Gorian 3
vielleicht für einen Moment nachließ, weil er kurz abgelenkt wurde.
Gorian wandte sich den Kisten zu. Mit Rächer hebelte er eine von ihnen auf. Kugeln aus Metall lagen darin, die meisten kaum größer als eine menschliche Faust und für Katapultgeschosse eigentlich viel zu klein.
Als Gorian sie mit Rächer berührte, blitzte es kurz auf, und die Klinge des Dolchs glühte für einen kurzen Moment rötlich.
»Die Kugeln enthalten Sternenmetall«, stellte Gorian fest. Das hatte er sich schon fast gedacht. Aber es schien nicht ihr einziges Geheimnis zu sein.
»Versuch mal, eine von ihnen anzuheben«, verlangte Beliak. In dem seit seinem Tod grünlich verfärbten Gesicht spielte ein Lächeln. »Na los, du bist doch kein Schwächling. Zumindest nicht für einen Menschen.«
Gorian steckte Rächer wieder ein und versuchte eine der faustgroßen Kugel hochzuheben, erst mit einer Hand, dann mit beiden.
Als ihm dies nicht gelang, nahm er Magie zu Hilfe, was sich als Fehler erwies. Er wurde in die Höhe geschleudert und landete zwanzig Schritte von den Kisten entfernt auf dem Boden, aus dem sich gerade ein paar weitere Vertilger lösten, die mit platschenden Geräuschen zur Seite stoben.
Gorian hatte seinen Fall mit Magie abgemildert.
»Ich hätte nicht geglaubt, dass du mogeln würdest, indem du Magie einsetzt«, entschuldigte sich Beliak, während sich Gorian in die Höhe stemmte.
»Alles in Ordnung?«, fragte Sheera in Gedanken.
»Wenn man davon absieht, dass mich gerade eine magische Kraft durch die Luft geschleudert hat, ja.«
Gorian ging zurück zu den anderen.
Beliak deutete auf Gorians Hand, an der der Ring eines Schwertmeisters steckte. »Wie ich sehe, hast du deinen alten Jugendtraum inzwischen wahr gemacht. Aber die Erziehung der Ordensmeister scheint deinem Charakter nicht uneingeschränkt gutgetan zu haben.«
Gorian stemmte die Arme in die Hüften. »Na, dein Charakter hat offenbar auch unter einem üblen Einfluss gelitten, denn der Beliak, den ich kannte, hätte mich nicht in diese Falle tappen lassen. Du wusstest doch, was geschieht.«
»Deine eigene Magie hat dich zurückgeworfen, Gorian Konnte ich ahnen, dass sie in der Zwischenzeit so stark geworden ist? Abgesehen davon habe ich dir jetzt mehrmals
erklärt, dass ich nicht mehr der Beliak bin, den du kanntest. Zerstückle mich mit deiner Klinge, und das Problem ist für dich gelöst. Ich hätte gewiss Verständnis für diese Handlungsweise. «
Gorian atmete tief durch. »Zurück zu den Kugeln. Was ist damit?«
»Es gibt nicht viel Sternenmetall auf ganz Erdenrund. So hat Morygor diese Kugeln aus einer Legierung gießen lassen, in der sich nur ein ganz geringer Anteil davon befindet. Aber das genügt, um sie mit einem Zauber zu versehen, der sie viel schwerer macht, als es ihrer Größe entspricht. Nicht mal ein Orxanier kann eine solche Kugel heben. Das dürfte einer der Gründe sein, weshalb Morygor in letzter Zeit gesteigerten Wert auf die Gefolgschaft von Adhen legt.«
Beliak trat an die Kiste heran und nahm mit gespielter Leichtigkeit eine der Kugeln empor, nahm sie von einer Hand in die andere und legte sie dann wieder zurück.
»Du mogelst ebenfalls«, stellte Gorian fest. »Ich kann doch spüren, dass du Magie anwendest!«
Beliak verzog das Gesicht. »Ja, das mag sein. Die Magie der Adhe ist vielleicht nicht die stärkste, aber sie ist die einzige, die von diesen Kugeln nicht in der Weise abgestoßen wird, wie du es gerade erlebt hast. Selbst Morygor hat noch kein Mittel gefunden, das es jedem beliebigen orxanischen Frostkrieger erlaubt, die Katapulte mit diesen Kugeln zu beladen, die ganz besonders zerstörerisch wirken, wie du dir vorstellen kannst. Was glaubst du wohl, wie viele Untote sich bei dem Versuch, mit diesen Dingern die Katapulte zu bestücken, schon selbst die Arme ausgerissen haben.«
Gorian nickte. »Eine Waffe, die sicherlich mit verheerendem Erfolg gegen einen Stadtbaum eingesetzt werden kann.«
»Oh, das ist schon geschehen«, erklärte Beliak. »Ich selbst war bei der Zerstörung von Segell dabei.«
»Weißt du, wie weit Morygors Horden bereits in den Süden vorgedrungen sind?«, erkundigte sich Gorian. »Ist Caladrania schon gefallen?«
»Ich habe keine Ahnung. Auch wenn ich Morygors Diener war – und es vielleicht immer noch bin, auch wenn du dich beharrlich weigerst, diesen Umstand anzuerkennen –, so weiß ich doch fast nichts über die Gesamtlage. Morygor pflegt seine Knechte im Unklaren zu lassen, das
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