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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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Protestmärschen und Farbbeuteln gegen Autos begnügt. Dann schickten sie Briefbomben.
    Zum Schluss legten sie Bomben in Aeroflot-Maschinen und schossen durch die Fenster der sowjetischen UNO-Botschaft. Bei der New Yorker Polizei gibt’s das sogenannte Rote Kommando, das Radikale überwacht in diesem Fall die Juden. Wir haben ihnen sogar die nächste Ladung Zündkapseln verkauft. In der Zwischenzeit war Jimmy in Georgia, um Gewehre und Munition für sie zu organisieren.«
    »Was war mit den Zündkapseln nicht in Ordnung?« erkundigte Arkadi sich.
    »Sie waren defekt. Ich habe Jimmy das Leben gerettet. Er sollte beim Bombenbasteln mithelfen. Ich bin morgens zu ihm gegangen und hab ihn aufgefordert, nicht hinzugehen. Als er nicht hören wollte, hab ich ihn aufs Bett geworfen und ihm dabei ein Bein gebrochen. Deshalb musste er dableiben. Die Juden haben die defekten Zündkapseln verwendet und sind mit ihren Bomben hochgegangen. Das heißt, dass ich Jimmy das Leben gerettet habe.«
    »Haben die anderen Juden Ihren Bruder dann nicht für einen Polizeispitzel gehalten?«
    »Natürlich! Darum hab ich ihn weggeschickt.«
    »Er hat keine Gelegenheit gehabt, seinen Freunden gegenüber seine Unschuld zu beteuern?«
    »Ich hab ihm gesagt, dass ich ihm den Hals brechen würde, wenn er zurückkäme.«
     
    Im ethnologischen Institut ging Arkadi allein zu Andrejew hinauf, um ihm zu berichten, was mit dem rekonstruierten Kopf passiert war. Von Andrejews Atelier aus versuchte er vergeblich, Mischa zu Hause oder im Büro zu erreichen. Dann rief er Schwan an, der ihm mitteilte, er habe das Haus gefunden, in dem Kostja Borodin, Valeria Dawidowa und James Kirwill sich aufgehalten hatten. Die Frau, die Schwan zu dem Haus geführt hatte, hatte ihnen jeden Tag frisches Geflügel und frische Fische verkauft.
    Arkadi nahm Kirwill mit, um ihm das Versteck zu zeigen: ein Blockhaus zwischen den Fabriken des Stadtteils Ljublino und dem Südostteil des Autobahnrings. Es kam Arkadi so vertraut vor, als betrete er ein selbsterfundenes Phantasiegebilde. Kirwill besichtigte es schweigend, wie in Trance.
    Die beiden Männer setzten sich in eine Arbeiterkneipe. Kirwill bestellte eine Flasche Wodka und erzählte weiter von seinem Bruder - aber in verändertem Tonfall, als spräche er von einem ganz anderen Menschen. Dutzende von Episoden, von denen Arkadi manche verstand und manche nicht.
    Aber er begriff, welche Hassliebe den Amerikaner dazu gebracht hatte, auf der Suche nach seinem Bruder nach Moskau zu kommen.
    »Ich kann dir genau sagen, ab wann ich gewusst habe, dass du in Ordnung bist«, vertraute Kirwill ihm an. »Als du in meinem Hotelzimmer auf mich geschossen hast. Du hast danebengezielt - aber nur ganz knapp. Du hättest mich treffen können. Das wäre dir egal gewesen und mir auch. Wir sind uns verdammt ähnlich.«
    »Jetzt würde es mir was ausmachen«, stellte Arkadi fest.
    Gegen Mitternacht setzte er Kirwill in der Nähe des Hotels Metropol ab. Der große Mann ging leicht schwankend davon. Arkadi fuhr zu Irina zurück.
    Um vier Uhr morgens rief Arkadi in Ust-Kut an. »Jakutski«, meldete sich eine vertraute Stimme.
    »Hier ist Chefinspektor Renko in Moskau.«
    »Oh? Diesmal haben Sie endlich eine günstige Zeit erwischt«, antwortete der Sibirier.
    Vor Arkadis Schlafzimmerfenster war es noch dunkel. »Was fressen Zobel?« erkundigte er sich.
    »Deshalb rufen Sie eigens an? Haben Sie Ihr Lexikon verliehen?«
    »An Borodins Kleidung haben wir Hühner- und Fischblut entdeckt. Er hat jeden Tag Geflügel und Fisch gekauft.«
    »Zobel und Nerze fressen Geflügel und Fisch. Aber Menschen auch!«
    »Nicht jeden Tag«, wandte Arkadi ein. »Sind in Ihrem Gebiet Zobeldiebstähle gemeldet worden?«
    »Nein, kein einziger.«
    »Keine außergewöhnlichen Vorfälle in den Pelzkollektiven?«
    »Nichts Ungewöhnliches. Im November sind bei einem Brand in einem Kollektiv in Bargusin fünf oder sechs Zobel umgekommen. Aber dieser Verlust war nachprüfbar.«
    »Wie stark waren die Tiere verbrannt?«
    »Völlig verkohlt. Ein ziemlicher Verlust, denn die dortigen Zobel sind die wertvollsten. Fahrlässigkeit ließ sich keine nachweisen.«
    »Sind die verendeten Tiere untersucht worden, um festzustellen, ob sie tatsächlich Bargusin-Zobel waren, ob sie wirklich bei dem Feuer verbrannten und genau zu welchem Zeitpunkt?«
    »Chefinspektor, ich versichere Ihnen, dass darauf nur jemand in Moskau gekommen wäre!«
    Arkadi legte auf, zog sich leise an und verließ

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