GOR-Zyklus 06 - Die Piratenstadt von Go
etwas vor der Mitte, während der Vormast etwa anderthalb Meter achtern vom Ruderjoch aufragte. Beide trugen dreieckige Segel, wobei der Baum des Vorsegels etwa halb so lang war wie der Baum des Hauptsegels.
Am Morgen jenes Tages hatten wir mehrere Ahn lang gerudert, und es war jetzt etwa eine Ahn nach Mittag.
»Wie ich gehört habe«, sagte der Rudermeister zu mir, »warst du Kapitän in Port Kar.«
»Ja, ich bin Kapitän«, sagte ich.
»Aber in Port Kar«, sagte er. »Und hier ist nicht Port Kar.«
Ich blickte ihn an. »Port Kar ist dort, wo seine Macht hinreicht.«
Er starrte mich wortlos an.
»Wie ich sehe, hat der Wind nachgelassen.«
Er wurde bleich.
In diesem Augenblick ertönte die Stimme des Au s gucks vom Hauptmast. »Zwei Schiffe backbord!«
»Ruder aus!« brüllte der Rudermeister und lief zu se i nem Sitz.
Ich stellte die Schüssel mit Essen unter meine Bank. Vielleicht brauchte ich sie noch. Dann schob ich das R u der hinaus.
Von oben drang das Getrappel hastiger Schritte herab. »Hart steuerbord!« erklang die Stimme Kapitän Tenriks.
Das große Schiff schwang langsam herum.
Doch dann tönte vom Hauptmast ein neuer Ruf. »Zwei weitere Schiffe! Steuerbord!«
»Ruder geradeaus!« brüllte Tenrik. »Volle Segel! Höchste Schlagzahl!«
Kaum hatte die Rena ihren ursprünglichen Kurs wi e der aufgenommen, als der Rudermeister den Ruderbefehl gab und der Keleustes sein Kupferbecken zu bearbeiten begann. Zwei Seeleute kamen von oben und nahmen Peitschen von Gestellen hinter dem Rudermeister.
Ich lächelte. Ob die Ruderer nun geschlagen wurden oder nicht eine bestimmte Geschwindigkeit war nicht zu überschreiten – und diese Geschwindigkeit würde nicht ausreichen.
Wieder erstattete der Ausguck Meldung: »Zwei weit e re Schiffe achteraus!«
Die schweren lederbespannten Hämmer dröhnten schneller auf dem Kupferbecken.
Etwa eine halbe Stunde später hörte ich, wie Tenrik dem Ausguck zurief: »Kannst du die Flagge ausm a chen?«
»Sie ist weiß!« rief der Mann. »Mit grünen Streifen. Darauf der Kopf eines Bosk!«
Einer der Sklaven, der vor mir angekettet war, flüste r te über die Schulter: »Wie heißt du, Kapitän?«
»Bosk«, sagte ich und zog mein Ruder durch.
»Aii!« rief er.
»Rudert!« brüllte der Rudermeister.
Die Seeleute eilten mit ihren Peitschen zwischen den Bänken hin und her, doch die Sklaven gaben bereits ihr Bestes.
»Sie kommen näher!« rief jemand oben.
»Schneller!« ertönte der Befehl.
Aber der Keleustes hämmerte längst den schnellsten Rhythmus, eine Schlagzahl, die sich bestimmt nicht la n ge halten ließ.
Eine Viertel-Ahn später hörte ich den Ruf, auf den ich gewartet hatte.
»Noch zwei Schiffe!« brüllte der Ausguck.
»Wo?« wollte Tenrik wissen.
»Voraus!«
»Halb Steuerbord!« rief der Kapitän.
»Ruder auf!« brüllte der Rudermeister. »Backbordr u der! Durchziehen!«
Wir hoben unsere Ruder aus dem Wasser, während die Sklaven auf der Backbordseite weiterruderten und das Schiff nach dem goreanischen Kompaß um acht Grad nach Steuerbord herumzogen.
»Alle Ruder!« rief der Rudermeister. »Durchziehen!«
»Was sollen wir tun?« fragte der Sklave vor mir.
»Rudern!« sagte ich.
»Ruhe!« brüllte einer der Seeleute und versetzte uns einen Peitschenhieb. Törichterweise begann er dann auf die Rücken anderer Sklaven einzuschlagen. Zwei Männer ließen darauf ihre Ruder los, was den Rhythmus der a n deren durcheinanderbrachte.
Der Rudermeister hastete zwischen die Bänke, entriß den Seeleuten die Peitschen, schickte sie wieder nach oben. Er war ein guter Rudermeister.
»Auf die Ruder!« brüllte er. »Fertigmachen! Durc h ziehen!«
Wir fanden unseren Rhythmus wieder, und die Rena pflügte erneut durch das Wasser.
»Schneller!« rief ein Mann vom Oberdeck herab.
Der Rudermeister sah sich um. »Den Rhythmus zehn Schläge zurücknehmen«, befahl er.
»Bist du verrückt geworden?« brüllte ein Offizier und kam die Treppe herabgepoltert. Er versetzte dem Rude r meister einen Faustschlag ins Gesicht. »H öchste Schla g zahl!« schrie er.
Wieder beschleunigte der Keleustes seinen Rhythmus.
Aber in weniger als einer Ehn kam ein Mann nicht mehr mit, und dann waren es zwei, und die Ruder kamen durcheinander. Unbarmherzig folgte der Keleustes se i nem Befehl, unbarmherzig prasselten die Schläge auf die Trommel.
Doch dann stimmte der Rhythmus nicht mehr mit der Bewegung der Ruder überein. Viele Männer vermochten nicht mehr mitzuhalten
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