GOR-Zyklus 14 - Kampfsklave auf Gor
beinah jeder Stadt davon ausgehen, daß hier Kastenbrüder wohnen, auf die man sich verlassen kann. Zum Beispiel hat die Mildtätigkeit fast ausschließlich mit Kastenrechten zu tun. Einer der Gründe, warum es auf Gor so wenig Gesetzlose gibt, liegt zweifellos in dem Umstand, daß der Geächtete durch sein Tun Kastenrechte aufgibt. Die Sklaven besitzen natürlich von vornherein keinerlei Kastenrechte. Sie stehen außerhalb der gesellschaftlichen Strukturen. Es heißt auf Gor, daß nur die Sklaven, Gesetzlosen und Priesterkönige – die im fernen Sardar-Gebirge leben und angeblich die Herrscher Gors sind – keine Kastenzugehörigkeit besitzen. Dies ist natürlich nur eine Binsenwahrheit. Zum Beispiel gibt es Individuen, die die Kastenzugehörigkeit verloren haben oder ausgestoßen wurden; andere sind außerhalb einer Kaste geboren worden; dann wieder gibt es Tätigkeiten, die traditionsgemäß nichts mit einer Kaste zu tun haben, beispielsweise die Gärtnerei, der Dienst im Haushalt und das Herdentreiben; und tatsächlich gibt es auf Gor ganze Kulturen und Völkerscharen, denen Kasten fremd sind. In ähnlicher Weise sind die Grenzen zwischen den Kasten zuweilen ungenau bestimmt, ebenso die Beziehungen zwischen Kasten und Unter-Kasten. So halten sich Sklavenhändler zuweilen für Mitglieder der Kaufmannskaste, manchmal allerdings auch für eine getrennte Gruppe. Sie haben eigene Farben, Blau und Gelb, während die Kaufleute sich mit Weiß und Gold schmücken. Es soll nicht verschwiegen sein, daß es Methoden gibt, die Kaste zu wechseln oder seinen Status zu verbessern, doch nutzt der Goreaner so etwas selten aus. Den meistens ist der Gedanke, die Kaste zu wechseln, fremd. Sie sind im allgemeinen viel zu stolz auf ihre Kaste, die viel zu sehr ein Teil ihres Lebens ist, als daß sie sich jemals davon lösen könnten. Jeder weiß, daß die Kasten, jedenfalls die meisten, nützliche, löbliche, nötige Funktionen erfüllen. So verschwendet der Lederarbeiter keine Zeit darauf, den Metallarbeiter zu beneiden, oder der Metallarbeiter den Lederarbeiter oder beide die Tuchwirker, und so weiter. Alle brauchen Sandalen und Geldbörsen und Kleidung und metallenes Werkzeug. Allerdings hält jeder die eigene Kaste für etwas Besonderes, für etwas, das den anderen vielleicht ein wenig vorzuziehen wäre. Dieser Kastenstolz bringt es mit sich, daß die meisten Goreaner mit ihren Kasten äußerst zufrieden sind. Ich bin sicher, daß die Kastenstruktur viel zur Stabilität der goreanischen Gesellschaft beiträgt. Unter anderem mindert sie das Chaos des Wettbewerbs im sozialen und wirtschaftlichen Bereich und verhindert die Polarisierung von Intelligenz und Ehrgeiz auf eine kleine Anzahl begehrter Prestigeberufe. Wenn man von den Ergebnissen großer Kaissa-Turniere ausgeht – wohlgemerkt: Amateurturniere, an denen keine Mitglieder der Spielerkaste teilnehmen –, dann gibt es kluge Männer in den meisten Kasten.
»Ist das Parfum für Lady Kita aus Bazi fertig?« rief Turbus Veminius nach hinten.
»Nein!« antwortete eine Stimme.
»Laß dir Zeit«, rief Turbus Veminius. »Das Parfum muß vollkommen sein!«
Turbus Veminius wandte sich daraufhin streng an Lady Kita, eine kleine zierliche braunhäutige Frau, die einen dünnen gelben Schleier trug, wie er in Bazi gebräuchlich war. Sie trat einen Schritt zurück. »Wann sollte dein Parfum fertig sein, Lady Kita?« fragte sie. Die beiden großen, dunkelhäutigen Wächter, die mit verschränkten Armen hinter ihr standen, schienen ihn nicht im geringsten zu stören.
»Zur fünfzehnten Ahn«, antwortete sie schüchtern.
»Wir haben jetzt die vierzehnte Ahn«, murrte er und warf einen vielsagenden Blick auf die Wasseruhr, die rechts von ihm auf der Theke stand.
»Ich bin zu früh gekommen«, sagte sie.
»Offensichtlich. Sei zur fünfzehnten Ahn wieder zur Stelle.«
»Jawohl, Turbus«, sagte sie, machte kehrt und eilte mit ihren Wächtern hinaus.
Turbus Veminius schaute ihr nach. Wie viele Parfumhersteller und Kosmetiker, behandelte er seine Kundinnen beinah wie Sklavinnen. Er war berühmt für den Ausspruch: »Es sind doch alles nur Sklavinnen.« Obwohl sie barsch und autoritär behandelt wurden, strömten die Frauen von hoher Kaste nur so in seinen Laden – ich verstand das nicht. Natürlich gehörte er zu den führenden Parfumherstellern Ars und hatte Preise, die nur für die Vermögendsten der Vermögenden erschwinglich waren. Außerdem gab es in seinem Laden kein Sklavenparfum
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