Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming
allem anderen.
»In praktischen Dingen scheinen Sie gut organisiert zu sein«, sagt der Pastor. »Es ist eher die spirituelle Seite der Angelegenheit, die mich zu meinem — wie gesagt — längst überfälligen Besuch veranlasst hat.«
»Spirituell?«
»Sie haben mir Ihre Windkraftanlagen und Ihre Farm gezeigt, Ihre Häuser und Ihre Sonnenkollektoren, Ihre Wassertanks und Ihr Schulhaus. Aber wo ...«, er bleibt stehen und wendet sich zu JC um, »... wo ist Ihre Kirche?«
»Ach kommen Sie, Pastor«, sagt Jesus und spielt gedankenverloren mit einem Rosmarinzweig herum, den er aufgesammelt hat. »Ich möchte nicht respektlos klingen, bestimmt ist es Ihnen ernst mit dem, äh, was Sie so tun, aber was soll ich, was sollen wir mit einer Kirche?«
»Erlösung finden, mein Sohn.«
Jesus lacht. »Glauben Sie wirklich - und verzeihen Sie schon im Vorfeld meine Ausdrucksweise —, dass es Gott auch nur einen feuchten Hundefurz interessiert, ob Sie Ihn anbeten
oder nicht? Sehen Sie, im Prinzip ist es doch wie bei den Rolling Stones, nicht wahr? Auf einer Stones-Tour sind Hunderte von Leuten mit dabei: Fahrer, Set-Designer, Tischler, Elektriker, Köche, Gitarrentechniker, Tourmanager, persönliche Assistenten, Roadies, Sound-und Lichtleute. Meinen Sie, Mick Jagger schert sich einen Dreck darum, was der Typ über ihn denkt, der in Philadelphia mitgeholfen hat, irgendeinen Speaker auf die Bühne zu schleppen? Oder der Typ, der nach der Show in London den Abfall aufgesammelt hat? Glauben Sie ernsthaft, dass Mick das interessiert?«
»Ich ... so etwas zu sagen, heißt, sich über alles lustig zu machen, woran ich glaube.«
»Wenn Sie also einen Haufen Scheiße glauben, dürfen die Leute sich nicht darüber lustig machen?«
»Man muss den Glauben anderer respektieren.«
»Warum?«
»Warum?«
»Ja, warum sollte ich Ihren Haufen Scheiße respektieren? Weil Sie das sagen? Kommen Sie, wenn Sie wirklich daran glauben, kann es Ihnen doch egal sein, wie ich darüber denke.«
»Der Atheist ...«, fängt der Pastor an.
»Ticken Sie eigentlich noch ganz richtig?«, schneidet Jesus ihm das Wort ab. »Ich bin doch kein Atheist! Ich habe das Antlitz Gottes geküsst. Und ...«
»Blasphemie.«
»... und ich will Ihnen eins sagen: Schon für die Hälfte von dem Mist, an den Sie glauben, würde er Ihnen so was von in den Arsch treten.«
»Welcher Mist soll das sein?« Der Pastor steht kurz davor, die Beherrschung zu verlieren.
»Wissen Sie, was ich manchmal gern mache, nur so aus Spaß?« Jesus tritt auf den Mann zu, jetzt darum bemüht, nicht selbst aus der Haut zu fahren. Der Pastor riecht etwas Süßliches, Krautiges an JCs Kleidern. »Ich spiele an der Senderwahl meines UKW-Empfängers rum und höre in diese
christlichen Radiosender rein, von denen es hier nur so wimmelt. Scheiße, sind das viele, was? Glauben Sie etwa, ich wüsste nicht, wer Sie sind?« JC tritt noch näher an den Pastor heran, der sich plötzlich im Kraftfeld einer erheblich größeren Persönlichkeit gefangen sieht. »Ich habe Sie in der Sendung von diesem Arschloch Lomax gehört, wie Sie über Schwule hergezogen sind, wie Sie zur Gewalt gegen Abtreibungsärzte aufgerufen haben, wie Sie gegen die Abtreibung sogar im Falle einer Vergewaltigung gehetzt haben. Das ganze geisteskranke Zeug. Was denkst du dir dabei, Mann? Hast du sie nicht mehr alle? Weißt du nicht, dass Gott Schwuchteln liebt? Lass gefälligst diesen Scheiß, überall Hass und Angst zu verbreiten, denn sonst kommst du auf direktem Weg in die Hölle, Sportsfreund. Weißt du, was der kleine Scheißkerl mit Leuten wie dir da unten macht? Mit falschen Propheten und religiösen Heuchlern? Junge, du wirst dir bis ans Ende aller Tage auf einem Fahrrad einen drei Meter langen, gusseisernen Stacheldrahtdildo in den Arsch strampeln.«
»Sie ...«, sagt der Pastor, doch die Worte bleiben ihm im Hals stecken, so sehr hat ihn die Wut übermannt.
»Und glauben Sie mir, das ist nicht nur ein barockes Bild. Das ist die Wahrheit. Ich habe es selbst gesehen.«
»Sie haben hier einen Palast der Sünde errichtet.«
»Oh ja, wenn Sie Ihren armseligen, jämmerlichen, verklemmten, unversöhnlichen, herzlosen, christliche Rockmusik hörenden, schwulenfeindlichen, sexistischen Arsch hier rausschaffen wollen, dann lassen Sie sich bloß nicht aufhalten. «
Schon wenige Sekunden nachdem er das Gelände verlassen hat, verstößt der Pastor gegen das Gesetz, indem er beim Lenken eines Fahrzeugs sein Mobiltelefon
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