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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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hinaus in die Dämmerung. Abgesehen von kurzen Abschnitten mit Straßenbeleuchtung, war es draußen schon bald vollkommen schwarz.
    In der undurchdringlichen Dunkelheit blieb der Bus immer wieder stehen und ließ Passagiere aussteigen. Vereinzelt warteten mitten in der Einsamkeit Autos mit eingeschalteten Scheinwerfern auf einige der Fahrgäste. Diese Szene, die sich ein paarmal wiederholte, gefiel ihm. Sie verhieß Sicherheit, vielleicht sogar etwas noch Größeres. Zugehörigkeit?
    Er war schon lange nicht mehr mit dem Bus gefahren, erst recht nicht so spät am Abend. Beinahe bekam er Mitleid mit denen, auf die niemand wartete. Es war, als fielen sie direkt hinaus in die Leere.
    Als er selbst südlich von Hemse ausstieg, blieb nur noch ein einzelner Passagier im Bus zurück.
    Fredrik blickte dem Bus hinterher. Die feuchte Abendluft roch nach Feuerholz und Gülle. Er hatte einen knappen Kilometer zu Fuß vor sich. Nach zwei Straßenlaternen gewann die Nacht die Oberhand. Er wusste, dass es nicht klug war, auf der Landstraße zu laufen. Der Feldweg längs der Äcker war zwar genauso dunkel, aber zumindest würde ihn dort niemand überfahren.

36
     
    Sie hatten zu Mittag gegessen. Spaghetti mit selbst gemachter Tomatensoße, geriebenem Parmesan und ein paar Basilikumblättern von den Töpfen hinterm Haus. War das wirklich die erste warme Mahlzeit, seit sie auf Gotland war? Es kam ihr so vor, aber eigentlich konnte es nicht sein. Sie war doch schon so lange hier, vielleicht eine Woche. Ja, eine ganze Woche. Sie konnten sich doch nicht die ganze Zeit von Brot und Kaffee ernährt haben.
    Elin kratzte die Reste in den Mülleimer und stellte die Teller in die Spülmaschine. Es war fast halb drei. Sie öffnete den Vorratsschrank und griff nach dem Weinkarton. Er fühlte sich leicht an. Sie schüttelte ihn. Leer. Hatte sie den Rest getrunken?
    Sie ging in die Hocke, wühlte in den Spirituosen, die ganz unten standen, und holte einige Flaschen aus dem Schrank.
    »Willst du was trinken?«, rief sie.
    »Was?«, hörte sie Ricky aus seinem Zimmer.
    Nach dem Essen war er sofort aufgestanden und hatte sich mit abwesendem Blick zurückgezogen. Den Abwasch hatte er ihr überlassen.
    »Du hast mich schon verstanden.«
    »Na gut.«
    Er klang zögerlich, als würde sie ihn zu etwas zwingen. Heuchler, dachte sie. Er war in der vergangenen Woche einmal zur Arbeit gefahren, aber wieder zurückgekommen, weil er es nicht durchstand. Sie hatte ihm geraten, sich krankschreiben zu lassen, aber er war nicht zum Arzt gegangen.
    Wenn sie beide sowieso nicht arbeiteten, war es doch egal, dachte sie und holte zwei Gläser aus dem Schrank.
    Ein einziges Mal hatte sie mit Molly telefoniert. Das Gespräch war enttäuschend verlaufen. Trotz aller Fürsorglichkeit hatte Molly so angestrengt geklungen, als hätte sie am liebsten sofort aufgelegt und wäre vor Elins ermordeter Mutter, der Trauer, dem Blut und den polizeilichen Verhören davongelaufen. Ein zweites Mal hatte Molly nicht angerufen.
    Fast lautlos kam Ricky in die Küche geschlichen. Er blieb stehen und sah ihr beim Zubereiten der Drinks zu.
    »Bitte sehr.« Sie reichte ihm ein Glas.
    »Danke.«
    Aufmerksam betrachtete er die Limettenspalten, die zwischen den Eisstückchen in der goldbraunen Flüssigkeit schwammen.
    »Hatten wir das alles vorrätig?«
    »Seltsam, oder?«, erwiderte Elin. »Ich kann mich gar nicht erinnern, dass wir einkaufen waren. Geschweige denn, dass wir was gegessen haben. Du?«
    »Nein«, sagte er.
    Elin nahm einen Schluck und schüttelte den Kopf.
    »Ich muss nach Hause fahren, aber ich kann mich nicht entschließen. Das Bestattungsinstitut hat sich auch noch nicht gemeldet.«
    Ricky antwortete nicht, sondern schlürfte nur seinen Drink.
    »Lecker.«
    »Das habe ich von Markus gelernt.«
    »Markus?«
    Ricky nahm einen größeren Schluck.
    »Ein Typ, mit dem ich mal zusammen war.«
    »Das hast du mir gar nicht erzählt.« Ein spöttisches Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
    »Da gab es auch nicht viel zu erzählen. Es hat nicht lange gehalten.«
    Rickys Lächeln ging in einen Gesichtsausdruck über, der nicht so leicht zu deuten war.
    »So ist das ja meistens …«
    Vater hatte die Seekarten auf den walnussbraunen Schreibtisch gelegt. Die Gotlandkarte lag immer ganz oben, und wenn sie nicht zum Festland hinüberwollten, war sie auch die einzige. Sein Vater hatte sich ein Glas mit bräunlicher Flüssigkeit eingegossen, das auf einem Korkuntersetzer gefährlich nah an

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