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Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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getötet werden muss!«
    Das war der erste Gedanke, den Gorian von einem der Sonnenflüchter empfing. Der Riese, dem offenbar die Rolle des Anführers zukam, beugte sich etwas herab, die spitzen Enden seiner Beißwerkzeuge richteten sich auf Gorian und verharrten, so als wollten sie im nächsten Moment zuschlagen.
    Der Gedanke, den er empfangen hatte, war für Gorian von überraschender Klarheit. Er hatte kaum etwas Fremdartiges und war bei Weitem nicht so verwirrend wie das, was ihm manchmal Ar-Don übermittelte.
    »Ich bin Gorian«, sagte der Ordensschüler laut. »Und weder ich noch irgendjemand sonst hier will euch schaden.«
    »Ich weiß, wer du bist«, erwiderte der Sonnenflüchter-Riese mit einem sehr eindringlichen Gedanken. Gorian nahm an, dass ihn auch die anderen empfingen. Bei Sheera war er sich dessen sogar sicher. Für einen kurzen Moment erreichte ihn ein Sturm von Bildern. Er selbst kam darin vor. Er sah sich als kleiner Junge in einem Boot in der thisilischen Bucht,
zusammen mit seinem Vater. Er sah, wie die Schattenreiter Nhorichs Hof erreichten und den Gargoyle Ar-Don aussandten, um ihn zu töten. Er sah die verlorene Schlacht um die Ordensburg und dann, wie sich ihm während des Kampfes am Speerstein von Orxanor sein eigener Dolch aus Sternenmetall in die Schulter bohrte.
    »Jemand hat mir all dieses Wissen gegeben. Es wurde entnommen aus den Erinnerungen von Lebenden und Toten und soll mir helfen, dich zu vernichten, denn das zu tun sei schwer.«
    »Warum soll ich vernichtet werden?«, fragte Gorian.
    »Weil du derjenige bist, der getötet werden muss, damit geschieht, was geschehen soll.«
    »Wem dienst du?«
    »Niemandem. Darum werde ich auch nicht tun, was man von mir erwartet.«
    »Wer erwartet etwas von dir?«
    Zur Antwort erreichte Gorian ein Bild, das mindestens tausend Schattenreiter zeigte, die durch die Nacht ritten. Sie schwebten förmlich über die Berge. Die Hufe ihrer vollkommen dunklen achtbeinigen Riesenpferde berührten kaum den Boden.
    Das war es also, was der Maskierte gemeint hatte, als er sagte, die Schattenreiter seien im Begriff, nach Verbündeten zu suchen, die in diesem Landstrich beheimatet waren und die sich nicht so einfach versklaven ließen, da sie nicht durch Magie beeinflussbar waren.
    Auf irgendeine Weise hatten die Verfolger also Verbindung zu den Sonnenflüchtern aufgenommen.
    Und dann begriff Gorian, was diese Gedankenbilder eigentlich bedeuteten. »Die Schattenreiter sind auf dem Weg hierher!«
    »Sie bringen Unglück« , erwiderte der Sonnenflüchter. » Sie
führen einen Krieg, der uns nichts angeht. Was sie tun, ist zu unserem Nachteil. Ihr Herr verdunkelt die Sonne.«
    Gorian war verwirrt. »Ich dachte, es würde euch entgegenkommen, dass der Schattenbringer die Sonne verdunkelt. Nennt man euch nicht die Sonnenflüchter?«
    »Nur unsere Feinde tun dies. Weil sie es nicht besser wissen.«
    »So stimmt es nicht, dass ihr erst dann aus eurer Erstarrung erwacht, wenn die Sonne nicht mehr vom Himmel brennt?«
    »Doch, das ist richtig. Bei Dunkelheit finden unsere Steinmahre keine Ruhe und verlangen immerzu nach dem Unterseegras, das sie aufquellen lässt. Und auch wir müssen dann erwachen, weil nur die wärmende Sonne uns den steinernen Schlaf des Überdauerns ermöglicht.«
    »Dann solltet ihr uns helfen, denn wir wollen verhindern, dass unsere Welt zu einem dunklen, kalten Ort wird.«
    Der Anführer der Sonnenflüchter bewegte hektisch die Beißwerkzeuge. Vielleicht war das seine Art auszudrücken, dass ihn Gorians Aussage irritierte. Dann verharrten seine Beißwerkzeuge wieder, er richtete sich zu voller Größe auf und stemmte die rechte, beinahe menschlich wirkende Faust in die Hüfte. Als Einziger der Sonnenflüchter trug er keinerlei Waffen, wohl aber einen Brustpanzer, auf dem in seinem Fall ein silbernes Amulett eingelassen war, das an die verschlungenen Schriftzeichen der Caladran erinnerte.
    » Wir stehen auf keiner der beiden Seiten, die hier einen Krieg führen. Uns interessiert nur unser eigener Krieg, der noch lange nicht zu Ende ist. Ihr gefährdet unsere Pläne ebenso wie eure Verfolger.«
    Der riesenhafte Sonnenflüchter drehte sich zur Seite. Seine dunklen, vorgestülpten Augen, in denen sich das Mondlicht spiegelte, waren für menschliche Begriffe blicklos; es war nicht zu erkennen, wem gerade seine Aufmerksamkeit
galt. Dann aber wandte er sich eindeutig dem Namenlosen Renegaten zu. Auch der Gedanke, den er an ihn richtete, war für alle

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