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Gordon

Gordon

Titel: Gordon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Templeton
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beschloss, mich nicht zu sträuben und die Sache hinter mich zu bringen, aber ich konnte mich nicht beherrschen. Mich packte eine noch heftigere Wut als bei der ersten Gelegenheit, und ich wehrte mich, wenn überhaupt, dann noch verbissener als am anderen Abend. Diesmal aber unter größeren Schmerzen, denn als ich versuchte, mich aus seiner Umklammerung zu winden, stießen meine Knochen und scheuerte mein Fleisch gegen die schartigen, kantigen Holzstücke, auf denen er mich zu liegen zwang. Es war so, als ob der »Friedhof« ihm bei der Vergewaltigung assistierte, indem er mich mit Schlägen von allen Seiten gefügig machte.
    Wieder erreichte er seine Befriedigung in einer knappen Minute, und wieder entfernte er sich von mir und begann, auf die denkbar unbeteiligtste Weise im Hof auf und ab zu gehen und den Himmel, die Dächer und die Schornsteine zu betrachten.
    Als er das jenseitige Ende des Hofes erreicht hatte und mir den Rücken zukehrte, ging ich, vorsichtig, damit meine Absätze nicht klapperten, zum Torbogen, rannte durch die Passage und auf die Straße hinaus und wandte mich zur Shaftesbury Avenue, wo ich einen Bus nehmen wollte.
    Ich hörte Schritte hinter mir; sie kamen immer näher. Ein Unbekannter überholte mich und warf mir dabei einen langen Blick zu. Ich wechselte auf die andere Straßenseite und atmete tief ein und aus, um das Hämmern meines Herzens zu beruhigen. Die Knie zitterten mir so sehr, dass sie bei jedem Schritt aneinander stießen.
    Als ich die Ecke Frith Street und Shaftesbury Avenue erreichte, schloss sich der wohl bekannte Griff um mein Handgelenk. Mein Körper hörte auf zu zittern, meine unregelmäßige Atmung beruhigte sich, und mein Herz pochte mir friedlich in der Brust.
    »Wir nehmen ein Taxi«, sagte Gordon, »es wird allmählich spät.« Und in die nörgelnde, nuschelige Cockney-Stimme verfallend: »Haben Sie mich mal wieder aufgehalten! Ihr seid fürchterlich, ihr Weiber. Ihr seid nichts für einen anständigen Christenmenschen!«
    Er hielt ein Taxi an, und wir stiegen ein und sprachen während der ganzen Fahrt kein Wort.
    Einmal warf ich ihm einen Blick zu, als ich sein Feuerzeug klicken hörte, und ich sah sein Profil im Licht der Flamme und den flackernden Glanz auf seinem Messing-Etui. Er bot mir keine Zigarette an.
    Er bot mir nie Zigaretten an; wenn ich eine wollte, musste ich ihn darum bitten. Und ich selbst nahm inzwischen nie Zigaretten mit. Ich hatte damit aufgehört, als er mir gesagt hatte, es gehöre sich für eine Frau nicht, ein Päckchen Zigaretten in der Handtasche zu haben, und er würde mir ein goldenes Etui schenken, sobald er sich in der Harley Street niedergelassen haben würde. Ich wollte kein goldenes Etui; ich hätte eines aus Schildpatt vorgezogen, in Gold gefasst und mit einer Rubinschließe, passend zu der Puderdose, die meine Mutter mir geschenkt hatte, aber ich wusste, dass er, wenn die Zeit käme, selbst entscheiden würde, was ich bekommen sollte.
    Leonie Beck wohnte in der Upper Harley Street, in einem dieser repräsentativen pflaumenfarbenen Backsteinhäuser aus den achtziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts.
    Es gab einen ältlichen Portier, einen von der unaufrichtig munteren Sorte, rüstig und hinterhältig, der wahrscheinlich auf dieselbe Weise redete wie Gordon ein paar Minuten zuvor mit seinem »Ihr seid fürchterlich, ihr Weiber!«; als wir hereinkamen, saß er in der Eingangshalle auf der auf Hochglanz polierten Bank und las eine Abendzeitung. Als wir in den Fahrstuhl einstiegen, dessen schmiedeeiserne Schiebetür er uns aufhielt, warf er mir einen Blick zu, ordnete seine Gesichtszüge zu einer starren Maske und presste die Lippen fest aufeinander. Es war ein Ausdruck der Missbilligung, der, kaum entstanden, unterdrückt wurde.
    Ich dachte mir, dass das Rouge auf meinen Lippen wahrscheinlich verschmiert sei, und während wir hinauffuhren, holte ich eilig meinen kleinen Taschenspiegel hervor und sah mich prüfend an. Es war nichts verschmiert; auf meinem Mund war eine Spur von Rouge, genauso viel, wie ich schon im Restaurant getragen hatte.
    Leonie Beck machte uns persönlich die Tür auf. Ich stellte mit verächtlicher Genugtuung fest, dass sie sich für den Abend herausgeputzt hatte. Sie trug schwarzen Satin und war reichlich mit Perlen und Strass geschmückt. Unter gegurrten Bemerkungen, wir kämen spät, seien aber nichtsdestotrotz herzlich willkommen und alle übrigen Gäste seien bereits da, führte sie uns zu einem

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