GOR-Zyklus 25 - Die Zauberer von Gor
sieht dein Plan aus? Den Platz anzugreifen, auf dem der Heimstein wieder ausgestellt werden wird, falls sich Seremides dazu entschließt, ihn dem Spott der Öffentlichkeit preiszugeben?«
»Das wird er«, sagte ich.
»Und welchen Angriffsplan hast du dir ausgedacht?«
»Ich habe nicht vor, irgend etwas anzugreifen.«
»Wie willst du denn sonst an ihn herankommen?«
»Ich habe vor, ihn von jemandem mitnehmen zu lassen.«
»Mitnehmen? Glaubst du nicht, daß sie ihn vermissen werden?«
»Nein.«
»Warum nicht.«
»Weil er noch immer da sein wird.«
»Du bist verrückt«, sagte Marcus.
16
»Wohin ist sie verschwunden?« rief ein Zuschauer.
»Ich traue meinen Augen nicht!« sagte Marcus. »Sie saß doch noch eben in der Sänfte!«
Ich machte bloß: »Pst!«
»Ich begreife nicht, was ich da gesehen habe.«
Marcus und ich standen in der Grube, Schulter an Schulter mit den anderen Zuschauern vor der niedrigen Bühne. Für diejenigen, die Lust hatten, statt einem zwei Tarskstücke Eintritt zu bezahlen, erhoben sich hinter uns mehrere Sitzreihen.
Die vier modisch gekleideten Burschen mit den Turbanen trugen die Sänfte mit den jetzt offenen Vorhängen von der Bühne, als wäre nichts geschehen.
»Sie ist verschwunden!« sagte ein Mann verblüfft; der Kleidung nach gehörte er zur Kaste der Schriftgelehrten.
»Aber wohin bloß?« fragte ein anderer Zuschauer, offensichtlich ein Metzger.
»Sie kann sich doch nicht in Luft auflösen.« Das kam von einem Mann, der links von uns stand, einem Bauern.
»Und doch hat sie genau das getan«, sagte ein Hirte.
Wir befanden uns in einem kleinen, schäbigen Theater. Die Vorderbühne war offen. Der Saal hatte einen Durchmesser von etwa zwanzig Metern. Es war das vierte Etablissement dieser Art, das wir an diesem Abend besuchten. Draußen auf den Straßen gab es genügend andere Vergnügungsstätten; aufgebaute Buden, in denen meistens Zauberkunststücke mit kleinen Gegenständen wie Ostraka, Ringen, Schals oder Münzen vorgeführt wurden. Ich sehe mir derartige Vorführungen gern an und bin ein großer Bewunderer der Geschicklichkeit, Beweglichkeit und des Könnens, die dafür nötig sind.
»O je!« rief der dicke Kerl, der auf der Bühne herumwatschelte, der sich aber, wenn man genau hinsah, trotz seines Gewichts mit einer gewissen Leichtfüßigkeit und Anmut bewegte. »Sollte ich meine Sklavin verloren haben?«
»Finde sie!« rief ein Zuschauer.
»Genau!« rief der Kaufmann.
Die Rufer meinten das todernst. Davon war ich fest überzeugt. Vielleicht sollte ich in diesem Zusammenhang erwähnen, daß viele Goreaner, vor allem die Angehörigen der niederen Kasten, die im allgemeinen lediglich Zugang zu einer ›Grundbildung‹ haben, solche Dinge sehr ernst nehmen und fest davon überzeugt sind, nicht etwa Zeugen von Zauberkunststücken, Taschenspielertricks und Sinnestäuschungen, sondern von unerklärlichen Phänomenen geworden zu sein, die das Werk ungewöhnlicher Persönlichkeiten wie Zauberer und Magier sind. Für diese Arglosigkeit sind ohne jeden Zweifel mehrere Faktoren verantwortlich zu machen, wie zum Beispiel die Primitivität dieser Welt, die Isolation der Städte und die eingeschränkten, mühseligen Kommunikationswege.
Davon abgesehen neigt der Goreaner dazu, die Welt weder als ein aus voneinander abhängigen Teilen zusammengesetztes Uhrwerk noch als große, vorhersehbar arbeitende Maschine zu betrachten; sie ist für ihn auch kein sich jeder Erklärung und Ordnung entziehendes, bedeutungsloses und zufälliges Spiel. Er würde das Geheimnis der Welt eher mit der fundamentalen Metapher des Baumes mit den starken Wurzeln oder der Blume beschreiben. Für ihn ist die Welt real und lebendig. Er bemalt seine Schiffe sogar mit Augen, damit sie sehen können. Und wenn er schon so über seine Fahrzeuge denkt, wie muß ihm dann zumute sein, welche Ehrfurcht und Andacht wird er empfinden, wenn er über die Großartigkeit, die Macht und die Schönheit dessen nachsinnt, in dem er sich wiederfindet? Warum gibt es die Schöpfung überhaupt? Warum herrscht nicht das Nichts? Wäre das ›Nichts‹ nicht viel wahrscheinlicher, rationaler, wissenschaftlicher? Wann begann die Zeit? Wo endet der Raum? An einer Linie, der Oberfläche einer Kugel? Erzwingen erst unsere Definitionen die Realität?
Der Goreaner sieht die Welt weniger als ein Rätsel, sondern vielmehr als Gelegenheit, als eine Beute, an der man sich erfreut; weniger als ein Problem, das seiner Lösung
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