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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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Diese über Fünfzigjährigen, deren Kinder aus dem Haus waren, hatten einfach die Zeit und das Geld, um die Welt zu bereisen. War es nicht Japan, fuhren sie nach China, Mexiko oder Kenia. Er selbst war seit Simons Geburt nicht weiter als bis zu den Kanarischen Inseln gekommen, und wenn er es recht bedachte, vorher eigentlich auch nicht. Andererseits, wer wollte schon über fünfzig sein.
    »Dann könntest du dort ja nach Traneus fahnden«, sagte er.
    Lennart lachte nur.
    Fredrik brachte sein Anliegen vor, und sein Kollege hatte die Tagebücher gleich zur Hand. Offenbar lagen sie direkt neben dem Telefon.
    »Juli 1994, sagtest du?«
    »Genau.«
    Schweigend suchte Lennart eine Weile nach der richtigen Stelle.
    »Hier ist es.«
    »Steht da irgendwas von einem Abenteuer? Am siebten Juli oder später?«
    »Mal sehen.« Summend überflog Lennart die Eintragungen. »Nein, ich kann keine abenteuerlichen Dinge entdecken. Darf ich dich in einer Viertelstunde zurückrufen?«
    »Was steht denn da am sechsten Juli?« Fredrik ging gar nicht auf Lennarts Bitte ein.
    »Soll ich es dir vorlesen?«
    »Ja.«
    »Okay. Sechster Juli. Habe die Sachen für Elin und Rickard gepackt. Musste noch einmal los, um H-Milch und Salbe gegen Mückenstiche zu kaufen. Arvid und Rickard saßen wie üblich über den Seekarten. Das ist alles.«
    »Und am siebten Juli?«
    »Siebter Juli. Heute sind wir zur Insel rausgesegelt. Wir haben früh in Klintehamn abgelegt. Guter Wind. Sind die ganze Strecke gesegelt. Arvid sagte, die Götter seien mit uns. Das glaube ich auch. Ein herrlicher Tag, knallblauer Himmel und warm. Ab Hoburgen hatten wir die ganze Zeit achterlichen Wind.«
    Lennart hielt inne.
    »Willst du noch mehr hören? Es geht in dem Stil weiter …«
    »Nein, das reicht.«
    Ein Schiff. Er hätte es gleich wissen müssen.
    »Hat dir das weitergeholfen?«, fragte Lennart.
    »Vielleicht. Ich muss es erst überprüfen.«
    Über Nacht hatte es geregnet. Die Luft war kühl und der Weg zwischen Acker und Weide dunkelgrau und lehmig. Johannes Klarberg hatte sich eine Gerte aus dem Gestrüpp am Wegesrand gebrochen und schlug damit bei jedem vierten Schritt auf den Boden.
    Man hatte ihn losgeschickt, damit er zwei entlaufene Schweine wieder einfing. Er war dazu gezwungen worden. Die Idee seines Vaters mit den glücklichen Schweinen war ihm peinlich. Die anderen in der Schule hatten zwar nach einer Woche aufgehört, ihm »Glücksschwein« hinterherzurufen, aber er schämte sich trotzdem. Außerdem hauten die Viecher ständig ab, vielleicht nicht immer, aber das war schon das zweite Mal in diesem Monat.
    Er hatte argumentiert, dass dies keine Haushaltstätigkeit sei, sondern die Arbeit seines Vaters, aber sein Vater hatte ihm entgegnet, sobald er seine Pflichten im Haushalt erfülle, die auf einem Plan in der Küche festgehalten waren, brauche er auch nicht mehr den Schweinen hinterherzurennen.
    Wieso hatte er überhaupt Pflichten zu erfüllen? Er hatte sich diesen blöden Haushaltsplan nicht ausgedacht. Der Mist war vor zwei Jahren aufgekommen, als sie zu Besuch bei der Cousine seiner Mutter ins Västerås gewesen waren. Deren Kinder waren die ganze Zeit wie Pfadfinder nach der Gehirnwäsche rumgerannt, hatten den Tisch gedeckt, abgewaschen und Staub gesaugt. Seine Mutter war schwer beeindruckt gewesen.
    Voller Wucht peitschte er mit der Gerte auf den Boden. Lehm spritzte an seine schwarze Kapuzenjacke.
    »Scheiße.«
    Er wischte das Klümpchen weg, aber es blieb ein grauer Fleck zurück.
    Johannes wusste genau, wo er suchen musste. Sie waren immer an derselben Stelle zwischen den Birken und Eichen, nur ein paar Meter von der Weide entfernt, von der sie entwischt waren. Er bemühte sich, die große Werbetafel mit dem unendlich peinlichen Spruch von den glücklichen Schweinen zu ignorieren, überquerte die Straße und betrat die uralte Baumwiese.
    Unter seinen Schuhen knisterten und knackten trockene Zweige. Es roch nach Erde. Er spähte zwischen den Bäumen hindurch und wäre fast in einen Haufen Schweinekot getreten. Er hatte also recht. Als er weiterging, wurden seine Turnschuhe nass von Laub und Gras.
    Da stand das erste Schwein. Braune Flecken auf rosafarbener Haut, halb verdeckt von einer dicken Birke. Es war nie ein Problem, sie zum Mitkommen zu bewegen, jedenfalls nicht bei den ausgewachsenen Schweinen, die schienen nicht daran interessiert zu sein, um ihre Freiheit zu kämpfen. Die Jungen waren schlimmer. Mit denen wurde man alleine nicht fertig.

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