GOR-Zyklus 16 - Der Leibwächter von Gor
sinken!« rief Ragnar Voskjard und versuchte sich zu befreien, vergeblich.
»Seid gegrüßt!« rief ich fröhlich zu Callimachus und Tasdron hinunter, die, mit anderen Männern in einem Ruderboot sitzend, längsseits gekommen waren. Ich hatte die Annäherung seit einiger Zeit verfolgt.
»Was hast du denn da oben?«
»Zwei hübsche verschnürte Urts«, antwortete ich. »Ob sich wohl Eisenkragen für sie finden lassen?«
»An Land«, antwortete Callimachus. »Wir sperren sie zu den anderen.«
Ich blickte in das Boot hinab. »Wie ich sehe, hast du dir zwei Tuniken erobert«, sagte ich.
»Policrates war so nett, mir die seine zu überlassen«, antwortete Callimachus und deutete in den Bug des Beibootes. Dort lagen Policrates und Callisthenes nackt und gefesselt nebeneinander.
»Ob sie ihre Wunden überleben?« fragte ich.
»Ich habe sie nicht tödlich verwundet«, antwortete Callimachus. »Sie werden also in den Genuß der Steinbrüche oder der Ruderbank kommen.«
Ich beneidete Policrates und Callisthenes, Kliomenes und Ragnar Voskjard nicht. In den Steinbrüchen und auf den Galeeren sind die Ketten schwer und die Peitschen schnell zur Hand.
»Komm an Bord!« sagte Callimachus und streckte mir die Hand entgegen.
17
Sie heißt die Straße der zuckenden Sklavin. Sie ist dunkel und schmal und zieht sich in engen Windungen vom Hafen empor. Hier versuchen die meisten Münz-Mädchen, von ihren Herren losgeschickt, ihr Geld zu verdienen.
Heute war es schon spät; die meisten dieser Mädchen waren schon wieder hinter die verschlossenen Türen ihrer Herren zurückgekehrt.
In unübersichtlichen Kurven zieht sich die Straße der zuckenden Sklavin durch einen Handelsdistrikt und nähert sich einem hügeligen Wohnbezirk. Freie Frauen lassen sich selten hier sehen.
Wenn ich die Hände ausstreckte, konnte ich beinahe die ganze Breite der Gasse überbrücken.
Ich glaubte ein Läuten zu hören und lächelte. Es war spät für ein Münz-Mädchen.
In der Nähe einer winzigen Tharlarionöl-Lampe blieb ich stehen. Sie hing etwa einen Meter über meinem Kopf und befand sich in einer kleinen Nische. Lampen dieser Art erhellten die Straße. Die Anwohner wechseln sich beim Nachfüllen und Ausbessern dieser Lampen ab. Wie bei vielen solchen Dingen, etwa bei der Straßenreinigung oder Ausbesserung, liegt die Verantwortung beim einzelnen und nicht bei der Gemeinschaft. So gesehen, werden die goreanischen Steuern auf die denkbar direkteste Weise erhoben, durch den Bürger selbst, für Dinge, die ihn selbst betreffen. Dritte sind gar nicht erst eingeschaltet, so daß jeder genau weiß, um wieviel Geld es geht und wie es ausgegeben wird.
Wieder hörte ich das Glöckchen und mußte lächeln. Weiter erstieg ich die Straße. Durch die Sohlen meiner Sandalen spürte ich das rauhe Kopfsteinpflaster.
Ich kam um eine Ecke und erblickte sie; sie waren noch etwa fünfzig Meter entfernt und kamen mir entgegen; dabei näherten sie sich einer der kleinen Tharlarionöl-Lampen. Unter der Lampe wurde das Mädchen, das an der Leine lief, angehalten und blieb stocksteif stehen, um meine Annäherung abzuwarten. Beide Mädchen trugen kurze Sklaventuniken und waren barfuß. Die Begegnung erfolgte gewiß rein zufällig.
»Oh!« murmelte ich und blieb plötzlich stehen, als sei mir im Vorbeigehen etwas eingefallen. Ich wirkte wie ein Mann, der, aus seinen Gedanken gerissen, die Mädchen eben erst gewahrt. Ich schien mir das angebundene Mädchen genau anzuschauen, als versuchte ich sie wiederzuerkennen.
Im gelbflackernden Licht der Lampe betrachtete ich sie – klein, schlank, gut gebaut, schön. Die an der Hüfte von einem Gürtel zusammengehaltene Tunika war braun und bestand aus eng haftendem dünnen Reptuch. Sie trug einen weiten Ausschnitt zur Schau. Um den Hals lag eine Kette, an der zwei Gegenstände befestigt waren: eine schmale bronzene Glocke und ein Metallkästchen mit Münzschlitz und Verschluß. Ich hatte das Kästchen nicht klappern hören: Es schien leer zu sein. Die lange Lederleine, die von ihrem Metallkragen ausging, wurde von dem anderen Mädchen gehalten.
»Beverly!« flüsterte ich. »Bist du das?«
Sie antwortete nicht. In ihren Augen standen Tränen. Ihre Unterlippe bebte.
Das andere Mädchen zog zweimal energisch an der Leine.
»Darf ich dir gefallen, Herr?« fragte das erste Mädchen.
»Sie ist ein Münz-Mädchen«, sagte die Sklavin, die die Leine hielt.
»Für eine Tarsk-Münze gehöre ich dir«, fügte das
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