GOR-Zyklus 20 - Die Spieler von Gor
unerwartet auf Petrucchio und dessen Gefährtinnen gestoßen und sahen sich nun verblüfft an.
»Hinfort, aber schnell!« rief Petrucchio und schwang das große Schwert erneut, was die Mädchen hinter ihm veranlaßte, sich wieder tief zu ducken.
»Aber edler Freund«, rief Chino aus sicherer Entfernung, »wir sind doch bloß bescheidene Schneidergesellen.«
»Versucht nicht, Petrucchio zu täuschen, den Kapitän aus Turia!« rief Petrucchio. »Für ihn sind eure Verkleidungen, so geschickt sie auch ersonnen sein mögen, um andere zu täuschen, so durchsichtig und fadenscheinig wie der Schleier von Anango!« In der nördlichen Hemisphäre stellt der Petrucchio meistens einen Kapitän aus Turia dar, einer fernen Stadt. Wie ich gehört habe, ist er in der südlichen Hemisphäre ein Kapitän aus Ar. Wichtig dabei ist nur, daß er aus einer großen und beeindruckenden Stadt kommt, die gewisse Erwartungen oder Neid schürt und gleichzeitig weit entfernt liegt. Es fällt einem immer leichter zu glauben, daß Leute aus der Ferne prahlerische Feiglinge sind. Man hat ihnen nur selten in der Schlacht gegenübergestanden. Die Wahl einer fernen Stadt hat auch den Vorteil, daß es ziemlich unwahrscheinlich ist, daß sich Bürger dieser Stadt im Publikum befinden; allerdings verstehen die meisten Goreaner, was auf der Bühne vor sich geht, und genießen die Farce, selbst wenn der Kapitän einer der Ihren sein sollte.
Zufälligerweise wiesen mich meine Ausweispapiere, die mir Zugang zu dem Bankettsaal verschafft hatten, als Bürger Turias aus. Die Papiere hatte mir ein Bursche geliehen, dem ich genug Tassapulver verabreicht hatte, daß ein Kailiauk mehrere Ahn lang außer Gefecht gewesen wäre. Um ganz sicher zu sein, hatte ich ihn gefesselt und geknebelt in einen Wandschrank gesperrt. Dort würde ihn vermutlich der Reinigungssklave am nächsten oder spätestens übernächsten Tag finden.
Die Anspielung auf den ›Schleier von Anango‹ bezog sich natürlich auf den Schleier der bekannten Farce ›Der Schleier von Anango‹. Tatsächlich war dies das meistgespielte Stück in Boots' Repertoire. Normalerweise schlüpfte die Figur der Brigella – wie bereits erwähnt, dient der Rollenname meistens zugleich auch als Name der betreffenden Sklavin – in die weibliche Hauptrolle dieses Stückes, aber jetzt hatte Boots' Sklavin Lady Telitsia diese Rolle übernommen.
»Du siehst unsere Kleidung«, protestierte Chino. »Sie ist eindeutig die der Schneiderzunft.«
»Genau«, bestätigte Lecchio.
»Ha!« rief Petrucchio skeptisch, stellte aber die Spitze des langen Holzschwertes auf die Bühne, reichte mit der Hand unter die langnasige Halbmaske und begann charakteristischerweise die eine Hälfte des riesigen, furchterregenden Schnurrbarts zu zwirbeln.
»Und hier sind unsere Rucksäcke!« rief Chino und nahm den Rucksack ab.
»Zweifellos mit Waffen vollgestopft«, vermutete Petrucchio und zwirbelte den Schnurrbart.
Die Mädchen in den Gewändern der Verhüllung, die noch immer hinter Petrucchio kauerten, schrien ängstlich auf.
»Zittert nicht vor Angst, meine Lieben«, sagte Petrucchio beruhigend. »In der Tat, es ist nicht einmal angebracht zu erbeben, es sei denn, es bereitet euch Vergnügen. Ihr könnt sogar ganz ruhig atmen, wenn ihr wollt, denn so sicher ihr in euren Betten innerhalb eurer Steinfestungen wart, beschützt von der Aufmerksamkeit tausend tapferer Wärter, so sicher seid ihr hier – ach was, noch sicherer, denn obwohl ihr euch auf einer Landstraße befindet, steht ihr hinter den stählernen Mauern, die meine Klinge webt!«
»Mein Held!« rief die erste.
»Mein Held!« rief die zweite.
»Mein Held!« rief die dritte.
Chino und Lecchio sahen sich an.
Petrucchio wandte sich schnurrbartzwirbelnd vertraulich ans Publikum. »Falls jemand noch immer nicht weiß, was hier vorgeht«, sagte er, »ich bin Petrucchio, ein Kapitän aus Turia, und die drei edlen Damen von hohem Rang und adliger Geburt hinter mir stehen unter meinem Schutz.«
Das Publikum lachte. Alle wußten natürlich, daß es sich bei den Mädchen um Sklavinnen handelte. Schließlich standen sie auf einer Bühne. Es waren Rowena, Lady Telitsia und Bina. Im Publikum saßen nur Männer. Zur rechten Hand Belnars, des Ubars von Brundisium, war allerdings noch ein Platz frei. Ich hatte Belnar schon einmal gesehen, und zwar damals in der Ubarloge über der Arenagrube. Er war ein dicker, schmierig aussehender Bursche. Zu seiner linken Hand saß Flaminius,
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