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Google-Mitarbeiter Nr. 59

Google-Mitarbeiter Nr. 59

Titel: Google-Mitarbeiter Nr. 59 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Edwards
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sich einen Moment lang schweigend an, ihre Brauen tanzten in einem geschlossenen Kreislauf der telepathischen Kommunikation einen Pas de deux. Manchmal glaubte ich, Larry zu begreifen oder Sergeys Standpunkt nachvollziehen zu können. Die beiden zusammen zu beobachten war jedoch in etwa so, als würde man versuchen, in dem schmalen Raum zwischen Doppelsternen einen Lichtblitz zu erhaschen. Gewaltige Energien wurden ausgetauscht, jedoch in einem Spektrum, das ich nicht erkennen konnte.
    Sergey widmete seine Aufmerksamkeit wieder dem zerlegten Telefon. »Weißt du, was wir tun sollten?«, fragte er, ohne den Kopf zu heben. »Wir sollten die Homepage knallpink färben und sehen, wie viele Leute zurückkommen.«
    Larrys Gesicht hellte sich auf, als hätte die Augenbrauentanzerei ihm einen Freiwurf und eine Bonusrunde beschert.
    Ich lächelte, aber als ich damit aufhörte, sah ich, dass die beiden nicht lachten. Zweifel beschlichen mich. Die beiden waren doch nicht … Sie konnten doch nicht etwa … Dieser Vorschlag konnte doch nicht ernst gemeint sein? Ich begann die lange Reise von Ungläubigkeit über Ablehnung bis zum Plappern von auf Logik basierenden Gegenargumenten, wurde jedoch sofort zurückgeschickt, um zu packen, bis ich mit datenbasierten Argumenten aufwarten konnte, die bewiesen, dass die Idee der beiden wertlos sei.
    Extreme Positionen einzunehmen und sich die Mitarbeiter ihren Weg zum sicheren Hafen der Vernunft erkämpfen zu lassen schien unsere Gründer zu amüsieren. Sie mussten pochende Stirnvenen und schweißfeuchte Handflächen sehen, während PMs, kaufmännische Mitarbeiter und Techniker vorsichtig forschten und versuchten, die Logik zu fassen zu bekommen, während sie sich durch ein Dickicht von Ablenkungen und diffusen, explosiven Ideen schnitten.
    »Google war der erste Arbeitgeber, bei dem ich diese Erfahrung machte«, erinnert sich Projektmanagerin Deb Kelly. »Wo du denkst: ›Das ist verrückt. Was für ein Quatsch! Das ist bescheuert‹, und dann denkst du eine Weile darüber nach, bis du auf einmal findest: ›Das könnte echt clever sein – schwierig, aber wirklich clever.‹«
    Die Verrücktheit hatte Methode. Larrys und Sergeys übertriebene Vorschläge brachten uns nicht nur dazu, angestrengter nachzudenken, sondern den vollen Nutzen der im Raum enthaltenen Intelligenz auszuschöpfen. Nachdem Larry oder Sergey einen ihrer unfassbaren Vorschläge unterbreitet hatten, war nichts von dem, was darauf folgte, undenkbar. Um das Unwahrscheinliche vom Unmöglichen zu trennen, mussten wir aufmerksam sein und Fakten erörtern, statt uns mit Vermutungen oder Gepflogenheiten zu beschäftigen. Wenn wir mit lediglich »akzeptablen« Lösungen anfingen, die schon zuvor ausprobiert worden waren, würden wir niemals die zustandsverändernden Durchbrüche erzielen, die Welten zerstörten und aus den Trümmern neue entstehen ließen.
    Urs verstand das besser als die meisten. »Larry und Sergey gingen davon aus, dass die Dinge auf ihrem Weg verwässert werden«, erklärte er. »Mit etwas Ehrgeizigerem zu beginnen bringt dich zu etwas Akzeptablem. Wenn du jedoch den Zielpfosten nicht so weit draußen hinstellst, gehen die Leute weniger Risiken ein und sind weniger ehrgeizig, wie groß die Idee sein sollte.«
    Das war ein weiterer Grund, warum Google Intelligenz über Erfahrung stellte. »Im besten Fall«, sagte Urs, »hast du jemanden, der voller Enthusiasmus steckt, nicht weiß, was möglich ist, und deshalb sehr weit kommt. Die große Frage lautete immer: ›Kannst du es preiswert genug realisieren, damit es erschwinglich ist?‹ Vielleicht. Aber ohne es auszuprobieren, das Resultat zu prüfen und den nächsten Durchlauf zu starten, wirst du es nie herausfinden.«
    Ich bedauerte die neuen Googler, die zum ersten Mal dieses Realitätsschlachthaus betraten und sich mit entsetztem Blick umsahen, als hätten sie gerade geträumt, sie wären nackt in die Schule gegangen, und herauszufinden versuchten, ob es sich vielleicht um ein grausames Initiationsritual handelte. Wenn du ein zielgerichteter neuer Mitarbeiter wärst, beflissen, es den anderen recht zu machen, was würdest du dann sagen, wenn Sergey beharrte: »Wir sollten das (über welches Thema auch immer gerade gesprochen wurde) vergessen und uns darauf konzentrieren, Weltraumseile zu konstruieren.« 39
    Meetings waren nicht der einzige Ort, an dem Ideen bestattet wurden. Wenn den Gründern ein Vorschlag nicht gefiel, teilten sie ihn der vom PR Director

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