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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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wieder. Danke, Mischa! sagte er in Gedanken. Er fuhr am Institut vorbei, wendete und blieb in Sichtweite hinter dem Wolga. »Was tun wir jetzt?« fragte Kirwill.
    »Ich fahre hinter einem Wagen her, und Sie steigen an der nächsten Ampel aus.«
    »Kommt nicht in Frage!«
    »In dem schwarzen Wolga dort vom sitzt ein KGB-Offizier. Er stiehlt einen Kopf, der für mich rekonstruiert worden ist.«
    »Warum halten Sie ihn dann nicht auf und nehmen ihm den Kopf wieder ab?«
    »Ich will sehen, wem er ihn bringt.«
    »Was haben Sie dann vor?«
    »Dann komme ich mit zwei, drei Milizionären und verhafte ihn wegen Diebstahls von Staatseigentum und der Behinderung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen.«
    »Wie wollen Sie einen KGB-Offizier verhaften?«
    »Ich bezweifle, dass es sich hier um ein KGB-Unternehmen handelt. Der KGB gibt bekannt, wenn er einen Fall an sich zieht; er stiehlt keine Beweismittel. Die Wohnung, in der wir vorhin waren, hätte versiegelt sein müssen. Die Leichen im Park hätten innerhalb eines Tages >entdeckt< werden müssen.
    Das ist die KGB-Methode der raschen, wirksamen Lehren. Ich glaube, dass ein KGB-Major und einige seiner Leute nebenbei ein privates Schutzunternehmen aufgezogen haben für Geld. Das dürfte seinen Vorgesetzten nicht gefallen. Jedenfalls ist der Moskauer Staatsanwalt der oberste Gesetzeshüter, und ich bin noch immer sein Chefinspektor. Sie können hier aussteigen.«
    Arkadi hielt an einer Ampel auf dem Sadowaja-Ring drei Wagen hinter der schwarzen Limousine. Der Fahrer - der Pockennarbige, der Irina auf dem U-Bahnhof überfallen hatte - betrachtete etwas, das er neben sich auf dem Beifahrersitz hatte. Er kam nicht auf die Idee, in den Rückspiegel zu schauen.
    Wahrscheinlich konnte er sich gar nicht vorstellen, beschattet zu werden.
    »Ich fahre zum Vergnügen mit.« Kirwill streckte die Beine aus.
    »Gut, wie Sie wollen.«
    Die Stadt blieb hinter ihnen zurück. Wälder drängten sich bis an den Strassenrand. Die Landschaft wurde immer hügeliger, und der Wolga vor ihnen verschwand, tauchte wieder auf und verschwand erneut.
    Arkadi hielt jetzt gut zweihundert Meter Abstand.
    »Wo sind wir hier?« fragte Kirwill.
    »Am Silbersee.«
    »Und dieser Kerl, von dem Sie gesprochen haben, ist bloß Major?«
    »Ja.«
    »Dann glaub ich nicht, dass wir zu ihm fahren.«
    Hinter Eschen und Ebereschen glitzerte Wasser. Feldwege führten von der Strasse zu noch leerstehenden Datschen. Der Silbersee war eisfrei bis auf eine große Fläche in der Seemitte, auf die sich die Suschkingänse zurückgezogen hatten. Die Strasse führte wieder durch ein Waldstück. Der Wolga vor ihnen schien langsamer zu fahren.
    Arkadi stellte den Motor ab und ließ den Moskwitsch auf einem Weg ausrollen. Die Fahrspuren endeten vor einem Blockhaus mit zugenagelten Fenstern. Ein ungepflegter Rasen ging in einen verwilderten Obstgarten über, dessen Bäume bis fast ans Seeufer reichten.
    »Warum halten wir hier?« erkundigte Kirwill sich.
    Arkadi legte einen Finger auf die Lippen und öffnete leise seine Tür. Kirwill folgte seinem Beispiel.
    Irgendwo in der Nähe fiel eine Autotür ins Schloss.
    »Sie wissen, wer der andere ist?« fragte der Amerikaner. »Ja, jetzt weiß ich’s.«
     
    Regennasse Erde klebte schwer an Arkadis Schuhen, als er durch den Obstgarten bis zur Grenze des Nachbargrundstücks schlich. Er hörte Stimmen, ohne zu verstehen, was sie sagten, und erstarrte zur Bewegungslosigkeit, als sie kurz verstummten. Dann sprachen die Männer weiter. Arkadi war aus seiner geduckten Haltung zu Boden gegangen und kroch in die Deckung einer niedrigen Buschreihe.
    Etwa 30 Meter vor sich sah er eine Ecke der nächsten Datscha, den schwarzen Wolga, einen Tschaika, den Pockennarbigen und Andrej Jamskoi, den Moskauer Staatsanwalt. Der Pockennarbige hielt einen hohen Karton in den Händen. Jamskoi legte ihm einen Arm um die Schultern und führte ihn zu der Stelle am Seeufer, an der er mit Arkadi die Gänse gefüttert hatte.
    Arkadi hielt hinter Büschen und Weiden mit ihnen Schritt. Jamskoi verschwand auch diesmal im Schuppen und kam mit einer Axt zurück. Der Pockennarbige öffnete seinen Karton und zog Valeria Dawidowas Kopf heraus - oder vielmehr Andrejews lebensechte Rekonstruktion ihres Kopfes. Als der Staatsanwalt ihm zunickte, legte er den Kopf auf einen Hackklotz.
    Jamskoi schlug zu und spaltete den Schädel in zwei Hälften. Mit der Präzision eines erfahrenen Holzhackers spaltete er die Hälften in Viertel und

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