Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen
durch die Haut und das von grün schimmernden Adern durchzogene Fleisch und ragte anschließend eine Mannslänge weit in den Schlund hinein. Leuchtendes Blut schoss aus der Wunde. Der Leviathan wurde von ungeheurer Wut gepackt. Sein Brüllen glich einem nicht enden wollenden Donnern.
Die Mauern des äußeren Burghofs waren für ihn kein Hindernis. Sie zerbrachen unter der Wucht des massigen Körpers. Ein Ruck ging durch das Tier, als das riesenhafte Geschöpf mit voller Geschwindigkeit gegen das Mauerwerk prallte. Nicht nur Gorian wurde von den Füßen gerissen, und so viele Faustschläge konnten die Wollnashornreiter ihren Reittieren gar nicht geben, dass sie ruhig blieben.
Als sich das vordere Drittel des Leviathans im äußeren Burghof befand, riss das Ungetüm den Schlund weit auf. Gorian rappelte sich hoch. Er wich einer orxanischen Wurfaxt aus, dann rannte er ins Freie, verfolgt von den Wollnashörnern und den Fußkriegern. Er sprang zur Seite, bevor ihn der erste Wollnashornreiter beinahe über den Haufen ritt. Dessen langes, leicht gebogenes und vorn gespaltenes Kavalleristenschwert verfehlte ihn nur knapp. Die Waffe war wie geschaffen für einen Orxanier, um damit vom Rücken eines Wollnashorns aus Feinde zu erschlagen, und zwar vorzugsweise Menschen.
Gorian rollte auf dem Boden ab und schleuderte, einen Kraftschrei ausstoßend, sein Schwert. Die Klinge zerschnitt dem Wollnashorn eine Sehne am Bein und kehrte in Gorians Hand zurück. Das Reittier des Untoten brüllte auf, sein linkes Vorderbein knickte ein, und der Reiter sprang aus dem Sattel, aber noch ehe er wieder festen Stand bekam, hatte Gorian ihm den Schädel so tief gespalten, dass selbst ein Untoter kampfunfähig sein musste.
Der Körper des Frostkriegers sackte mit einem dumpfen Ächzen in sich zusammen, sein Schwert entfiel ihm.
Die Streitmacht drängte aus dem Inneren des Leviathans heraus. Grausige Szenen spielten sich am Maul des Riesenwurms ab. Stahl klirrte gegen Stahl, Todesschreie gellten. Hier und dort wurde Magie eingesetzt, und Kraftschreie mischten sich mit Schmerzenslauten.
Gorian kämpfte wie ein Berserker. Sein Schwert zuckte blitzschnell nach oben und nach unten, wehrte Wurfbeile, Pfeile und Hiebe ab. Aber die Schlacht war bereits verloren. Zu übermächtig waren die Angreifer. Selbst ein Heer von Ordensmeistern hätte kaum ausgereicht, um Morygors Kriegern über längere Zeit Widerstand leisten zu können, und es waren zum Großteil nur Schüler, die versuchten, dem Grauen Einhalt zu gebieten. Die Frostkrieger trieben ihre Wollnashörner in die Menge hinein und schlugen mit ihren gespaltenen Schwertern unerbittlich zu.
Überall herrschten Chaos und Panik.
Ein zweiter Leviathan durchbrach das Gemäuer. Eine feste Burg, die über Jahrtausende an diesem Platz gestanden hatte als Symbol der Sicherheit des Heiligen Reichs, zerfiel unter dem Druck eines massigen Leviathankörpers, aus dessen Schlund untote Wollnashornreiter preschten.
Schon hatten die ersten Reiter das Tor zum inneren Burghof erreicht und rammten mit den gewaltigen Hörnern ihrer Tiere dagegen. Andere Orxanier warfen Hakenseile in die Höhe, die sich an den Zinnen festkrallten, sodass sich die Angreifer mit einem barbarischen, Furcht einflößenden Brüllen emporziehen konnten.
Den Ersten wurden noch die Seile durchgeschnitten, sodass sie zurück in die Tiefe stürzten, aber die Übermacht war einfach zu groß, und so gelang es immer mehr Frostkriegern, die Mauer des inneren Burghofs zu überwinden, sodass sie auf den Brustwehren gegen die verbliebenen Verteidiger vorgingen.
Für Gorian ging es nun ums nackte Überleben. Seine Augen waren tiefschwarz. In der Rechten hielt er sein Schwert, in der Linken den Rächer, und mithilfe der Magie wehrte er gegen ihn gerichtete Schläge ab, wich Pfeilen aus, deren Beschuss er vorausahnte, oder schlug sie mit dem Schwert oder dem Rächer zur Seite.
Ein dritter Leviathan drängte durch das Gemäuer und ließ einen ganzen Turm einstürzen. Dann schob er sich weiter die Anhöhe empor bis zum inneren Burghof, drückte die Mauern des Seher-Hauses nieder und öffnete sein Maul, um die unzähligen Frostkrieger, die er in seinem Leib transportiert hatte, auszuspeien. Schlachtenlärm war nun auch von dort zu hören.
Der Mittelturm, die letzte Rückzugsmöglichkeit, stürzte ein, nachdem der Leviathan den vorderen Teil seines Körpers ein wenig zur Seite drehte. Selbst die magischen Blitze der Magieschüler konnten das
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