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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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sofort, dass es stimmte. Es verschlug ihr den Atem. Auf einen Schlag wurde sie ganz schwach, die Geräusche nahmen an Stärke zu, während Ricky sich von ihr entfernte und so klein wie eine Ameise am anderen Ende eines zehn Meter langen Tisches wurde. Bitte nicht, sie wollte nichts hören, sie wollte das nicht, bitte, bitte nicht. Und dann betete sie wieder. Wie dumm sie war. Eine kleine Idiotin. Da war niemand, der sie hörte.
    Und dich mag er auch nicht … Hängt Gott auf!
    »Es ist etwas Furchtbares passiert«, sagte er. »Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll.«
    Dann stürzte der Himmel über ihr zusammen.

Dienstag, 31. Oktober,
Karolinska-Krankenhaus, Solna
     
    Fredrik lag mit geschlossenen Augen da. Sara war sich nicht sicher, ob er schlief oder ob es an seinem Zustand lag. Sie war in vielem unsicher, aber hier fiel es ihr tief im Innern schwer zu glauben, dass er jemals wieder ganz der Alte sein würde. Sie wollte nicht so denken, aber es schien wahrscheinlich, wenn man sah, wie er hier lag: das blasse Gesicht, die dunklen Ringe unter den Augen, die blutroten Kratzspuren an Stirn und Wange, das blutunterlaufene Auge, das momentan gnädig vom geschlossenen Lid verborgen wurde – so sah kein Mensch auf dem Weg der Besserung aus, fand sie.
    Sie hatte den Eindruck, dass es ihm heute schlechter ging. Er redete überhaupt nicht. Die Ärzte hatten angekündigt, dass es auch schlechte Tage geben würde. Ein schlechter Tag war okay. Er hatte keinen Einfluss auf die Diagnose. Aber mehrere schlechte Tage in Folge waren nicht gut. Die Ärzte waren optimistisch. Oder etwa nicht? War das nur das übliche Spiel, bis alle Hoffnungen verloschen waren? War es die Angst der Götter in Weiß vor dem Scheitern? Der Tod als Beweis der eigenen Niederlage? Keine gute Perspektive, wenn man in einer Branche arbeitete, in der das Schicksal eines jeden Klienten letztendlich der Tod war. Man konnte nur verlieren.
    Wenn Sara und ihre Kollegen einen neuen Fall bekamen, gab es meistens keine Hoffnung mehr. Der Tod war bereits eingetreten, und sie konnten weder dem Opfer noch irgendjemand anderem helfen. Ihre Arbeit gehorchte vollkommen anderen Gesetzen. Dem Gesetz. Sie taten ihre Pflicht. Oft bezweifelte sie den Sinn des Ganzen, aber sie wusste, dass ihre Gefühle gegenüber dem einzelnen Fall nicht von Bedeutung waren. Es kam nicht darauf an, ob die Verhaftung eines einzelnen Täters etwas veränderte oder nicht. Darum ging es nie. Sie taten, was immer getan werden musste, weil man sich darauf geeinigt hatte. Sonst würde alles einstürzen. Wie Sandburgen unter den Wellen.
    Sara betrachtete den durchsichtigen Schlauch, der vom Tropf herunterhing, und wurde plötzlich, ganz ohne Vorwarnung, von starkem Entsetzen gepackt. Sie wollte aufspringen und aus dem Zimmer rennen, wollte raus aus dem Krankenhaus, sie musste wieder anfangen zu leben. Anfangen zu leben … Wie denn? Was sollte das heißen? Als gäbe es ein Leben, das auf einen wartete, in das man hineinsteigen konnte wie in ein heißes Bad mit ätherischen Ölen.
    »Scheiße«, flüsterte sie, stand auf und ging ans Fenster. Sie lehnte den Kopf an die Scheibe und blickte über die Bäume des Hagapark, die sich im Wind wiegten. Dann drehte sie sich zu Fredrik um.
    Fredriks Augen gingen ganz langsam auf. Die Bewegung war fast unmenschlich langsam. Und dann der leere Blick, der gar nicht versuchte, sich auf sie zu richten, sondern nur in eine Richtung stierte: an die Decke.
    Sie wusste nicht mehr, was sie sagen sollte. Es war so befremdlich, vor einem Arbeitskollegen zu stehen, den sie nicht mehr wiedererkannte, und plötzlich wurde ihr schlecht.
    Sie atmete tief durch.
    »Ich muss los. Ninni kommt bestimmt bald.«
    Sie nahm ihre Tasche.
    »Ich komme wieder.«
    Während sie das sagte, spürte sie, dass sie nicht die Kraft dazu hatte, aber trotzdem wiederkommen würde.
    Nun sah er sie an.

16
     
    Elin konnte sich nicht mehr erinnern, was passiert war, bevor sie im Auto saßen. Der Motor lief, aber sie blieben auf dem Parkplatz vor der Bibliothek stehen.
    Sie starrte durch die Windschutzscheibe. Man durfte dort nicht parken, das war der erste Gedanke, der ihr kam. Nicht, wenn man im Redners Wein trank. Nur, wenn man zur Bibliothek oder einer anderen öffentlichen Einrichtung wollte. Nicht, wenn man gerade erfahren hatte, dass die eigene Mutter gestorben war.
    »Wollen wir nicht losfahren?«
    »Immer mit der Ruhe«, sagte Ricky und klang tatsächlich so, als wollte er sie beruhigen.

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