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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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tranken mehrere Tassen heißen Kaffee, den einer der Schutzpolizisten in einer Thermosflasche mitgebracht hatte.
    »Wie lange kann ein Mensch in der Erde liegen, bis er verwest?«, fragte nun dieser Kollege mit einer dampfenden Kaffeetasse vor dem Mund.
    Eva überhörte die Frage, doch Granholm nahm sich ihrer voller Begeisterung an.
    »Das hängt von der Bodenbeschaffenheit ab und davon, wie tief die Leiche vergraben wurde. Und vom Klima natürlich. Hier, wo es wenig Feuchtigkeit, aber viel Sand gibt, kann es bei einer normalen Tiefe acht bis neun Jahre dauern.«
    »Acht bis neun Jahre?«, brach es aus dem neugierigen Ordnungspolizisten heraus.
    »So lange dauert es, bis der Verwesungsprozess abgeschlossen ist«, sagte Granholm. Der Kollege nickte und wirkte irgendwie erleichtert.
    »Es spielt natürlich auch eine Rolle, ob der Verwesungsprozess schon eingesetzt hat, bevor die Leiche in der Erde ist«, fuhr Granholm fort.
    Die Scheiben waren so beschlagen, dass man nicht mehr hinaussehen konnte.
    »Trinkt aus, damit wir weiterarbeiten können«, sagte Eva.
    Um Viertel vor zwölf fanden sie in circa achtzig Zentimeter Tiefe einen Menschenkopf, genau wie die anderen Körperteile war er unverpackt.
    Die Fundstelle lag vier Meter hinter der Baumwiese im Wäldchen. Sie hatten die gesamte Wiese untersucht und überall das Laub weggeharkt, um zu sehen, ob die Erde irgendwo aufgebuddelt worden war. Als sie nichts fanden, hatten sie im Wald weitergearbeitet.
    Der Kollege, der sich so für den Verwesungsprozess interessiert hatte, machte große Augen, als Granholm den Kopf aus der Erde hob. Eva befürchtete fast, er würde ihn anfassen.
    Granholm hatte recht gehabt. In der festen kühlen Sandschicht, die etwa dreißig Zentimeter unter der Oberfläche anfing, schritt der Verwesungsprozess äußerst langsam voran. Der Kopf hätte genauso gut in einem Kühlschrank gelegen haben können. Am Hinterkopf waren drei tiefe Verletzungen von einem stumpfen Gegenstand zu sehen, aber sonst war er intakt.
    Eva brauchte keinen Gerichtsmediziner oder Zahnarzt, um den Toten zu identifizieren. Sie kannte die Fotos.
    Um vierzehn Uhr fuhr der Bus in Hemse ab. Am alten Laden kam er frühestens zwanzig Minuten später vorbei. Es genügte also, wenn sie um Punkt zwei Uhr losging. Schwer zu tragen hatte sie ja nicht.
    Ricky war nicht zu Hause. Spät in der Nacht, als Elin schon im Bett war, hatte sie gehört, wie er mit dem Auto weggefahren war. Hoffentlich tauchte er bald auf, aber noch waren ja ein paar Stunden Zeit. Andernfalls wollte sie trotzdem fahren. Es reichte ihr. Sie musste hier weg.
    Sie nahm einen roten Apfel aus der Holzschale auf dem Küchentisch und biss hinein, er schmeckte süß und mehlig. Dann hörte sie draußen ein Auto anhalten, aber es war nicht Ricky.
    Elin freute sich, als sie Göran Eide aus dem Auto in der Einfahrt steigen sah. Das Gespräch mit ihm hatte ihr gutgetan. Sie hatte ihm Dinge offenbart, die sie noch nie jemandem erzählt hatte, und er hatte ihre Aussagen nicht infrage gestellt, sondern wie selbstverständlich akzeptiert, als hätte er so eine Geschichte schon oft gehört.
    Bevor er klingeln konnte, öffnete sie die Tür.
    Er sagte Hallo und stellte seine Kollegin Sara Oskarsson vor.
    »Können wir einen Augenblick hereinkommen?«
    »Klar, kommen Sie rein«, sagte sie und machte einen Schritt zurück.
    Sie strahlte, aber die beiden schienen ihr Lächeln nicht erwidern zu wollen. Die Mienen der beiden wirkten verschlossen, wenn nicht gar beschämt, als sie zaghaft zurücklächelten. Elin verstand nicht, was los war. Hatte sie etwas angestellt?
    »Ist Ihr Bruder zu Hause?«, fragte der Kommissar.
    »Nein, er ist zu Besuch bei einem Freund.«
    »Aha. Hier auf der Insel?«
    »Ja, nickte sie, »in Visby, glaube ich jedenfalls.«
    Sie gingen ins Wohnzimmer. Elin ließ sich auf dem Sofa nieder, die beiden Polizisten nahmen auf Stühlen Platz.
    »Ich fürchte, wir müssen Ihnen eine traurige Nachricht überbringen«, sagte Göran.
    Elins Herz schlug schneller. Traurige Nachrichten? Was sollte das heißen? Eine traurige Nachricht hatte sie schon vor zwei Wochen erhalten. War Ricky etwas passiert? Aber sie hatten ja nach ihm gefragt. Das hätten sie doch nicht getan, wenn ihm etwas zugestoßen wäre.
    Reglos sah sie den Mann mittleren Alters an, der ihr gegenübersaß.
    »Ihr Vater ist tot.«
    Elin rührte sich immer noch nicht und sagte kein Wort.
    »Wir haben vor ein paar Stunden seine Leiche gefunden.«
    Elin

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