Gotland: Kriminalroman (German Edition)
Erlaubnis?«
Wie um ihre Frage zu beantworten, quäkte das schnurlose Telefon.
18
Holla, der Weihnachtsmann persönlich, dachte Sara, als sie die zusammengesunkene Gestalt mit dem langen weißen Bart erblickte. Oder ein Räuchermännchen, korrigierte sie sich, als Tageslicht auf dessen vergilbtes Kinn fiel.
Bei Emrik Jansson roch es vollkommen verqualmt. Schwer, düster, stechend. Möglicherweise konnte man durch den durchdringenden Geruch von Rauch noch einen Hauch von Bratfett erschnüffeln. Alles gelb und braun: die Wände, die Decke, die Möbel und der fusselige Lampenschirm, der dort mindestens seit den Sechzigerjahren hing.
»Ich habe ferngesehen«, sagte Emrik Jansson, »eine Wiederholung von Heim ins Dorf . Kennen Sie das?«
Sara nickte. Sie kannte die Serie, guckte sie aber nicht.
»Ich habe von der Sache … tja, da oben bei den Traneus’ gehört.« Emrik Jansson deutete mit dem Daumen hinter sich.
»Dann wissen Sie ja, warum ich hier bin.«
Die gelbbraunen Wände hatten Ähnlichkeit mit Bienenwaben, dachte Sara und beschloss, den alten Mann in der Diele zu vernehmen.
Damit sie sich tiefer in diese Behausung vorwagte, müsste er ihr schon etwas Sensationelles bieten. Wenn bereits der Eingangsbereich so aussah, wie war es dann erst im Wohnzimmer, wo er vermutlich rauchte?
»Wer ist es?«, fragte der zusammengesunkene Kettenraucher. »Kristina und Anders?«
Sara versuchte, ihr Erstaunen zu verbergen. An und für sich war es nicht verwunderlich, dass sich Neuigkeiten in dieser Gegend wie ein Lauffeuer verbreiteten. Jedem, der den Konvoi von Streifenwagen und anderen Fahrzeugen bemerkt hatte, war klar, dass sich etwas Ernstes ereignet hatte. Aber woher nahm er diese Detailkenntnis? Sie wussten doch selbst erst seit Kurzem, wer der ermordete Mann war.
»Hat das jemand behauptet?«, fragte sie.
»Nein, nicht direkt. Ich habe es mir einfach gedacht.«
Seine Stimme war ruhig und angenehm und der Blick wach. Er wohnte vielleicht in einem verräucherten Nest, aber er war kein Insekt. Nicht einmal wunderlich. Vielleicht war er nur zu alt, um sich um den ersten Eindruck, den er machte, zu scheren.
»Warum glauben Sie das? Welchen Anders meinen Sie eigentlich?«, fügte sie hinzu, bevor Emrik Jansson antworten konnte.
»Anders Traneus. Der Cousin.«
Er strich mit den Fingerspitzen über die Außenränder seines Barts. Sie waren genauso gelb wie alles andere im Haus.
»Und warum?«, wiederholte sie.
Er beugte den Kopf vor und hustete röchelnd in die rechte Faust. Das nicht enden wollende Husten schüttelte seinen ganzen Körper. Bald stirbt er, dachte sie.
Es ging vorüber, und er fuhr fort, als wäre nichts geschehen. Anscheinend kannte er diese Anfälle und machte sich keine Gedanken darüber, dass manche sie wohl unangenehm, andere sogar ekelerregend fanden. Sara hätte sich der zweiten Gruppe zugeordnet.
»Ich habe sie doch gesehen. Viele Male. Sie haben wahrscheinlich versucht, diskret zu sein, aber Sie wissen ja, wie das ist … was man mit eigenen Augen gesehen hat, das hat man gesehen.«
Emrik Jansson war der nächste Nachbar. Das bedeutete jedoch nicht, dass er in der Nähe wohnte. Der Gutshof der Traneus’ lag weit entfernt von den anderen Häusern, aber offenbar nah genug.
»Ich habe viel Zeit, meine Umgebung zu beobachten. Ich spioniere nicht, aber ich habe genügend Zeit und bislang einen einigermaßen klaren Kopf.« Er tippte sich an die rechte Schläfe.
»Anders Traneus war also häufig zu Gast bei Kristina?«
»So ist es.«
Emrik Jansson schwankte plötzlich und musste sich an der Wand abstützen.
»Oje, was ist los?«
»Es ist, wie es ist.« Emrik ließ die Hand auf der bräunlichen Tapete liegen.
»Wir können uns auch setzen«, sagte sie.
»Keine Sorge«, er wedelte mit der freien Hand.
»Wenn Sie meinen … Können Sie mir etwas näher erklären, warum Sie glauben, dass Anders Traneus dort oben ermordet wurde?«
»Vor ein paar Tagen ist Arvid zurückgekommen. Ich habe wohl angenommen, dass er sie ertappt und, tja …«
»Umgebracht hat?«
Er zögerte, als hätte er plötzlich begriffen, dass seine Vermutung einen schwerwiegenden Vorwurf darstellte.
»Das weiß ich natürlich nicht, aber so etwas habe ich wohl gedacht.«
Er lächelte milde und machte eine kleine Geste.
»Ein Eifersuchtsdrama.«
»Ist Arvid Traneus der Typ, der deswegen töten würde?«
»Der Typ ist er bestimmt. Das würde ich behaupten.«
»Wie würden Sie ihn
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