Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen
erinnerte.
Gorian schreckte hoch und sah unter sich ein Dutzend blutverschmierte orxanische Untote, die ihn anstarrten. Manchen hingen noch blutige Fetzen von Fell oder Haut von den Hauern, und es war nicht zu erkennen, ob diese Überreste unaussprechlicher Ritualpraktiken nur tierischen oder gar menschlichen Ursprungs waren.
Auch die Rüstungen, die Kleidung und die Waffen der Orxanier waren über und über mit Blut besudelt. Ein aasiger Geruch traf Gorian, wie er aus dem Schlund einer Waldhyäne nicht schlimmer sein konnte.
Die Amulette des Frostreichs waren vor lauter Blut kaum noch auszumachen. In den Augen der Wesen glühte ein unheimliches Feuer. Ein Hunger nach rohem Fleisch, nach Blut – und dem Leben selbst, das sie auf diese Weise in sich aufzunehmen hofften, auch wenn es kaum mehr als eine Scheinexistenz war, die sie dadurch erlangen konnten. Diejenigen, die sie einst gewesen waren, gab es schon längst nicht mehr, auch wenn ihre Körper sich bewegten. Sie waren zu etwas Bösartigem geworden, das jeden Betrachter vor Angst und Schrecken erstarren ließ.
Einer der Orxanier knurrte, schlug mit dem gespaltenen Schwert gegen die Waffe eines anderen Frostkriegers, und bald folgte einer nach dem anderen seinem Beispiel, sodass schon ein paar Augenblicke später ein rhythmisches Geklapper zu hören war. Das röchelnde Atmen wurde durch dumpfe Rufe abgelöst, Wörter in orxanischer Sprache, von denen Gorian nicht ein einziges verstand.
Seine Hand glitt zum Griff des Rächers, der einzigen Waffe, die er bei sich trug. Wie konnte es sein, dass er nichts davon bemerkt hatte, wie sich diese grausamen Gestalten um den Baum versammelten, auf dem er geschlafen hatte? Sein Vater wäre auf diese Weise kaum zu überraschen gewesen, aber dazu gehörte ein Maß an Geistesbeherrschung, zu der Gorian wohl noch nicht fähig war.
Er schätzte seine Möglichkeiten ab. Vielleicht konnte er einen oder zwei der blutbesudelten Krieger mit dem Rächer niederstrecken, aber die anderen würden ihn in Stücke reißen.
Bewahre Ruhe und sammle alles an Kraft, was du aufzubieten vermagst, versuchte er sich innerlich auf den bevorstehenden Angriff vorzubereiten. Zuerst kommt die Kontrolle des Geistes, dann die des Körpers und ganz zum Schluss erst die des Gegners oder der Umstände.
Seine Augen wurden schwarz.
Einer der Frostkrieger brüllte laut auf. Er klang in diesem Augenblick eher wie ein Tier. Die Gier nach dem Blut und dem rohen Fleisch seines Opfers war so stark, dass Gorian sie spüren konnte. Ein Schwall von grausigen Bildern überschwemmte für einen Augenblick seinen Geist: Hauer, die in blutige Körper geschlagen wurden, Fleischbrocken, die herausgerissen und in die Höhe geschleudert wurden, und die aufglühenden Augen der Untoten, deren durch Magie erzeugtes Scheinleben sich in etwas noch sehr viel Düstereres verwandelte.
Einer der Orxanier stampfte auf den Baum zu und kletterte den Stamm hinauf. Gorian sah den Schwerthieb voraus, wich zur Seite, und die Klinge fuhr dicht neben ihm ins Holz. Anstatt den Hieb abzulenken oder mithilfe der Magie zu schwächen, hatte Gorian genau das Gegenteil getan: Er hatte ihn noch verstärkt, sodass sich die gespaltene Orxanier-Klinge so tief in das Holz grub, dass der Frostkrieger sie nicht mehr sogleich herausziehen konnte, und im nächsten Moment hatte ihm Gorian bereits die Schwertpranke mit der scharfen Schneide des Rächers abgetrennt; zugleich stieß er einen Kraftschrei aus, denn ohne die Unterstützung der Magie wäre er wohl niemals stark genug gewesen, den Handwurzelknochen einer orxanischen Pranke zu durchtrennen, ganz gleich ob es sich nun um ein untotes oder ein lebendes Exemplar dieser Art handelte.
Ein blitzschnell ausgeführter Tritt vor den Brustkorb ließ den Orxanier vom Baum stürzen. Aber im letzten Moment fasste dieser mit der verbliebenen Pranke Gorians Fuß und riss ihn mit sich.
Gorian fiel verhältnismäßig weich, denn er landete genau auf dem Körper des Orxaniers, wobei der Dolch dem Untoten in die Brust gerammt wurde. Die Klinge bohrte sich bis ans Heft in seinen Körper.
Aber offenbar nicht tief genug. Der nun einhändige Orxanier rollte sich herum und warf Gorian dabei von sich, dann stürzte er sich auf ihn und riss das Maul auf, um seine Hauer Gorian in die Schulter zu schlagen.
Plötzlich wirbelte eine Klinge wie aus dem Nichts durch die Luft und trennte dem Untoten den Kopf vom Rumpf. Er rollte über den Boden, während sich die Klinge um
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