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Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Bibliotheken gelagert hatte, hatte letztendlich kein Ergebnis gebracht.
    Ar-Don stieß eine Folge krächzender Laute aus und drosselte
die Geschwindigkeit. Der bisher recht gleichmäßige Rhythmus seiner Flügelschläge geriet ein wenig aus dem Takt, sodass die Greifengondel an Höhe verlor, bevor der Greifengargoyle erneut aufstieg.
    Der Namenlose Renegat öffnete die Außentür, trat auf den kleinen Balkon, breitete die Arme aus und verkündete mit dröhnender Gedankenstimme, die auch ein nicht magiebegabtes Wesen empfangen konnte: »Nach langer Zeit kehre ich zurück und bringe Euch, was Euch gestohlen wurde, auf dass ein neues Zeitalter beginne!«
    Die Augen des Namenlosen leuchteten grell auf, und aus seinen Fingerspitzen schossen dunkelrote Lichtstrahlen, die verschnörkelte Caladran-Runen in den Himmel schrieben, wo sie nach einer Weile wieder verblassten. Danach wartete der Namenlose ungeduldig auf eine Antwort.
    Aus einem röhrenartigen, messingfarbenen Metallfortsatz am Bug des größten der Caladran-Schiffe quoll ein zähflüssiger, jedoch scheinbar völlig gewichtsloser blutroter Tropfen, dehnte sich innerhalb weniger Augenblicke auf einen Durchmesser von zwei Schritt aus, schwebte auf die Greifengondel zu und gewann dabei immer mehr an Geschwindigkeit.
    Ar-Don scheute davor zurück, minderte seine Fluggeschwindigkeit noch mehr, fauchte den herannahenden Tropfen an und versuchte schließlich sogar, ihm auszuweichen, doch es gelang ihm nicht. Der Tropfen glich seine Flugbahn der der Gondel an, traf auf sie, drang durch die Außenwand und verharrte dann in der Mitte des Passagierraums.
    Im nächsten Moment formte sich aus ihm eine menschenähnliche Gestalt und verstofflichte zu einem Caladran-Krieger. Der Nasenschutz des messingfarbenen Helms reichte
ihm bis zum Kinn, sodass von seinem Gesicht kaum mehr zu sehen war als die schräg stehenden Caladran-Augen.
    Der Namenlose kehrte vom Gondelbalkon zurück, blieb aber in der offenen Tür stehen.
    »Folgt uns und leistet keinen Widerstand!«, sagte der Caladran-Krieger laut. »Unsere Himmelsschiffe werden eure Gondel in ihre Mitte nehmen und nach Caladrania begleiten. Wir werden euch zeigen, wo ihr landen sollt. Tut, was man euch befiehlt. Gebt niemandem Anlass, euch oder euer Greifentier für eine Gefahr zu halten, sonst wird man euch augenblicklich vernichten.« Er hatte akzentfreies Heiligreichisch gesprochen und wiederholte seine Forderung anschließend auf Gryphländisch.
    Als der Namenlose einige Worte in der Caladran-Sprache äußerte, wandte der Krieger nur kurz den Kopf und sah den Renegaten an. Dann wurde er durchscheinend und verblasste, und innerhalb weniger Herzschläge war er verschwunden.
    »Bevölkern seit neuestem Geister die Inseln der Caladran?«, knurrte Torbas.
    »Dies war nur der Geist einer Botschaft«, erklärte der Namenlose. »Doch wir tun gut daran, den Anweisungen genau Folge zu leisten.«
    Während die Himmelsschiffe die Gondel in ihre Mitte nahmen, um sie zu eskortieren, sagte Gorian zu dem Namenlosen: »Das Ganze wirkt auf mich eher wie eine Gefangennahme.«
    »Wir werden das Misstrauen, das man uns entgegenbringt, sicherlich ausräumen können«, gab sich der Namenlose zuversichtlich, doch während er dies sagte, sah er Gorian nicht einmal an, sondern schien in Gedanken mit anderen Dingen beschäftigt zu sein.

    Wenig später tauchte am Horizont Caladrania, die Hauptstadt des Caladran-Reichs, auf. Nie zuvor hatte Gorian einen Ort gesehen, der mit diesem vergleichbar gewesen wäre.
    Die Stadt bestand aus einem einzigen riesenhaften Felsen in Form eines Baumes, dessen Krone vielfach verzweigt war. Tausende von Türmen erhoben sich als steinerne Äste in den Himmel, umschwirrt von Hunderten kleinerer Himmelsschiffe, zumeist in der Größe von Barkassen, während die Wurzeln der Baumstadt weit ins Meer ragten und als Hafenmauern dienten. Sie schützten zahlreiche Himmelsschiffe vor den Stürmen des Meeres von Ost-Erdenrund, die dort vertäut lagen.
    Das Zentrum von Caladrania bildete eine Burg. Sie lag dort, wo sich der Stamm des steinernen Baumes in drei Hauptäste teilte. Einer dieser Hauptäste reckte sich den Ankömmlingen entgegen, ein zweiter wies ins Innere der Insel, von der Gorian nicht mehr wusste, als dass sie denselben Namen wie die Hauptstadt trug, und der dritte und stärkste wies zum westlichen Meereshorizont, dorthin, wo den Legenden nach die Länder von West-Erdenrund zu finden waren, von denen es hieß, dass

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