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Google-Mitarbeiter Nr. 59

Google-Mitarbeiter Nr. 59

Titel: Google-Mitarbeiter Nr. 59 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Edwards
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David Crane so bezeichneten »Abteilung für unzustellbare Briefe zu: Du schickst etwas in den Äther und bekommst nie eine Antwort. Auf die Art wusstest du, dass du wohl danebengelegen hast.«
    Es half auch nicht, wenn Larry und Sergey auf unsere Vorschläge reagierten, da ihre Antworten oft nicht eindeutig waren. Wenn ihnen etwas gefiel, sagten sie so etwas wie: »Das scheint kein totaler Mist zu sein«, erinnert sich Facilities-Manager George Salah. »Wenn sie etwas ablehnten, sagten sie so etwas wie: ›Hm, das kommt mir suboptimal vor‹, oder sie benutzten eine sehr technische Ausdrucksweise, um ihre Antwort irgendwo zwischen Ja und Nein anzusiedeln. Sie gaben nie eine eindeutige Entscheidung ab.«
    Wenn ich Sergey Texte zeigte, um sie absegnen zu lassen, dann sagte er entweder. »Das ist süß, gefällt mir« oder »Nein, das ist nicht googlig genug.«
    Einmal verbrachte ich mit meinem Team Tage damit, eine logische Begründung für eine Werbekampagne zu entwickeln, basierend auf dem, was wir über die Zielgruppe und deren Motivationen verstanden hatten. Sergey warf einen Blick auf die Entwürfe, runzelte die Stirn und sagte: »Ich glaube, ihr müsst noch ein bisschen länger darüber nachdenken.«
    »Gefällt dir das Konzept nicht? Das Design? Der Text?«, fragte ich auf der Suche nach etwas Eindeutigerem, damit wir das Störende eliminieren konnten. Er schüttelte nur den Kopf und wandte sich wieder seinem Monitor zu.
    »Denkt noch mal drüber nach«, wiederholte er ärgerlich.
    Schließlich kam ich zu dem Schluss, dass er vermutlich wollte, dass wir eine idealisierte Welt darstellten, in der alles optimiert war, einschließlich der Menschen – schließlich war er Techniker. Ich fand heraus, dass er keine Bilder mochte, die nicht einer klassischen Vorstellung von Schönheit entsprachen und deshalb als Ausreißer im Datenset des vollständig realisierten menschlichen Potenzials anzusehen waren. Eine Anzeige für unsere Werbekampagne zeigte einen verschwitzten Sumo-Ringer. Als wir Sergey das Bild zeigten, rümpfte er die Nase. »Ich glaube nicht, dass wir Anzeigen schalten sollten, in denen unattraktive Menschen zu sehen sind. Unsere Anzeigen sollten stets ästhetisch ansprechend sein, sodass die Menschen nur positive Vorstellungen haben, wenn sie an Google denken.«
    Devin Ivester, der seine eigene Werbeagentur verlassen hatte, um bei uns als Leiter des Kreativteams 40 mitzuwirken, erinnerte sich an eine weitere Episode, in der er Sergey eine Anzeige präsentierte, die einen schlafenden Mann auf einem Sofa zeigte, umgeben von Büchern, Notizzetteln und Akten. Sergey sagte dazu: »Das können wir nicht nehmen. Der Kerl ist hässlich.«
    »Du meinst nicht hässlich, nicht wahr?«, fragte Devin irritiert.
    »Nein, nicht im eigentlichen Sinne. Aber er ist unorganisiert. Das ist kein guter Mensch.«
    »Kein guter Mensch?«
    »Sieh ihn dir doch an. Er schläft einfach auf einem Sofa.«
    »Wenn du die Überschrift liest, weißt du aber, dass er die ganze Nacht gearbeitet hat. Er ist quasi unermüdlich, aber irgendwann konnte er nicht mehr.«
    »Ja, offensichtlich, deshalb ist er unorganisiert – er schafft seine Arbeit nicht.«
    Devin zog daraus die Lehre, dass »Sergey eine Disney-ähnliche Vorstellung davon hatte, was wir in unseren Anzeigen darstellen sollten. Es musste nicht das wahre Leben sein. Es sollte vielmehr Sergeys Vorstellung vom idealen Googler entsprechen und wie Menschen sein sollten.«
    Vielleicht legten unsere Gründer deshalb eine Vorliebe für eine übertreibende Verunglimpfung jener an den Tag, die nicht ihrer Meinung waren, weil sie die Welt durch einen polarisierenden Filter von »ideal« und »suboptimal« (oder »gut« und »böse«, wenn Sie so wollen) sahen und sehr davon überzeugt waren, welche Position sie in diesem binären Modell besetzten. In fast jedem Meeting ließen sie eine aus nur einem Wort bestehende Verwünschung los, die alles und jeden zusammenfasste, was ihren Konzepten im Weg stand.
    »Bastarde«, brummelte Sergey, wenn ein Wettbewerber einen Kunden gewann, den wir anstrebten.
    »Bastarde!«, rief Larry, wenn ein Blogger Bedenken wegen der Userprivatsphäre anmeldete.
    »Bastarde!«, nannten sie die Presse, die Politiker oder die benebelten User, die nicht die offensichtliche Überlegenheit der Technologie hinter den Google-Produkten erkannten.
    Bis man sich daran gewöhnte hatte, war es ein bisschen einschüchternd. Es dauerte jedoch nicht lange, dann wurde »Bastard«

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