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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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Guttapercha ist bei einer Wurzelbehandlung zur Füllung der Zahnwurzel benützt worden.«
    »Ich habe nicht gewusst, dass das üblich ist.«
    »Bei uns ist es das auch nicht. Das ist keine europäische Methode. Nur amerikanische Zahnärzte verwenden Guttapercha.« Lewin verzog das Gesicht, als er Arkadis Grinsen sah. »Sie haben keinen Grund, auf Ihren Dusel stolz zu sein.«
    »Bin ich auch nicht.«
    In seinem Büro schrieb Arkadi einen kurzen Bericht, nahm den Durchschlag zu den Ermittlungsakten und trug das Original so behutsam wie einen Hinrichtungsaufschub nach nebenan. Jamskoi war nicht in seinem Büro. Arkadi legte ihm den Bericht mitten auf den Schreibtisch.
     
    Als Pascha nachmittags ins Büro zurückkam, traf er den Chefinspektor in Hemdsärmeln und in einer Illustrierten blätternd an. Der Kriminalbeamte stellte sein Tonbandgerät ab und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
    »Was ist mit dir? Bist du vorzeitig pensioniert worden?«
    »Nein, Pascha. Du siehst vor dir einen Mann, dem es gelungen ist, alle Verantwortung abzuwälzen.«
    »Wie meinst du das? Dabei hab ich eben unseren Fall gelöst …«
    »Für uns existiert kein Fall Gorki-Park mehr.« Arkadi berichtete von der Zahnfüllung des Ermordeten. »Ein amerikanischer Spion?«
    »Das braucht uns nicht zu kümmern, Pascha. Ein toter Amerikaner genügt. Jetzt muss Pribluda den Fall übernehmen.« Arkadi machte eine Pause. »Er hätte von Anfang an die Ermittlungen führen sollen. Eine dreifache Hinrichtung ist kein Fall für uns.«
    »Typisch KGB! Diese Gauner! Nachdem wir die ganze Vorarbeit geleistet haben!«
    »Welche Vorarbeit? Wir haben die Toten nicht identifizieren können und wissen erst recht nicht, wer sie ermordet hat.«
    »Sie kriegen doppelt soviel Gehalt wie wir und haben eigene Läden und tolle Sportklubs.« Pascha war wieder einmal bei einem seiner Lieblingsthemen. »Kannst du mir sagen, in welcher Beziehung sie besser sind, warum ich nie angeworben worden bin? Kann ich etwa was dafür, dass mein Großvater ein Fürst gewesen ist? Nein, man braucht einen einwandfreien Stammbaum - zehn Generationen Schweiß und Dreck oder muss zehn Sprachen sprechen.«
    »Bei Schweiß und Dreck ist Pribluda dir eindeutig über. Aber ich bezweifle, dass er Fremdsprachen beherrscht.«
    »Ich könnte Französisch oder Chinesisch sprechen, wenn man mir die nötige Ausbildung erlauben würde«, fuhr Pascha fort. »Du sprichst Deutsch.«
    »Deutsch kann jeder. Nein, das ist wieder typisch für mein Pech! Wir rackern uns ab, und der KGB kriegt dann die Belobigung.«
    Arkadi stand auf und ging in Nikitins Büro hinüber. Der Chefinspektor für interbehördliche Zusammenarbeit war nicht da. Arkadi nahm einen Schlüssel aus seinem Schreibtisch und sperrte einen hölzernen Safe auf, der ein Telefonbuch und vier Flaschen Wodka enthielt. Er nahm nur eine Flasche mit.
    »Möchtest du wirklich lieber beim KGB als ein guter Kriminalbeamter sein?« fragte er Pascha. Der andere starrte trübselig zu Boden. Arkadi schenkte zwei Gläser Wodka ein.
    »Komm, wir trinken!«
    »Auf wen?« murmelte Pascha.
    »Auf deinen Großvater, den Fürsten!« schlug Arkadi vor. Pascha wurde vor Verlegenheit rot. Er blickte durch die offene Tür in den Korridor hinaus. »Auf den Zaren!« fügte Arkadi hinzu. »Bitte!«
    Pascha stand auf und schloss die Tür. »Dann trink endlich!«
    Beim zweiten Glas besserte sich Paschas Stimmung. Sie tranken auf Lewins gerichtsmedizinischen Spürsinn, den zwangsläufigen Triumph der sowjetischen Justiz und die Öffnung des Seeweges nach Wladiwostok. Dann forderte Arkadi Pascha auf, ihm zu erzählen, wie er den Fall »gelöst« habe.
    Pascha zuckte mit den Schultern, aber der Chefinspektor bestand darauf, seinen Bericht zu hören. Wer den ganzen Tag mit alten Babuschkas geredet hatte, hatte eine kleine Belohnung verdient.
    »Na ja, mir ist eingefallen«, begann Pascha scheinbar widerstrebend, »dass die Schüsse vielleicht nicht nur vom Schnee gedämpft worden sind. Nachdem ich den größten Teil des Tages mit der Befragung von Strassenverkäuferinnen zugebracht hatte, bin ich zu der kleinen alten Frau gegangen, die die Schallplatten auflegt, wenn im Winter Musik für Schlittschuhläufer gemacht wird. Sie sitzt in einem kleinen Raum in dem Gebäude am Eingang Krimski-Wal-Strasse. Ich frage: >Spielen Sie auch laute Musik?< Sie starrt mich an. Ich frage: >Haben Sie ein bestimmtes Programm, an das Sie sich jeden Tag halten?< Sie glotzt mich an. Ich betrachte den

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