie.
»Äh, nein, das weiß ich nicht.«
»Sie kennen die Blutgruppe Ihrer Frau nicht?«
»Vielleicht Null?«, riet ich.
Boney runzelte die Stirn und gab dann einen gedehnten yogaartigen Laut von sich. »Okay, Nick, das sind die Maßnahmen, die wir einleiten werden.« Sie listete auf: Amys Handy wird überwacht, ihr Foto in Umlauf gebracht, ihre Kreditkarten rückverfolgt. Bekannte Sexualstraftäter aus der Gegend werden befragt. Unsere wenigen Nachbarn ebenfalls. Unser Festnetzanschluss wurde angezapft, für den Fall, dass Lösegeldforderungen eintrafen.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und durchforschte mein Gedächtnis nach den richtigen Reaktionen: Was sagt der Ehemann an dieser Stelle im Film? Kommt ganz darauf an, ob er schuldig ist oder unschuldig.
»Ich kann nicht behaupten, dass mich das beruhigt. Sind Sie – handelt es sich um eine Entführung oder einen Vermisstenfall? Was genau passiert denn jetzt eigentlich?« Ich kannte die Statistiken, von der gleichen Sendung, in der ich die Hauptrolle spielte: Wenn in den ersten achtundvierzig Stunden nichts auftauchte, war es sehr wahrscheinlich, dass der Fall nie gelöst
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