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Goodbye Chinatown: Roman (German Edition)

Goodbye Chinatown: Roman (German Edition)

Titel: Goodbye Chinatown: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Kwok
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Mama und ich rasch an der Kasse und gingen.
    Als ich den BH zu Hause anprobieren wollte, sah ich, dass es sich dabei nur um ein flaches Stück Baumwollstoff handelte, aber angezogen hatte es durchaus Ähnlichkeit mit den BHs, die ich bei den anderen Mädchen gesehen hatte.
    Die neue Unterwäsche kam jedoch zu spät. Die Hänseleien waren bereits ins Rollen geraten und nahmen wie ein beschleunigender Zug immer mehr an Fahrt auf.
     
    Die komplexen Verhaltensweisen meiner Mitschüler waren mir unergründlich, und ich überlegte, ob ich Annette davon erzählen sollte. Wir unterhielten uns jeden Tag im Bus und
während des Mittagessens, aber sie plapperte hauptsächlich über ihre eigenen Unterrichtsfächer und Klassenkameraden und versicherte mir oft, dass keiner so nett oder so schlau sei wie ich. Die meisten unserer Gespräche beschränkten sich darauf, dass ich ihr versicherte, dieser oder jener Junge hasse sie ganz bestimmt nicht. Ihr fiel gar nicht auf, dass ich nur selten etwas über mich erzählte, aber ich machte ihr deshalb keine Vorwürfe. Eigentlich war ich ganz froh, nicht über mich sprechen zu müssen. Es war eine solche Erleichterung, in Annettes Welt einzutauchen und durch mein Schweigen so tun zu können, als wäre ich ein Teil davon.
    Bei der nächsten Nachhilfestunde erzählte ich Kerry von meinem Problem. Sie machte ein nachdenkliches Gesicht.
    »Das ist wirklich nicht in Ordnung«, sagte sie. »Du solltest es den Lehrern sagen.«
    Aber ich machte mir viel zu große Sorgen, dass die Schule mich als Problem betrachtete, wenn ich mich beschwerte, und meine Aufnahme bereute. Außerdem hätten die Lehrer in Hongkong die Eltern der involvierten Kinder gebeten, miteinander zu reden, und wie sollte sich Mama wohl gegen Gregs Eltern zur Wehr setzen?
    Irgendwann beschloss ich, Matt um Rat zu fragen.
    »Ich brauche deine Hilfe«, sagte ich.
    »Du weißt doch: Ich bin der Boss«, antwortete Matt und grinste.
    »In meiner Schule gibt es ein paar Kinder, die auf mir herumhacken.« Ich schämte mich, es zuzugeben. »Ich will, dass sie damit aufhören.«
    Er sah mich mit seinen goldenen Augen mitfühlend an. »Das ist nicht in Ordnung. Bei mir und Park haben so ein paar Idioten genau dasselbe versucht.« Sein Grinsen erstarb.
    »Was hast du dagegen getan?«
    »Mit dem Anführer gekämpft. Aber das ist keine gute Lösung für ein Mädchen.«
    »Ich habe auch schon mal gekämpft, mit dem größten Jungen in meiner Klasse.«
    »Du? Mit deinen dünnen Ärmchen?«
    »Na ja, ein richtiger Kampf war es eigentlich nicht. Hinterher hat sich rausgestellt, dass er mich ganz gerne mochte.«
    »Vielleicht ist es diesmal auch so?«
    »Ganz bestimmt nicht«, widersprach ich vehement. Dann lächelte ich. Ich war mir ganz sicher, dass Greg nicht in mich verknallt war, aber Matt hatte mich trotzdem auf eine Idee gebracht.
     
    Ich wartete die nächste Sportstunde ab. Bis zur allerletzten Sekunde war ich mir nicht sicher, ob ich den Mut hatte, es durchzuziehen. Mein Herz klopfte so heftig, dass ich kaum noch Luft bekam. Ich blieb kurz in der Tür zur großen Sporthalle stehen und ging dann zu Greg, der von seinen Freunden umringt war. »Greg.«
    Kaum einer meiner Mitschüler hatte mich je den Mund aufmachen sehen, geschweige denn erlebt, dass ich jemanden direkt angesprochen hätte. Es wurde still ringsum.
    Greg sah mich fragend an.
    Ich ignorierte meine zitternden Beine und lächelte so nett ich konnte. »Entschuldigung.«
    Er sah verwirrt aus und auch ein klein wenig beschämt. Vermutlich wusste er nur zu gut, dass er eigentlich derjenige war, der sich hätte entschuldigen müssen. »Für was?«
    »Du versuchen immer, meine Aufmerksamkeit zu bekommen, aber ich lieber nur Freunde sein mit dir.« Dann ging ich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken, von dem ich hoffte, er würde gönnerhaft wirken.
Aber in meiner Nervosität verfehlte ich seine Wange und küsste ihn stattdessen auf den Mundwinkel, was meine Darbietung für die Umstehenden noch überzeugender machte. Greg war ein Maulheld, aber darüber durfte man nicht vergessen, dass er damals auch erst zwölf Jahre alt war. Mein Kuss schockierte ihn derart, dass er anfing, heftig vor sich hin zu stammeln. Jeder Zentimeter Haut zwischen seinen Sommersprossen lief dunkelrot an. Er sah aus, als wäre ein ganzer Bienenstock über ihn hergefallen.
    Ich hatte mich noch immer nicht an die lebhaften Farben gewöhnt, die weiße Menschen annehmen konnten, und

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