GOR-Zyklus 06 - Die Piratenstadt von Go
richtete sich langsam auf und starrte mich ungläubig an, die schmerzende Hand in die linke Achselhöhle gepreßt.
»Verzeih mir, Herr«, sagte ich besorgt.
Unsicher ging er weiter, untersuchte andere Sklaven weiter unten am Kai.
»Machst du das noch einmal, schneide ich dir die Ke h le durch«, zischte der Sklavenmeister.
»Aber das würde Chenbar und Lurius nicht gefallen«, erwiderte ich.
»Vielleicht nicht«, sagte der Mann grinsend.
»Was forderst du für den Sklaven?« fragte ein Kap i tän, ein großer Mann mit kleinem, sorgfältig gestutztem Backenbart.
»Fünfzig kupferne Tarnmünzen.«
»Das ist zuviel.«
Ich stimmte ihm insgeheim zu, hielt es aber nicht für angebracht, mich in die Diskussion einzuschalten.
»Das ist nun mal der Preis«, sagte der Sklavenmeister.
»Also gut«, erwiderte der Kapitän und deutete auf e i nen Schriftgelehrten neben sich, der einen Beutel mit Münzen über der Schulter trug.
»Darf ich den Namen meines Herrn und den seines Schiffes erfragen?« sagte ich.
»Ich heiße Tenrik«, erwiderte er. »Tenrik aus Temos. Dein Schiff ist die Rena aus Temos.«
»Und wann laufen wir aus?«
Er lachte. »Sklave, du redest ja wie ein Passagier!«
Ich lächelte.
»Mit der Abendflut«, sagte er.
Ich neigte den Kopf. »Vielen Dank, Herr.«
Tenrik, gefolgt von seinem Schriftgelehrten, wandte sich zum Gehen. Da sah ich, daß auch der Fischer mit seinem Netz fertig war. Er faltete es zusammen und warf es sich über die Schulter. Dann nahm er seinen Dreizack und wanderte davon.
Ich blickte den Sklavenmeister kopfschüttelnd an. »Zuviel«, sagte ich.
Er zuckte die Achseln und grinste. »Wie’s der Markt eben aufnimmt«, meinte er.
Ich war ganz zufrieden, als ich zur Rena aus Temos g e führt wurde, einem Rundschiff. Befriedigt registrierte ich Breite und Tiefgang. Ein solches Schiff war sehr langsam.
Die Brotkrumen und Zwiebeln und Erbsen, aus denen unser Essen bestand, gefielen mir schon weniger, aber ich glaubte nicht, daß ich lange darauf angewiesen war.
»Du wirst feststellen, daß dieses Schiff nicht leicht zu rudern ist«, sagte der Rudermeister, als er meine Fußg e lenke an der schweren Fußstange festkettete.
»Das Schicksal eines Sklaven ist nicht leicht«, vers i cherte ich ihm.
»Außerdem bin ich kein einfacher Herr«, sagte er l a chend.
»Schwer ist das Schicksal eines Sklaven, in der Tat«, klagte ich.
Lachend kehrte er zum Heck zurück. Da es sich um ein großes Schiff handelte, saß ein Keleustes vor ihm, ein starker Mann, der den Rhythmus angeben sollte – mit zwei lederbespannten Hämmern, mit denen er auf ein großes Kupferbecken schlug.
»Ruder aus!« rief der Rudermeister.
Im Gleichtakt mit den anderen Sklaven ließ ich mein Ruder nach draußen gleiten.
Auf dem Oberdeck über uns hörte ich die Rufe der Seeleute, die die Leinen losmachten und das Schiff mit langen Stangen vom Kai fortstießen. Segel wurden erst gesetzt, wenn wir den Hafen verlassen hatten.
Ich vernahm das Knirschen des großen Seitenruders und spürte die schwerfällige, süße, lebendige Bewegung des Schiffskörpers.
Wir waren unterwegs.
Die Augen des Schiffs, die zu beiden Seiten des Bugs aufgemalt waren, hatten sich jetzt bestimmt schon der Hafenausfahrt von Telnus zugewandt. Goreanische Schiffe tragen stets ein Paar Augen, entweder in einem Kopf am Bugspriet – wie bei den Tarnschiffen – oder beidseits des Bugs der Rundschiffe. In den Augen spi e gelt sich der goreanische Seemannsglaube wieder, jedes Schiff sei ein lebendiges Wesen.
»Ruder fertig!« rief der Rudermeister. »Zieht durch!«
Der Keleustes schlug auf das große Kupferbecken.
Gleichmäßig tauchten die Ruderblätter ins Wasser, zogen durch. Ich stemmte die Füße gegen das Stützbrett und machte die Bewegung mit.
Langsam wie ein schwerfälliger Vogel begann sich das Schiff auf die Öffnung zwischen den beiden großen ru n den Türmen zuzubewegen, die den Hafen von Telnus b e wachten, den Hafen der Hauptstadt des Insel-Ubarats Cos.
Wir waren nun schon zwei Tage auf See.
Wir aßen eine unserer vier täglichen Rationen aus Brot, Zwiebeln und Erbsen. Wasserhäute wurden weite r gereicht.
Die Ruder waren innenbords.
Wir hatten nicht soviel gerudert wie üblich, da uns in den ersten beiden Tagen ein lebhafter Wind begleitet ha t te, der allerdings am Abend zuvor schwächer geworden war.
Die Rena hatte im Gegensatz zu den beweglichen M a sten der Kriegsschiffe zwei feste Masten. Der Hauptmast stand
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