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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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schwieg.
    »Glauben Sie, wir können Ihren Bruder erreichen? Es wäre gut, wenn er hierherkommen könnte.«
    »Ich wollte eigentlich nach Hause fahren«, sagte Elin. »Mit der Fähre um Viertel vor fünf. Der Bus geht zwanzig nach zwei am Laden ab.«
    Der Kommissar hatte Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden.
    »Ich würde lügen, wenn ich behaupten wollte, dass ich Ihre Gefühle verstehen kann. Was Sie empfinden, kann ich nur erahnen. Vor nicht einmal zwei Wochen habe ich hier mit Ihrem Bruder gesessen und ihm von Ihrer Mutter erzählt. Wir werden alles tun, um Ihnen zu helfen. Das Beste wäre, wir könnten Rickard erreichen und …«
    »Wir verstehen uns im Moment nicht besonders«, sagte Elin.
    »Gibt es jemanden, den Sie anrufen könnten, der …«
    »Nein«, fiel sie ihm erneut ins Wort.
    Auf Gotland hatte sie niemanden mehr.
    »Wir könnten den Pfarrer aus Levide bitten …«
    »Bloß nicht«, schoss es aus ihr heraus, »keinen Kirchenfuzzi. Wir müssen Ricky erreichen.«
    Mit fest ineinander verschränkten Fingern stand sie auf.
    »Irgendwie müssen wir ihn erreichen«, wiederholte sie.
    »Ja«, Göran stand ebenfalls auf, »ich glaube aber trotzdem, dass es gut wäre …«
    »Kein Pfarrer!«, unterbrach ihn Elin. »Lieber was zum Einschlafen.«
    »Wir könnten den Bezirksarzt anrufen«, schlug Göran vor.
    »Klar, wieso nicht«, erwiderte Elin desinteressiert. Göran sah seine Kollegin an.
    »Könntest du?«
    Sara verließ den Raum. Elin schwieg so lange, bis sie draußen war.
    »Wo haben Sie ihn gefunden? In Tokio? Hat er sich umgebracht? Ist er von seinem Balkon im siebzehnten Stock gesprungen?«, fragte sie bohrend, ohne ihn anzusehen.
    Ich komme hier nie weg, dachte sie. Jetzt auch noch Papa. Noch eine Beerdigung, ich muss das Bestattungsinstitut anrufen. Ich werde hier hängen bleiben. Was wird nun aus allem? Gibt es jetzt nur noch Ricky und mich?
    Der Kommissar sprach mit ihr, aber sie hörte ihn nicht.
    »Was?«
    »Wäre es nicht besser, wenn Sie sich hinsetzen?«
    »Nein, ich will nicht sitzen, ich muss den Bus kriegen«, sagte sie bestimmt.
    »Ich glaube, es wäre das Beste …«
    »Darf man nicht Bus fahren, wenn der eigene Vater gestorben ist? Ist das vielleicht verboten?«
    »Nein, aber Sie müssen uns helfen, Ihren Bruder zu finden. Irgendwo muss er ja stecken.«
    Elin sank auf das Sofa. Sie spürte, wie das weiche Daunenpolster unter ihr nachgab. Draußen im Flur hörte sie eine murmelnde Frauenstimme. Bald würden die Autos mit den Reportern wiederkommen. Wäre es nicht das Allerbeste, wenn sie einfach diesen Bus nähme?
    »War es in Tokio?«, fragte sie. »Hat man ihn in Tokio gefunden?«
    Der Kommissar machte wieder so ein Gesicht. Es sollte aussehen wie ein ruhiges, freundliches Lächeln, aber es verrutschte ihm irgendwie.
    »Nein«, sagte er, »Ihr Vater wurde nur einige Kilometer von hier gefunden, in der Nähe von Hejde.«
    »Was?«
    »Ja.«
    »Hejde?«
    »Wir waren auch überrascht«, sagte Göran.
    Elin schlug sich mit der Hand vor den Mund. Dann erstarrte sie und riss die Augen auf.
    »Hejde, aber … Doch nicht diese … Geschichte in den Nachrichten gestern Abend? Die haben Etelhem gesagt.«
    »Die Angaben waren nicht exakt.«
    »Sie meinen, dass das … mein Vater ist?«
    Göran nickte.
    »Ja«, sagte er. »Leider konnten wir ihn erst im Laufe des Vormittags identifizieren.«

44
     
    Das Knallen der Autotür hallte durch die Garage der Polizeidienststelle. Göran eilte über den Betonboden, hielt seinen Ausweis vor das Lesegerät und gab den Code ein. Das Großraumbüro der Schutzpolizei war menschenleer, und seine Schritte klangen auf dem Linoleum leise und trocken.
    Er hatte sich geirrt, Arvid Traneus hatte nicht das Land verlassen. Es hatte auch nicht Monate oder gar Jahre gedauert, ihn zu finden. Und es stimmte vor allem nicht, dass Arvid Traneus noch am Leben war. Stattdessen hatten sie ihn tot aufgefunden, unweit von seinem Gut in Levide, vergraben in einer uralten Baumwiese. Es blieb die Frage, ob auch die Annahme, Arvid Traneus habe seine Frau und seinen Cousin ermordet, ein Irrtum war.
    Er ging durch die ebenfalls menschenleere Teeküche und öffnete mit seinem Ausweis die Tür zur Cafeteria. Nur zwei Angestellte waren noch dort, um die Tische abzuwischen und die Kasse abzurechnen. Gnädig ließ man ihn noch etwas bestellen. Er entschied sich für ein Mineralwasser und eine kleine Tafel dunkle Schokolade, die geschickt neben der Kasse platziert war. So sah

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