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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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beschreiben?«
    »Abenteuerlustig. Immer in Eile. Heißblütig. Er war in meiner Klasse.«
    »Heißblütig … Hat er sich geprügelt? Wissen Sie das noch?«
    »Geprügelt? Nein, das nicht. Sie wissen ja, wie Jungs sind, jedenfalls manche. Es hat hin und wieder eine Ohrfeige gegeben, aber da war er nicht der Einzige.«
    »Sie haben bestimmt stichhaltigere Gründe gehabt anzunehmen, dass Arvid Traneus seinen Cousin umgebracht hat.«
    Wieder fingerte Emrik Jansson an seinem Bart herum.
    »Jetzt komme ich mir etwas dumm vor«, er hustete, doch diesmal war es ein trockenes und rücksichtsvolles Räuspern, »aber ein Grund ist natürlich, dass da oben im Haus ein toter Mann neben Kristina liegt, das wird jedenfalls behauptet, und dass ich Anders dort ein- und ausgehen gesehen habe. Daraus habe ich gefolgert, dass sie ein Verhältnis miteinander hatten. Das ist jedoch nicht alles. Es wird behauptet, dass Arvid gewalttätig ist. Also, Kristina gegenüber.«
    »Haben Sie davon jemals etwas bemerkt?«
    »Nein, das kann ich nicht behaupten. Vielleicht ist es nur ein Gerücht.
    »Tja, wenn Sie nie etwas Konkretes gesehen oder gehört haben«, stimmte ihm Sara zu, musste aber daran denken, dass Gerüchte bei Mordermittlungen oft die wertvollsten Spuren waren. Wenn man Glück hatte.
    Sie fragte Emrik Jansson noch, ob er Arvid Traneus seit dessen Rückkehr gesehen habe. Er hatte ihn am Montagabend mit Kristina im Auto gesehen, vermutlich kamen sie vom Flugplatz. Danach nicht mehr.
    Emrik Jansson war unangenehm berührt, als er die Tür hinter der jungen Frau von der Polizei in Visby schloss. Seine Beobachtungen und Vermutungen über die Geschehnisse in den Häusern ringsherum, Schlussfolgerungen, die ihm logisch und vernünftig vorgekommen waren, schienen im Angesicht von Recht und Gerechtigkeit in sich zusammenzufallen. Vielleicht war er ein alter Mann, der zu viel auf Klatsch und bedeutungslose Details gab?
    Langsam ging er zurück zu seinem Fernseher und ließ sich in den durchgesessenen Sessel mit den abgewetzten Armlehnen sinken. Die Sendung, die er gesehen hatte, war fast zu Ende. Normalerweise hätte es ihn gestört, dass er die Hälfte verpasst hatte, doch nun erschien ihm das plötzlich alles völlig gleichgültig.
    In der Schule war Arvid gut, aber trotzdem ein wildes Kind gewesen. Keiner von denen, die vorne saßen und sich bei jeder Frage meldeten. Aber mit ungewöhnlichem Antrieb hatte er sich auf jede Aufgabe gestürzt, als wollte er sie so schnell wie möglich hinter sich bringen und weiterkommen. Er verschlang seine Schularbeiten, als hätte man ihm zum Nachtisch eine dicke saftige Torte versprochen, wenn er nur erst das eklige Hauptgericht aufaß.
    Die anderen Kinder blickten zu ihm auf, hatten aber auch ein wenig Angst vor ihm. Und nun war er irgendwo da draußen. Vielleicht ein Mörder.

19
     
    »Ich werde deinen verfluchten Vater umbringen. Weißt du, warum? Er ist ein Tier und kein Mensch. Ein krankes Tier, das notgeschlachtet werden muss.«
    Voller Zorn wurden die Worte in den Hörer gekeucht, so laut, dass sie völlig verzerrt ankamen. Ein unnatürliches Krächzen. Ricky fing an zu schwitzen. Er sah Elin an, doch die hatte sich rücklings auf dem Sofa ausgestreckt und stierte an die Decke.
    »Hallo?« Mehr bekam er nicht heraus.
    »Er wird nicht davonkommen. Wenn die Polizei ihn nicht schnappt, werde ich ihn schnappen. Er soll sterben.«
    Die letzten Worte waren ein nahezu unverständliches Brüllen. Ricky hielt den Hörer ein Stück vom Ohr weg.
    Hitzewellen wogten durch seinen Körper. Er fühlte sich schwach, wie gelähmt und bekam wahnsinnige Angst. Dieses Gefühl hatte er noch nie erlebt. Eine unangenehme Kombination, die sich rasend schnell in Panik verwandelte.
    »Falls du versuchst, ihn zu schützen, schlage ich dich auch tot. Hast du das gehört? Du hast keine Chance.«
    Ein Klick, und im Hörer war es still.
    Rickys Herz klopfte so stark, dass seine Brust schmerzte, die Zunge klebte ihm am Gaumen. Er hatte das Gefühl, keine Luft zu bekommen, obwohl er keuchte wie nach einem Marathonlauf.
    »Ricky?«
    Elin hatte sich aufgesetzt und sah ihn mit unruhig flatternden Lidern an. Ricky deutete auf das Telefon. Was sollte er sagen? Wie beschrieb man das, was eben passiert war? Was war überhaupt passiert?
    »Er will mich umbringen«, zischte er zwischen den schweren Atemzügen.
    »Wer? Was meinst du?«
    Ricky wankte zum Sofa. Vor seinen Augen tanzten kleine bunte Kreise und bewegten sich in Spiralen auf

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