GOR-Zyklus 24 - Die Vagabunden von Gor
der Holmesk-Straße aufeinandertrafen, vielleicht in der Nähe von Teslit, etwa auf halbem Weg zwischen dem Vosk und Holmesk. Ich musterte die Straße. Es hieß, hier hätte vor langer Zeit eine Schlacht stattgefunden, vor mehr als zweihundert Jahren, die Schlacht von Teslit, die zwischen den Streitkräften von Ven und Harfax ausgetragen wurde. Viele wissen nicht einmal, daß es dort überhaupt ein Dorf gibt. Und doch hatte dieses in der Nähe befindliche Dorf der Schlacht ihren Namen verliehen. Derartige historische Details muten oft eigentümlich an.
Ich lauschte einen Augenblick lang, und es kam mir so vor, als könnte ich von dort unten und zugleich aus weiter Ferne, wie aus einer anderen Zeit, ganz schwach das Schmettern der Trompeten und das Dröhnen der Trommeln hören, die Schreie der Männer und das Klirren von Stahl. Einst war diese friedliche Straße, dieses staubige Band zwischen den Grasfeldern, von Blut getränkt worden. Aber dann war da nur wieder diese Stille und die staubige Straße, die nach Norden führte.
Tatsächlich befand sich das Heerlager von Ar an derselben Stelle wie das Lager von Harfax zweihundert Jahre zuvor. So etwas ist kein Zufall. Es hat mit dem Gelände, dem Wasser, den Verteidigungsmöglichkeiten und dergleichen zu tun. Das Territorium, sein Gefälle, seine Quellen, seine Flüsse, ihre Breite und Tiefe, ihre Strömungsgeschwindigkeit, ihre Furten, das Klima, die Jahreszeit, die Sichtweiten, der Niederschlag, das alles bestimmt das vierdimensionale Brett, auf dem das Spiel des Krieges stattfindet. Es ist kein Wunder, daß gute Soldaten oftmals scharfsinnige Historiker sind, die eingehend Karten und Feldzüge studieren. Gewisse Routen, Situationen und Jahreszeiten sind optimal für bestimmte Zwecke, während andere es wiederum nicht sind und sich sogar als verhängnisvoll erweisen können. So wurden zum Beispiel auf Gor gewisse Pässe immer wieder benutzt. Sie sind einfach die beste Verbindung zwischen wichtigen Punkten. Hier finden sich die Inschriften oder Zeichen Dutzender Heere, die im Verlauf von Jahrhunderten – manche sprechen sogar von dreitausend Jahren – dort eingeritzt wurden.
Ich hielt mich seit fünf Tagen in dieser Gegend auf und hatte ein kleines, getarntes Lager aufgeschlagen, von dem aus ich die Straße überblicken konnte. Am Morgen nach meinem kleinen Zusammenstoß mit dem gefürchteten Borton in dem Paga-Ausschank hatte ich einer Suchmannschaft freiwillig meine Hilfe angeboten und war auch willkommen geheißen worden; man hatte sie zusammengestellt, um in südlicher Richtung nach dem ›Spion‹ und ›Dieb‹ zu suchen. Wie ich erfreulicherweise vermelden kann, blieben sie erfolglos. Außer mir setzte sich die Gruppe aus fünf Männern zusammen, Söldnern, die von einem cosischen Berufssoldaten angeführt wurden. Sie hatten mich erfreut bei sich aufgenommen, da es schwierig war, Freiwillige für die Suche im Süden zu finden, dort, wo angeblich das Heer von Ar stand. Ich hatte erklärt, mich ihnen gern anzuschließen, vor allem, da mich meine Geschäfte in diese Richtung führten. Des weiteren gestand ich ihnen, wie erfreut ich war, zumindest eine Zeitlang von ihrem Schutz profitieren zu können. Das entsprach mehr der Wahrheit, als sie ahnten. Sie schützten mich vor der Suche, was allein schon unbezahlbar war, ganz zu schweigen vor den plötzlichen Angriffen der cosischen Tarnsmänner, die oft aus heiterem Himmel erfolgen. Außerdem war es schön, am hellichten Tag offen reisen zu können. Als sie es nach drei Tagen eilig hatten, zur Truppe zurückzukehren – vor allem da sie am Himmel zwei Tarnpatrouillen aus Ar gesehen hatten –, verabschiedete ich mich von ihnen und ging allein weiter.
Die Straße unter mir schien so leer wie zuvor.
Ich hatte mein Lager in den Hang eines kleinen, mit Büschen bewachsenen Hügels westlich der Straße gegraben. Die Neigung des Hügels sorgte dafür, daß der waagerechte Einschnitt nicht auffiel. Ein Nadelbaum bot einen beinahe vollständigen Sichtschutz nach oben.
Ich beobachtete die Straße.
Es gab in Teslit noch einige wenige Hütten, deren Bewohner bis jetzt nicht geflohen waren; in einer von ihnen hatte ich übernachtet und mit einem Mann und zwei seiner Söhne den Kessel geteilt. Ich hatte Fragen gestellt, einige Vorräte eingekauft und war am Morgen weitergezogen. Nach einer Ahn hatte ich natürlich die Richtung gewechselt und mein jetziges Lager bezogen.
Die Sonne schien warm.
Ich hatte damit gerechnet,
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