Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
machte ich, die Lippen wie zu einem Kuss geschürzt.
»Jetzt überrasch mich mit einem Drink.« Sie beugte sich vor, so dass ihr Dekolleté Druck vom Tresenrand bekam und ihre Brüste nach oben gepresst wurden. Sie trug eine dünne Goldkette, und der Anhänger rutschte unter dem Pullover zwischen ihre Brüste. Sei nicht so ein Kerl, dachte ich. So ein Kerl, der sabbert, wenn er an die Stelle denkt, wo der Anhänger liegt.
»Auf welchen Geschmack hast du denn Lust?«, fragte ich.
»Gib mir, was du willst, es wird mir gefallen.«
Dieser Satz war es, der mich einfing, seine Schlichtheit. Die Vorstellung, dass ich etwas tun konnte und dass dieses Etwas eine Frau glücklich machte und dass es ganz leicht war. Gib mir, was du willst, es wird mir gefallen . Erleichterung und Freude überwältigten mich. Und in diesem Moment wusste ich, dass ich Amy nicht mehr liebte.
Ich liebe meine Frau nicht mehr, dachte ich, während ich mich umdrehte und zwei Gläser vom Regal nahm. Nicht mal ein kleines bisschen. Keine Liebe mehr, ich bin makellos. Ich machte meinen Lieblingsdrink: Christmas Morning, heißer Kaffee und kalter Pfefferminzschnaps. Ich trank einen mit ihr, und als sie sich schüttelte und lachte – ein lautes, jubelndes Lachen –, machte ich uns die zweite Runde. Eine ganze Stunde nach Feierabend tranken wir zusammen, und ich erwähnte dreimal meine Frau , weil ich Andie ansah und mir vorstellte, ihr die Klamotten auszuziehen. Eine Warnung an sie, das mindeste, was ich tun konnte: Ich habe eine Frau. Mach damit, was du willst.
Sie saß vor mir, das Kinn in die Hände gestützt, und lächelte zu mir empor.
»Bringst du mich nach Hause?«, fragte sie. Sie hatte schon einmal erwähnt, dass sie direkt an der Innenstadt wohnte und unbedingt mal bei der Bar vorbeischauen und Hallo sagen musste – und hatte sie schon erwähnt, wie nahe bei der Bar sie wohnte? Mein Kopf war vorbereitet: Schon viele Male war ich in Gedanken die paar Blocks zu den nichtssagenden Backsteinapartments hinuntergeschlendert, wo sie wohnte. Deshalb schien es mir auch gar nicht so ungewöhnlich, als ich auf einmal aus der Tür war und sie nach Hause brachte – da war keine Alarmglocke, die mir sagte: Das ist ungewöhnlich, das ist nicht das, was wir tun.
Ich ging mit ihr nach Hause, gegen den Wind, überall wirbelte Schnee. Einmal, zweimal half ich ihr, ihren roten gestrickten Schal neu zu arrangieren, und beim dritten Mal stopfte ich ihn ordentlich in ihren Kragen, und unsere Gesichter waren sehr dicht beieinander, und ihre Wangen waren fröhlich rosa wie vom weihnachtlichen Schlittenfahren, und so etwas wäre an hundert anderen Abenden niemals passiert, aber jetzt war es möglich. Das Gespräch, der Alkohol, der Schneesturm, der Schal.
Gleichzeitig packten wir einander. Ich drückte sie an einen Baum, dessen dünne Zweige eine Schneelawine auf uns abwarfen, ein phantastischer, komischer Moment, der mich nur noch mehr drängte, sie zu berühren, alles auf einmal, eine Hand in ihrem Pullover, die andere zwischen ihren Beinen. Und sie ließ es zu.
Mit klappernden Zähnen wich sie zurück. »Komm mit mir rauf.«
Ich zögerte.
»Komm mit mir rauf«, wiederholte sie. »Ich möchte mit dir zusammen sein.«
Der Sex war nicht so großartig, nicht beim ersten Mal. Unsere Körper waren an einen unterschiedlichen Rhythmus gewöhnt und kriegten noch nicht ganz den Bogen füreinander heraus, außerdem war ich so lange nicht mehr in einer Frau drin gewesen, dass ich zuerst kam, und zwar schnell, aber während ich in ihr schon langsam abschlaffte, bewegte ich mich weiter, dreißig entscheidende Sekunden, gerade lange genug, bis auch sie so weit war, zum Glück, bevor ich gänzlich die Form verlor.
Es war nett, aber enttäuschend, antiklimaktisch – vermutlich so ähnlich, wie Mädchen sich fühlen, wenn sie ihre Jungfräulichkeit verlieren: Und das soll es jetzt gewesen sein, worum so ein Theater gemacht wird? Aber es gefiel mir, wie sie sich an mich kuschelte, und es gefiel mir, dass sie genauso weich war, wie ich es mir vorgestellt hatte. Neue Haut. Jung, dachte ich schändlicherweise, während ich mir Amy vorstellte, wie sie im Bett saß und sich wütend und entschlossen eincremte.
Ich ging in Andies Badezimmer, pinkelte, sah mich im Spiegel an und zwang mich, es zu sagen: Du bist ein Betrüger. Du hast einen der grundlegendsten Männertests verhauen. Du bist kein guter Mann. Und als mich das nicht genügend störte, fügte ich hinzu: Du
Weitere Kostenlose Bücher