Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
versuchen, das Eis zu brechen, eine konstante Herausforderung – was könnte Amy heute glücklich machen? Ich dachte: So was würde Andie nie machen . Dabei kannte ich sie überhaupt nicht. Andie würde über diesen Witz lachen, Andie würde diese Geschichte gefallen . Andie war ein nettes, hübsches vollbusiges irisches Mädchen aus meiner Heimatstadt, bescheiden und vergnügt. Andie saß in meinem Kurs in der ersten Reihe, sie sah weich aus, sanft und interessiert.
Wenn ich über Andie nachdachte, bekam ich keine Magenschmerzen wie bei meiner Frau – das Grauen, heimzukommen, wo ich nicht willkommen war.
Ich begann mir vorzustellen, wie es passieren würde. Ich begann, mich nach ihrer Berührung zu sehnen – ja, so war es, genau wie der Text einer schlechten Single aus den Achtzigern –, ich sehnte mich nach ihrer Berührung, ich sehnte mich nach Berührung an sich, denn meine Frau mied jeden Körperkontakt: Zu Hause glitt sie an mir vorüber wie ein Fisch, gerade außerhalb meiner Reichweite in der Küche, im Treppenhaus. Schweigend saßen wir nebeneinander auf dem Sofa, jeder auf seinem Polster, so voneinander getrennt, als wären es zwei Rettungsboote. Im Bett drehte sie sich von mir weg, schob Decken und Laken zwischen uns. Einmal wachte ich nachts auf, und da ich wusste, dass sie schlief, schob ich ihren Träger ein bisschen zur Seite und drückte meine Wange und eine Handfläche an ihre nackte Schulter. In dieser Nacht konnte ich nicht wieder einschlafen, so sehr ekelte ich mich vor mir selbst. Schließlich stieg ich aus dem Bett und masturbierte in der Dusche, stellte mir Amy dabei vor, wie sie mich früher angesehen hatte, sehnsüchtig, wie ihre Schlafzimmeraugen mit ihren schweren Lidern mich gemustert hatten, wie wahrgenommen ich mich gefühlt hatte. Als ich fertig war, setzte ich mich auf den Boden der Badewanne und starrte durch das Wasser in den Abfluss. Mein Penis lag kläglich an meinem linken Oberschenkel, wie ein kleines Tier, das an Land geschwemmt worden war. Gedemütigt saß ich dort in der Badewanne und versuchte, nicht zu weinen.
So passierte es. In einem seltsamen, plötzlichen Schneesturm Anfang April. Nicht dieses Jahr, letztes Jahr im April. Ich arbeitete allein in der Bar, weil Go einen Mom-Abend machte – wir nahmen abwechselnd frei, blieben bei unserer Mutter zu Hause und sahen uns blöde Fernsehsendungen an. Unserer Mom ging es rapide schlechter, sie würde das Jahr nicht überstehen, nicht mal ansatzweise.
In diesem Moment ging es mir sogar ganz gut – meine Mom und Go saßen zusammengekuschelt zu Hause und sahen sich einen Strandfilm mit Annette Funicello an, und die Bar hatte einen regen, lebendigen Abend, einen von den Abenden, an denen jeder einen guten Tag hinter sich zu haben schien. Sogar die hübschen Mädchen waren nett zu den nicht so hübschen Männern. Leute spendierten völlig Fremden eine Runde. Einfach so. Die Stimmung war beinahe festlich. Und dann ging der Abend zu Ende, und es war Zeit zuzumachen. Gerade wollte ich die Tür abschließen, als Andie sie aufriss und hereinkam. Wir wären fast zusammengestoßen, und ich konnte die Lightbier-Süße in ihrem Atem riechen, den Duft von Holzrauch in ihren Haaren. Den holprigen Moment, in dem man jemanden einzuordnen versucht, den man sonst nur aus einer bestimmten Umgebung kennt und in einen neuen Kontext setzen muss, hielt ich inne. Andie in der Bar. Okay. Sie lachte wie eine Piratenhure und schubste mich wieder hinein.
»Ich hatte grade das phantastisch furchtbarste Date, und du musst was mit mir trinken.« Schneeflocken sammelten sich in den dunklen Haaren, die süßen Sommersprossen leuchteten, ihre Wangen waren rosig, als hätte jemand sie geohrfeigt. Sie hat eine großartige Stimme, wie Entenkükendaunen, eine Stimme, die unglaublich süß anfängt und absolut sexy endet. »Bitte, Nick, ich muss diesen Geschmack nach schlechtem Date aus dem Mund kriegen.«
Ich weiß noch, dass wir lachten und dass ich dachte, wie schön es war, mit einer Frau zusammen zu sein und ihr Lachen zu hören. Andie trug Jeans und einen Kaschmirpullover mit V-Ausschnitt – sie gehört zu den Mädchen, die in Jeans besser aussehen als in einem Kleid. Ihr Gesicht, ihr Körper – alles im besten Sinne lässig. Ich nahm meinen Platz hinter dem Tresen ein, sie kletterte auf einen Barschemel und beäugte die ganzen Flaschen hinter mir.
»Was darf’s denn sein, junge Dame?«
»Überrasch mich«, antwortete sie.
»Buh«,
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