Google-Mitarbeiter Nr. 59
immer bei Google anfiel. Am Anfang bedeutete das, an Textprojekten wie dem Google-Friends-Newsletter zu arbeiten und auf User-E-Mails zu antworten. Nachdem Cindy das Marketingteam umstrukturiert hatte, zog Max in meine Welt, im Schlepptau hatte er die Verantwortung für Googles klapprigen User-Support, eine »Abteilung«, die zu der Zeit aus Max, einem Laptop und der handelsüblichen Version von Microsoft Outlook bestand.
Max hatte sich nie ausgemalt, dass der Kundenservice zu einem allesfressenden Ungetüm wird, das seine ganze Zeit verschlingt, aber schon bald fand er sich dabei wieder, mehr als 1000 E-Mails pro Tag von Usern rund um die Welt zu beantworten. Erdrückt von der Last konnte er kaum mehr tun, als lapidar zu schreiben: »Danke! Googeln Sie weiter!« E-Mails in anderen Sprachen als Englisch stellten das größte Problem dar. Wir hatten keine Idee, ob die Leute uns loben oder eine Tirade loslassen wollten. Wir probierten webgestützte Übersetzungssoftware, aber das Ergebnis ließ uns noch verwirrter zurück.
Inzwischen nörgelte Omid, der Verkaufsleiter, dass die Unterstützung von Inserenten und Suchdienstleistungskunden eine höhere Priorität erhalten sollte. Könnte Max da nicht auch helfen? Schließlich bezahlten uns diese Leute, im Unterschied zu den Usern. Max leerte einen Ozean mit einem Teelöffel. Als der Rückstand von unbeantworteten E-Mails anzuschwellen begann, war Sergey mit einem hilfreichen Vorschlag zur Stelle. »Warum müssen wir User-E-Mails überhaupt beantworten?«, wollte er wissen.
In Sergeys Überlegungen war es nicht effizient, auf Userfragen zu antworten. Wenn sie uns über Probleme mit Google schrieben, waren das willkommene, nützliche Information. Wir sollten das Problem festhalten und beheben. Das würde die User glücklicher machen, als wenn wir Zeit damit verschwendeten, ihnen zu erklären, dass wir an den Programmfehlern arbeiteten. Wenn Benutzer uns Komplimente sandten, brauchten wir nicht zurückzuschreiben, weil sie uns bereits mochten. Wäre es also nicht besser, überhaupt nicht zu antworten? Oder bestenfalls, ein Programm zu schreiben, um zufällige Antworten zu erzeugen, die in den meisten Fällen passten?
In Anbetracht ihrer fehlenden Bedenken über unbeantwortete E-Mails konnten die Gründer die Not von Max bei der eintönigen und nicht ausfüllenden Natur seiner Arbeit nicht mitfühlen. Abgesehen davon hatten Larry und Sergey beim Start von Google alle E-Mails selbst beantwortet, programmiert, das Logo entworfen und die Presseanfragen bearbeitet. Wir hatten jetzt mehr Mittel zur Verfügung. Also, wie konnte sich irgendjemand beklagen? Wir hatten alle doch nur solche kleinen Bruchteile an Verantwortung im Gefolge des Urknalls, den die Google-Entwicklung von einem Zwei-Personen-Projekt zu einem ausgewachsenen Unternehmen darstellte!
Schließlich begriff ich, dass die Antwort – wie immer – in den Daten lag. Im Frühling 2000 ließ ich Max erfassen, wie viele E-Mails er pro Tag erhielt und beantwortete. Ich übertrug die Daten in eine Grafik, schätzte die maximale Kapazität von Max und extrapolierte dann, wie viele Max-ähnliche Personen wir bräuchten, um alle E-Mails innerhalb von 48 Stunden nach dem Eingang zu beantworten. Die Daten zeigten klar, dass wir mindestens einen weiteren Max verlangen müssten sowie bessere Werkzeuge, um die E-Mails im Griff zu haben.
Ungern und unter dem Druck von Omid gab die Technik uns grünes Licht, um einen weiteren Kundenservicemitarbeiter (CSR) einzustellen und ein elektronisches Customer Relationship Management System (CRM) zu kaufen. Ich begann sofort die Suche nach beiden, eine Aufgabe, die im Sommer noch größere Dringlichkeit annahm, als Max in seine neue Rolle wechselte, Inserenten dabei zu helfen, bessere Rückläufe auf ihre AdWords-Kampagnen zu bekommen. Das Vertriebsteam verlieh ihm den Spitznamen »Der Maximierer«.
Schon bevor Max uns verließ, hatte ich es bei Zeitarbeitsfirmen versucht, aber die typischen Aushilfssekretärinnen, die sich vorstellten, konnten nicht die Feinheiten von Suchprotokollen erfassen oder die Kompliziertheit unseres Briefstils meistern. Max fischte im Stanford-Campus-Netz und fing einige Superkandidaten ein, darunter auch Anna Linderum, eine ausländische Studentin, die uns ihre Zeit schenkte, weil wir sie nicht offiziell bezahlen konnten, und Rob Rakove, Politikwissenschaftler im Hauptfach. Die beiden meisterten schnell die Kunst, intelligente Antworten an verwirrte
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