GOR-Zyklus 09 - Die Marodeure von Gor
ich.
»Ja.«
»Torvald«, sagte ich erschaudernd, »ist doch nur eine Gestalt der Legenden. Jedes Land hat solche sagenhaften Helden und Gründer, seine mystischen Riesen.«
»Dies«, sagte Forkbeard, »ist die Kammer Torvalds. Wir haben die Ruhestätte Torvalds gefunden! Torvald schläft im Torvaldsberg, und zwar seit tausend Jahren. Er wartet darauf, geweckt zu werden. Sobald sein Land ihn braucht, wird er erwachen. Und dann wird er uns in den Kampf führen. Er wird wieder Anführer sein für die Männer des Nordens.«
»Es gibt keinen Torvald«, sagte ich.
»Wir müssen ihn wecken.«
Bekümmert blickte ich hinter Forkbeard her, der mit erhobener Fackel in die große Kammer trat. Es wollte mir nicht unmöglich erscheinen, daß die Sagen um Torvald ein Körnchen Wahrheit enthielten. Es mochte einmal einen Torvald gegeben haben, einen Mann, der vor über tausend Jahren in dieses Land gekommen war. Doch heute gab es diesen Mann nicht mehr. Es bedrückte mich, wenn ich daran dachte, welche Enttäuschung auf meinen leichtgläubigen Freund Forkbeard wartete.
Seine Hoffnung, einen sagenumwitterten Helden zu finden, der die Männer des Nordens zu den Waffen rief, um sie gegen die Kurii zu führen, mußte enttäuscht werden.
Dieser Höhlenraum, das wußte ich, war von Menschen geschaffen worden. Vielleicht handelte es sich tatsächlich um die Grabkammer Torvalds, die seit vielen Jahrhunderten vergessen war, bis jetzt zwei fliehende Männer zufällig wieder darauf stießen. Vielleicht traf es zu, daß Torvald im Torvaldsberg begraben und daß seine Grabstätte versteckt worden war, um sie vor Neugierigen und Grabräubern zu schützen. Und wenn dem so war, konnten sich wirklich Legenden darum gerankt haben, Legenden, in denen das Rätsel des verlorenen Grabes eine große Rolle spielte. Diese Geschichten waren in den langen Winternächten bestimmt immer wieder an den Feuern erzählt worden und hatten sich von Dorf zu Dorf ausgebreitet, von einem einsamen Hof zum andern. Und in einer dieser Sagen mochte tatsächlich zum Ausdruck kommen, daß der große Torvald gar nicht tot war, sondern nur schlief und wieder erwachen würde, wenn sein Land ihn brauchte.
Forkbeard stand nun neben der großen Steinbank, die mit schwarzen staubigen Fellen bedeckt war.
Am Fuß der Bank befanden sich Waffen, am Kopfende hingen an der Felswand unter einem großen Schild zwei gekreuzte Speere und daneben ein gewaltiges Schwert in einer Scheide. Neben dem Kopfende ruhte auf einer Steinplattform ein großer Helm mit Hörnern.
Forkbeard sah mich an.
Die Bank war leer.
Er sagte nichts. Er setzte sich auf die Kante der Bank und stützte den Kopf in die Hände. Seine Fackel, die auf dem Boden lag, flackerte und erlosch. Forkbeard rührte sich nicht. Im Gegensatz zu den meisten anderen Goreanern weinten die Torvaldsländer selten. Nun stieg ein trockenes Schluchzen in seiner Kehle auf. Natürlich ließ ich mir nicht anmerken, daß ich diesen Laut gehört hatte.
»Wir haben verloren«, sagte er schließlich. »Rothaar, wir haben verloren.«
Ich hatte eine neue Fackel angezündet und sah mich in der Kammer um. Torvald hatte sich also doch nicht in seinem Grabmal begraben lassen. Die Stätte des Todes war leer.
»Wo ist Torvald?« rief Ivar Forkbeard.
Ich zuckte die Achseln.
»Es gibt keinen Torvald!« fuhr Forkbeard fort. »Torvald existiert gar nicht! Nicht einmal seine Gebeine sind hier.«
»Torvald war ein großer Kapitän«, sagte ich. »Vielleicht ist er an Bord seines Schiffs verbrannt, das Schwarzer Hai hieß – das hast du mir selbst gesagt.« Ich sah mich um. »Aber wenn das so wäre, warum ist dann dieses Grabmal gebaut worden?«
»Dies ist kein Grab«, sagte Ivar Forkbeard. »Dies ist eine Schlafkammer. Es gibt hier keine Knochen von Tieren oder Thralls – die Reste von Opfern.« Er sah sich um. »Warum hat Torvald eine Schlafkammer in den Torvaldsberg meißeln lassen?«
»Damit die Menschen seines Landes zum Torvaldsberg kommen, um ihn zu wecken«, sagte ich.
Forkbeard sah mich an.
Zwischen den Waffen am Fußende der Bank zog ich einen langen dunklen Pfeil hervor. Er war über einen Meter lang, der Schaft war mindestens zwei Zentimeter dick. Die Spitze bestand aus Eisen und hatte Widerhaken. Die Federn am anderen Ende waren gut fünfzehn Zentimeter lang; Federn der Küstenmöwe.
Ich hob den Pfeil. »Was ist das?«
»Ein Kriegspfeil.«
»Und was ist das hier für ein Zeichen an der Seite?«
»Das Zeichen
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