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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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Manchmal war Elin auch dabei.
    Der erste Tag war immer der beste. Und die Insel. Wahrscheinlich weil die Insel das Beste war und nicht, weil sie zuerst kam. Eine andere Welt. Auf ihr gab es nur ein paar Lämmer, einige uralte Ruinen, einen Leuchtturm und einen kleinen Anleger. Wenn die Abenteuer vertäut war, sprangen Elin und Ricky an Land. Sie flitzten zum Leuchtturm und rüttelten an der rostigen Eisentür. Immer dasselbe Ritual, immer mit demselben Ergebnis. Einen Moment lang suchten sie in den Ritzen der Kalksteinmauer nach dem Schlüssel, dann machten sie sich auf zur anderen Seite der Insel. Sie rannten fast die ganze Strecke. Ihre Mutter kam hinterher und rief, sie sollten warten, manchmal war auch Stefania dabei: »Wartet doch mal, hört ihr nicht, was ich sage?« Sie stolperten und hopsten in Badesandalen in Richtung der glühend heißen und kreideweißen Steinstrände und der großen dunklen Kalksteingrotte, zu der man nur schwimmend gelangte.
    Sobald sie ein Stück vom Meer weg waren, wurde die Insel stiller. Das hohe trockene Gras raschelte unter ihren Badelatschen, Insekten surrten um sie herum, und von Weitem hörten sie die Lämmer in den Überresten des alten Leuchtturmwärterhauses blöken. Wenn die Sonne hoch am Himmel stand, gab es nur dort Schatten – und in der Grotte. Doch dahin konnten die Lämmer natürlich nicht.
    Die Sonne brannte. Es war heiß. Sie marschierten am Wäldchen aus windgepeitschten Wacholdersträuchen, Zwergbirken und Gestrüpp vorbei, wo es vor Ameisen wimmelte, stiegen, so schnell sie konnten, die Steilküste hinauf und versuchten, dabei nicht auf die schneeweißen Vogelskelette zu treten, die mit den stecknadelkopfgroßen weißen Blümchen im abgeweideten Gras um die Wette leuchteten.
    Wenn sie sich zum höchsten Punkt oberhalb des Steinstrands gekämpft hatten, stöhnten sie abwechselnd: »Ich sterbe. Wasser, Wasser, ich sterbe.« Wie zwei ausgetrocknete Wüstenwanderer. Sie warfen sich ins Gras, streckten Arme und Beine von sich und keuchten. Aber nicht lange, nie so lange, dass Stefania sie eingeholt hätte. Sie war nie so schnell wie Elin und er, sondern trottete im selben Tempo wie Mama und Papa hinterher. So hatte er sie jedenfalls in Erinnerung, immer ein wenig im Hintergrund. Aber sie war ja auch fünf Jahre älter als er und wollte mit den lärmenden Kindsköpfen nicht viel zu tun haben.
    Sie standen wieder auf und sahen die drei Gestalten in den hellen Sommerkleidern durch das ausgeblichene Gras näher kommen. Dann kletterten sie die gezackte Steilküste hinunter und hörten hinter sich noch leise: »Seid vorsichtig.«
    Sie kamen zum heißen und blendenden Strand hinunter, torkelten über kalkweiße Steine und blickten aufs endlose Meer hinaus. Sie rissen sich die Kleider vom Leib und rannten, egal, ob es lauwarm oder kalt war, schreiend ins Wasser und schwammen zur dunklen kühlen Grotte, wo das Glucksen der Wellen so geheimnisvoll von den Wänden widerhallte und die Lichtreflexe an der Decke tanzten. Elins Haar klebte ihr am Kopf, und das Wasser legte sich wie eine dünne Haut auf ihr Gesicht. Das Herz klopfte in der Brust, die schwappende Wasseroberfläche kitzelte am Hals, und ihm war durch und durch warm, egal, wie kalt das Wasser war.
    Dort spürten sie die Ewigkeit. Zeit gab es nicht. Alles war ewig. Er, Elin, seine Mutter, sein Vater und Stefania.

26
     
    Heute habe ich das Gefühl, in meiner eigenen Fußspur rückwärtszulaufen, dachte Fredrik, als sie vor den pastellfarbenen Reihenhäusern hielten.
    Kaum waren sie aus dem Auto gestiegen, ging die Tür der Nummer vierzehn auf, und Sofia Traneus-Helin kam mit einem dunkelblauen Kinderwagen aus dem Haus, in dem ihr jüngstes Kind schlummerte. Die Schwester lief hinterher und griff sofort nach der Hand ihrer Mutter, als sie Fredrik und Gustav erblickte.
    »Mein herzliches Beileid nochmals«, sagte Fredrik. »Ich wünschte, wir hätten Ihnen gestern eine andere Nachricht überbringen können.«
    Aber irgendjemand musste sie ja bekommen, die Nachricht, dachte er. Hätte es nicht Anders Traneus getroffen, wäre es jemand anders gewesen. So einfach war das.
    Sofia Traneus-Helin nickte und schob den Kinderwagen langsam vor und zurück.
    »Ich wollte gerade mit den Kindern eine Runde drehen.« Sie schielte zu dem eingepackten Baby. »Dauert es lange?«
    »Gehen Sie nur. Wir wollen mit Rune sprechen. Er ist doch noch da?«
    »Großvater ist drinnen.«
    »Dann befragen wir ihn hier.« Gustav sah Fredrik an.
    »Ich

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