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Good Girls

Titel: Good Girls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Ruby
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Mütter verstecken.
    »Dafür brauchst du noch Entwickler.«
    Ich drehe mich erschrocken um. Vor mir steht das Mädchen von der Kasse. Sie trägt karierte Hosen und ein grasgrünes T-Shirt. Dazu schwarze Strümpfe und Flipflops. Ich brauche einen Moment lang, um ihren Kleidungsstil und ihre kreolenringgroßen Piercings in den Ohren zu verarbeiten. »Was?«
    »Entwickler«, sagt sie. Sie zieht eine große Flasche mit milchiger Flüssigkeit aus dem Regal. »Du kannst die Farbe nur benutzen, wenn du sie damit mischt.«
    »Oh«, sage ich. »Aber …«
    »Hast du deine Haare schon mal gefärbt?«, fragt sie mich. Ihr Haar ist flamingofarben mit wahnsinnsvioletten Akzenten. Ganz offensichtlich eine Expertin.
    »Ähm, nein. Aber …«
    Sie nimmt mir eine Flasche mit Haarfarbe aus der Hand. »Da steht zwar ›rauchschwarz‹ drauf, aber in Wirklichkeit ist es eher ein sehr, sehr dunkles Braun. Ich weiß auch nicht, warum sie die Farbe so nennen. Ich finde, schmutzbraun wäre eine treffendere Bezeichnung.«
    »Schmutzbraun?«, frage ich. Wer will schon schmutzbraune Haare?
    »Am besten kaufst du dir noch Handschuhe.« Sie wirft mir eine Packung mit Gummihandschuhen zu. »Die große Packung kostet nur fünf Kröten, das lohnt sich. Vor allem wenn du dir die Haare öfter färben willst. Und das wirst du bestimmt, glaub mir. Wenn man erst mal damit angefangen hat, kann man nicht mehr aufhören.« Sie drückt mir eine kleine Plastikschüssel und eine Art Farbpinsel in die Hand. »In der Schüssel kannst du die Farbe anrühren. Farbe und Entwickler im Verhältnis 1:1. Mit dem Pinsel trägst du die Farbe auf. Fang bei den Haarwurzeln an und verteile die Flüssigkeit gleichmäßig bis zu den Spitzen. Fünfundzwanzig Minuten einwirken lassen und dann die Farbe so lange auswaschen, bis das Wasser wieder klar ist.« Sie mustert mich kritisch und mir fällt auf, dass sogar ihre Augenbrauen passend zu den Haaren wahnsinnsviolett gefärbt sind. »Du hast ziemlich viele Haare. Und sie sind so blond. Ist das deine echte Haarfarbe?«
    »Ja. Aber ich bin mir nicht sicher, ob …«
    Sie zieht eine weitere Packung »Rauchschwarz« aus dem Regal. »Du brauchst bestimmt mehrereFlaschen.« Sie betrachtet den Stapel in meinen Armen und lacht. »Wie wär’s, wenn ich dir helfe, das Zeug zur Kasse zu tragen?«
    »Danke«, erwidere ich. »Aber ich weiß noch gar nicht, ob …«
    Sie macht auf dem Absatz kehrt und geht zielstrebig zur Kasse. Ich folge ihr, weil ich nicht weiß, was ich sonst tun soll. Sie setzt sich hinter die Kasse und sieht mich an. »Weißt du was? Tu’s einfach«, sagt sie. »Wenn es dir nicht gefällt, kannst du die Haare immer noch abschneiden.«
    Ich lege das Zeug auf dem Band ab und frage mich, wie ich wieder aus diesem Laden rauskommen soll, ohne Kosmetikartikel im Wert von eintausend Dollar zu kaufen. »Es hat Jahre gedauert, bis meine Haare so lang waren. Ich kann sie nicht einfach abschneiden.«
    Flamingomädchen sieht mich amüsiert an. »Warum nicht? Sind sie heilig oder bist du Samson? Außerdem, überleg doch mal, wie anders du mit dunklen Haaren aussehen wirst. Wetten dass dich damit kein Mensch erkennen wird?«
    Ich bin mir sicher, dass mich jeder erkennen würde, selbst wenn ich blaue Haare mit leuchtend grünen Punkten hätte. Doch die Vorstellung, dass mich die Leute nicht auf Anhieb erkennen, gefällt mir. Ich zögere. Flamingomädchen holt zum Todesstoß aus. »Ich färbe mir ständig die Haare und das ist echt klasse. Wenn irgendwas Blödes passiert oder alles einfach beschissen oder langweilig ist, dannfärbe ich mir die Haare in einer anderen Farbe, und schon bin ich ein neuer Mensch. Es ist das Leichteste auf der ganzen Welt.« Sie lächelt mich an, so wie mich seit Tagen niemand mehr angelächelt hat. Ein nettes, freundliches Lächeln. Ein Ich-weiß-nicht-wer-du-bist-und-es-interessiert-mich-auch-nicht-Lächeln. Sie zieht den Scanner über die Waren und ich halte sie nicht auf. »Glaub mir«, sagt sie. »Du wirst es nicht bereuen.«

Wir unterbrechen das Programm für einen Sonderbericht
    Als ich nach Hause gehe, bin ich um fünfundzwanzig Dollar ärmer und alles andere als glücklich. Wie konnte ich mir nur von einem Punkmädchen mit Flipflops etwas andrehen lassen, mit dem meine Haare schmutzbraun werden. Schmutzbraun! Und wie kann man nur so dämlich sein und glauben, dass man ein völlig anderer Mensch wird, wenn man sich die Haare färbt? Ich krame in der Tüte nach dem Kassenzettel.
    Na toll. Sie hat

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