Gotland: Kriminalroman (German Edition)
klemmte den Wischmopp unter den Arm und packte mit der anderen Hand den Eimer. Normalerweise fing sie im Wohnzimmer an, staubsaugte immer ein paar Zimmer nacheinander, staubte alles ab und wischte die Böden feucht, bis sie sich durchs ganze Haus gearbeitet hatte. Zuletzt machte sie die Küche und die Toiletten. Normalerweise brauchte sie vier Stunden. Es war keine schwere Arbeit, aber es dauerte.
Sie nahm den Geruch bereits wahr, bevor sie das Wohnzimmer betreten hatte. Süß und aufdringlich, irgendwie nahm er einem den Atem wie … ja, wie was eigentlich? Was auch immer es war, es handelte sich um etwas, das nicht hierhin gehörte. Vielleicht nur Schnittblumen, die zu lange im Wasser gestanden hatten, die stanken manchmal wie der schlimmste Atem der Welt. Aber es sah Kristina Traneus gar nicht ähnlich, Vasen mit fauligen Blumen stehen zu lassen.
Dann sah sie es. Der Putzeimer fiel ihr aus der Hand, und sie übergab sich auf einen der Clubsessel aus grauem Samt. Sie konnte nichts dagegen machen.
8
Peng! Er traf den Ball so unglücklich, dass er nicht in Richtung Tor, sondern nach rechts flog. Seine Kollegen in der gegnerischen Mannschaft grinsten schadenfroh.
»Hierher, Broman«, grunzte Ove Gahnström, der mit glühenden Wangen hinter den linken Verteidiger gewetzt war und vergeblich auf einen Pass gewartet hatte.
Ihr könnt mich mal, dachte Fredrik, verzog aber keine Miene.
Ove schien den Patzer bereits vergessen zu haben, denn er lief genauso enthusiastisch zurück auf seine Position, wie er angegriffen hatte. Sein frisch geschorenes Haar glänzte schweißnass.
Irgendein Fußballfanatiker hatte vorgeschlagen, dass sie statt Hallenhockey freitags auch mal Fußball spielen könnten. Fußball war nicht gerade Fredriks Lieblingssport. Er hatte nie viel für das runde Leder übrig gehabt und nie im Verein gespielt, im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen, sondern höchstens als Kind in den Hofpausen. Er interessierte sich auch nicht für Fußball. Als er auf TV4 einmal eine Handywerbung mit David Beckham gesehen hatte, hatte er den Star überhaupt nicht erkannt und das Ganze für einen schrägen Schwulenwitz ohne Pointe gehalten.
Für Mannschaftssport hatte Fredrik keinen Sinn. Er bevorzugte Tennis. Der Gedanke an Mannschaftssport löste in ihm den Drang aus, jemandem mit voller Wucht vors Schienbein zu treten.
Sie spielten auf einem staubigen Schotterplatz zwischen der Lyckåkers-Schule und einigen Reihenhäusern in Gråbo. Fredrik schielte auf die Uhr. Noch eine Viertelstunde.
Auch Simon ging seit Kurzem zum Fußballtraining. Obwohl er sich selbst nicht für diesen Sport begeistern konnte, war Fredrik froh, dass sein Sohn damit angefangen hatte. Er würde sich nicht nur mehr bewegen, sondern sich auch einen besseren Stand unter Gleichaltrigen verschaffen. Neunjährige mussten Fußball spielen können und über Vereine und Spieler Bescheid wissen. Das schien eine unumstößliche Regel zu sein.
Ove knallte einen Schuss über die Latte. Das Gitter hinterm Tor schepperte laut.
Noch zehn Minuten. Er musste sich ein bisschen bewegen, um nicht noch mehr Unmut auf sich zu ziehen. Nun kam auf seiner Seite Sara Oskarsson angerast. In ihrem glänzenden grünen Trikot sah sie aus wie eine Profispielerin, ihre schwarzen Haare wurden von zwei dunklen Gummibändern zusammengehalten. Eigentlich war sie zu schnell für ihn, aber er holte alles aus sich heraus und konnte sie aufhalten. Er wollte zu Gustav Wallin passen, sah aber, dass der gerade telefonierte. Irgendjemand musste immer erreichbar sein, sie konnten nicht alle die Handys weglegen.
Die eine Sekunde Zögern reichte Sara. Keuchend zog sie in einer Schweißwolke an ihm vorbei, dann war sie mitsamt dem Ball verschwunden. Doch einen Augenblick später war das Spiel ohnehin beendet. Wie ein Schiedsrichter, der zum Freistoß pfeift, hatte Gustav die Hand gehoben. Noch bevor er den Mund aufmachte, sah man ihm an, dass etwas Ernstes passiert war.
»Es gibt was zu tun.«
Nach Luft japsend, ging Fredrik auf Gustav zu. Seine Lungen schmerzten von dem Sprint. Gustav wartete, bis sich alle versammelt hatten. Dann gab er mit gedämpfter Stimme die Einzelheiten bekannt.
»Zwei Tote auf einem Gutshof in Levide. Mord, kein Zweifel.«
Die Kollegen rings um Fredrik schnauften und keuchten immer noch. Sara beugte sich vor und spuckte auf den Boden.
»Na dann, umziehen und los«, sagte Ove.
9
»Hat sie die Polizei gerufen?« Unter Oves Füßen knarrte das
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