GOR-Zyklus 20 - Die Spieler von Gor
ihrer Wichtigkeit angemessen sein. Die Kostüme sind so gemacht, daß sie auf jeden Fall größer als das Leben selbst aussehen. Ich wußte nicht, ob der Mann ein Schauspieler war oder nur jemand, der dieses Kostüm im Karneval trug. Als er weiterging, fiel mir auf, daß die Maske am Hinterkopf einen anderen Ausdruck zeigte. Das findet man bei wenigen Masken; es ermöglicht, den Ausdruck zu wechseln, ohne eigens einen Maskenwechsel vornehmen zu müssen.
Ein Flaschenzugmacher, den ich aus dem Arsenal kannte und der der Kaissa-Champion des Arsenals war, stand von dem Kaissa-Brett der Bude auf. »Ein wunderbares Spiel«, sagte er und rieb sich verwundert den Kopf. »Ich wurde gedemütigt. Ich wurde am Boden zerstört. Ich weiß nicht einmal, wie er es gemacht hat. Er hat es in vierzehn Zügen geschafft! Er hat in vierzehn Zügen drei Steine gefangengenommen und hätte im nächsten Zug den Heimstein gehabt! Vielleicht waren es verbotene Züge. Vielleicht habe ich nicht alles gesehen, was er getan hat!«
»Versuch es noch einmal«, ermunterte ihn der Dicke, der mit der Bühne zu tun hatte und dem anscheinend auch die Kaissa-Bude gehörte. »Vielleicht wird sich dein Glück ändern!«
Aber der Flaschenzugmacher verschwand in der Menge.
»Warum hast du das getan?« fragte der Dicke den Mann hinter dem Spielbrett.
»Er dachte, er könnte Kaissa spielen«, sagte der Spieler.
»Wieviel hast du heute abend eingenommen?« fragte der Dicke wütend und deutete auf das verschlossene Kupferkästchen mit dem Münzschlitz in der Mitte, das an dem niedrigen Kaissa-Tisch festgekettet war.
Der Spieler ordnete die Spielsteine.
Der Dicke nahm das Kästchen, schüttelte es und versuchte, seinen Inhalt zu schätzen. »Vier, fünf Tarskstücke?« fragte er. Nach dem Klang der in dem Kästchen umherfliegenden Münzen zu urteilen, konnten es nicht viele sein.
»Drei«, sagte der Spieler.
»Du hättest ihn mindestens zwanzig Züge spielen lassen können!«
»Dazu hatte ich keine Lust.«
Interessanterweise trug der Mann hinter dem Spielbrett ein schwarzes Gewand und eine kapuzenähnliche Maske, die den ganzen Kopf verhüllte, und nicht das rotgelbkarierte Gewand der Kaste der Spieler. Also gehörte er der Kaste nicht an. Hätte er zu den Spielern gehört, hätte er zweifellos das Kastengewand getragen, denn die Mitglieder sind sehr stolz auf ihre Kaste. Doch wie ich eben gehört hatte, mußten seine Fähigkeiten beträchtlich sein. Anscheinend war der Arsenal-Champion, einer der besten zwanzig oder dreißig Spieler von Port Kar, kein Gegner für ihn gewesen. Vielleicht hatte er ja verbotene Züge benutzt. Das schien wahrscheinlicher zu sein als die Tatsache, daß ein Mann wie er, der mit Schauspielern und Gauklern zu tun hatte, den Arsenal-Champion geschlagen hatte. Andererseits war Karneval. Vielleicht war der Champion betrunken gewesen.
»Wenn das Spiel für die Herausforderer nicht verlockend ist, wenn sie nicht der Überzeugung sind, daß sie ernsthaft spielen, werden sie kein zweites oder drittes Spiel wollen«, sagte der Dicke. »Sie sollen aber zurückkommen! Sie sollen sich um das Brett drängeln! So verdienen wir unser Geld!«
Gewöhnlich kostet ein Spiel einen Betrag in der Spanne zwischen einem Tarskstück und einem Kupfertarsk. Gewinnt der Herausforderer, kostet das Spiel gar nichts. Manchmal nagelt man einen Kupfertarsk oder sogar einen Silbertarsk an eine der Stützsäulen der Bude. Die kann der Herausforderer bei einem Sieg gewinnen; erspielt er ein Unentschieden, ist das Spiel kostenlos. Das ist so üblich, weil ein geübter Spieler allein durch klugen Schlagabtausch und durchdachte Plazierungen ein Unentschieden erringen kann. Natürlich ist mit einem Spiel auf Unentschieden ein wesentlich geringeres Risiko verbunden. Konservative Spieler, die in einem Turnier vorn liegen, benutzten diese Strategie – oftmals zur Wut der Zuschauer und ihrer Gegner –, um ihren Vorsprung zu schützen. Ein Sieg ergibt einen Punkt, bei Gleichstand erhält jeder Spieler einen halben Punkt.
»Du mußt auch einmal verlieren können«, sagte der Dicke. »Dann kommen sie zurück. Und so werden wir, auf lange Sicht gesehen, auch mehr Geld verdienen!«
»Ich spiele, um zu gewinnen«, sagte der Spieler und sah auf das Brett.
»Ich möchte wissen, warum ich mir das von dir gefallen lasse! Du bist nichts anderes als ein Handlanger und Vagabund!«
Ich sah mir die Stellung der Spielsteine an. Der Maskierte hatte keine Eröffnungsposition als
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