GOR-Zyklus 04 - Die Nomaden von Gor
Gelegenheit zur Rache, die ich dringend brauchte. Die gewöhnliche Tospit hat fast immer eine ungerade Zahl von Kernen. Andererseits hat die seltene langstielige Tospit in der Regel eine gerade Anzahl Kerne. Beide Früchte sind äußerlich nicht zu unterscheiden. Ich konnte sehen, daß bei dieser Tospit der Stengel abgedreht worden war, bestimmt kein Zufall. Es mußte sich also um die seltene langstielige Sorte handeln.
»Gerade«, sagte ich.
Kamchak sah mich an, als hätte er Zahnweh. »Tospits haben aber fast immer eine ungerade Zahl von Kernen«, sagte er.
»Gerade«, beharrte ich.
»Na gut«, räumte er ein, »dann iß die Tospit und sieh nach.«
»Warum sollte ich sie essen?« fragte ich. Die Tospit ist immerhin ziemlich bitter. Warum sollte Kamchak sie nicht essen? Er hatte die Wette vorgeschlagen.
»Ich bin ein Tuchuk«, sagte Kamchak. »Ich komme vielleicht in Versuchung, einen Kern zu verschlucken.«
»Dann schneiden wir sie auf.«
»Da verpaßt man vielleicht ein Körnchen.«
»Vielleicht könnten wir die Tospit zerdrücken?«
»Aber macht das nicht zuviel Arbeit? Davon bekommt auch der Teppich Flecke.«
»Dann zerdrücken wir sie eben in einer Schale.«
»Aber dann müßten wir die Schale auswaschen.«
»Das stimmt.«
»Alles in allem«, sagte Kamchak, »meine ich, daß du die Frucht essen solltest.«
»Da hast du wohl recht.«
Ich biß tapfer in die Frucht, die sich tatsächlich als sehr bitter erwies.
»Außerdem«, sagte Kamchak, »mag ich Tospits nicht sehr.«
»Das kann ich verstehen.«
»Sie sind sehr bitter.«
»Allerdings«, stimmte ich zu.
Ich aß die Frucht – und stellte fest, daß sie sieben Fruchtkerne hatte. Wütend spuckte ich sie auf die Handfläche.
»Die meisten Tospits«, sagte Kamchak, »haben eine ungerade Anzahl von Kernen.«
»Ich weiß.«
»Warum hast du dann auf eine gerade Zahl gesetzt?«
»Ich nahm an, daß du eine langstielige Tospit gefunden hattest.«
»Aber die gibt's doch erst gegen Ende des Sommers.«
»Oh.«
»Da du verloren hast«, sagte Kamchak, »halte ich es für fair, daß du heute abend den Eintritt bezahlst!«
»Na gut.«
»Die Sklavinnen kommen mit.«
»Natürlich.«
Ich nahm einige Münzen aus meinem Geldbeutel und reichte sie Kamchak, der sie in der Tasche verschwinden ließ. Als ich ihm das Geld überreichte, warf ich nachdenkliche Blicke auf die juwelen- und geldgefüllten Truhen und Schalen in der Ecke des Wagens.
»Da kommen die Sklavinnen. Jetzt gibt's etwas zu essen.«
Mit meinem Geld, fair gewonnen, bezahlte Kamchak unseren Eintritt, und wir drängten uns in das verhängte Viereck.
Zahlreiche Männer und auch einige Mädchen hatten bereits Platz genommen. Auch Kassars und Paravaci waren gekommen und einer der Kataii, die sich sonst in den Lagern der anderen Völker selten sehen ließen. Natürlich waren die Tuchuks zahlenmäßig am stärksten vertreten; sie saßen mit untergeschlagenen Beinen um ein großes Feuer in der Mitte der Einfriedung. Sie waren bester Laune und lachten und fuchtelten wild mit den Händen, während sie ihre Taten schilderten, die offenbar recht zahlreich waren. Es war die Jahreszeit der Karawanenüberfälle. Zu meiner Freude stellte ich fest, daß das Feuer nicht mit Boskdung genährt wurde, sondern mit Holz – Holzplanken, die zum Wagen eines überfallenen Händlers gehört hatten. Das war weniger schön.
Etwas abseits, auf der anderen Seite einer kleinen freien Fläche, saß eine Gruppe von neun Musikern. Sie spielte noch nicht. Einer der Männer trommelte geistesabwesend einen Rhythmus auf einer kleinen Handtrommel; zwei andere stimmten ihre Saiteninstrumente. Bei einem der Instrumente handelt es sich um eine achtsaitige Czehar – eine Art flacher, länglicher Kasten; der Spieler sitzt mit untergeschlagenen Beinen und hat das Instrument quer auf den Knien, während er es mit einem Stück Holz zupft; das andere ist die Kalika, ein sechssaitiges Instrument, ebenfalls flach; die Saiten werden mit kleinen Holzkurbeln gespannt und gestimmt. Sie sieht nicht wie ein Kasten aus, sondern ähnelt unserem Banjo, wenn es auch ganz anders klingt, die Saiten werden wie bei der Czehar gezupft. Auf Gor hatte ich übrigens noch kein Streichinstrument gesehen, ebensowenig wie geschriebene Musik; ich weiß nicht, ob es eine Notenschrift gibt; Melodien werden vom Vater an den Sohn vom Meister an den Lehrling weitergegeben. Ein zweiter Kalikaspieler hielt sein Instrument ruhig im Schoß und beobachtete die
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