GOR-Zyklus 15 - Der Schurke von Gor
endlich einschliefen, kamen die Träume. Sie betrafen in der Regel die eine oder andere zarte, warme Sklavin, die uns Gesellschaft leistete – aber eben nur im Traum. Beim Erwachen lagen wir allein im kalten Stroh oder auf den Steinen und spürten das feuchte, kalte schwere Eisen unserer Ketten. In meinen Träumen erschien vor allem ein Mädchen, die ehemalige Miß Henderson.
»Nicht nachlassen, ihr Sleen!« brüllte der Pirat und ließ die Peitsche knallen. »Arbeitet, arbeitet!«
In den letzten Tagen hatten wir das Wassertor oft geöffnet und geschlossen. Ich vermutete, daß diese Arbeit im wesentlichen auf das Kommen und Gehen von Kundschafterschiffen und Versorgungs- und Ausrüstungsbooten zurückging. Bis dann gestern das Tor etwas vier Ahn lang offen gestanden hatte. Ich ging davon aus, daß die Flotte des Policrates aufgebrochen war. Im Festsaal hatte ich, kurz bevor ich hinausgeschafft wurde, seine Bemerkung zu Kliomenes gehört, er wolle die Flotte nach Osten führen. Vermutlich hatte er das jetzt getan. Bestimmt wollte er die Städte des Ostens davon abhalten, ein Bündnis zu bilden und Schiffe zur Kette westlich von Port Cos zu entsenden, mit dem Ziel, Ragnar Voskjard aufzuhalten.
»Weiter!« brüllte der Pirat.
Während ich mühselig um die Winde trottete und mich kraftvoll gegen den Windenstempel stemmte, sah ich seitlich an der Wand zwei weitere Gefangenengruppen lagern; sie waren hinter der Wasserrinne kaum auszumachen. Es waren die Reservemannschaften. Niemand war hier unentbehrlich. Diese Erkenntnis spielte zweifellos eine große Rolle bei der Durchsetzung der Ordnung in diesem Raum. Wir wußten, daß jeder von uns auf eine Laune des Wächters von der Kette genommen werden konnte.
»Halt!« rief der Pirat. Das Tor war offen, und wir hielten inne. Er brachte den Bremskeil an, der verhinderte, daß das Tor zurückglitt. Schräg über uns pendelten die Gegengewichte an ihren Ketten. Wir kehrten unsere Position an den Stangen um, indem wir uns darunter hindurchduckten und die Ösen, an denen die Ketten befestigt waren, mit herumdrehten. Nun standen wir bereit, das Tor wieder hinabzulassen. Ich folgte dem Beispiel etlicher Leidensgenossen und legte den Kopf auf die Windenstange. Es ist anstrengend, das Tor zu heben. Draußen erreichten oder verließen vermutlich ein oder mehrere Schiffe, Flußgaleeren, das seeähnliche Innenbecken der Festung des Policrates. Das Signal zum Bewegen des Tors wird von einem Wächter des westlichen Torturms gegeben, eines der beiden Bauwerke, die das Wassertor flankieren. Es ist ein akustisches Zeichen. Dementsprechend wird seine Echtheit selten angezweifelt. Eine Trompete oder ein Stangensignal kann jeder bedienen. Die Winde befand sich im Westturm.
Es tat gut, sich einmal ausruhen zu können.
Gestern hatte das Tor vier Ahn lang offengestanden, und ich schloß daraus, daß die Flotte ausgelaufen war. Und daß Policrates seine Schiffe begleitet hatte. Die anstehende Aufgabe war zu wichtig, als daß er sie Untergebenen anvertrauen konnte. Vermutlich führte Kliomenes dafür nun die Aufsicht über die Festung. Wenigstens hoffte ich das.
»Gleich wird das Tor wieder geschlossen«, sagte der Pirat. »Haltet euch bereit.« Das Tor zu schließen geht schneller, doch wegen der Gewichte und dem Druck der Winde, die auf jeden Fall festgehalten werden muß, ist ebenfalls eine erhebliche Anstrengung erforderlich. Will man das Tor übrigens extrem schnell herabfallen lassen, wie es bei der Zerschmetterung meiner Galeere geschah, braucht man nur eines der Gegengewichte zu lösen. Die Stempel, mit denen die Winde normalerweise gedreht wird, müßten dazu natürlich gelöst werden. Geschähe dies nicht, würden die Stangen mit der rotierenden Winde auf das Unangenehmste herumrasen. Dies wäre natürlich äußerst gefährlich für jeden, der sich im Drehbereich der Stangen befände. Wie schon angemerkt, gibt es zwei Gegengewichte. Es genügt bereits, eines zu lösen, um das Tor herunterrasseln zu lassen. Würde man beide entfernen, könnte das Tor selbst Schaden nehmen.
»Fertig!« rief der Pirat.
Ich hob den Kopf. Ein goldener Lichtstreifen drang herab und fiel weich in den großen Raum. Unzählige goldene Staubkörner wirbelten darin. Ein schöner Anblick. Ich registrierte außerdem, daß das Fenster dort oben zu schmal war, um einen Mann hindurchzulassen.
»Ich habe Policrates persönlich zum Narren gehalten«, sagte ich zu dem Mann neben mir. »Ich brachte ihm den Topas. Er
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