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Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt

Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt

Titel: Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Müller
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größten Teil aus öffentlichem Geld bezahlt wird, aber die Kirche dort allein über Organisation und Personal bestimmt? Grundsätzlicher formuliert: Sind Staat und Kirche in Deutschland nicht eigentlich voneinander getrennt?
    Die Antwort auf diese letzte Frage findet sich im Grundgesetz. Oder eben nicht, denn es gibt dort keinen Hinweis darauf, dass Staat und Kirche, wie etwa in Frankreich, völlig getrennt voneinander handeln sollen. In Artikel 140 heißt es: »Es besteht keine Staatskirche«. Das bedeutet zwar, dass Staat und Kirche auf institutioneller Ebene getrennt voneinander agieren sollen. Aber eine strikte Trennung im Sinne einer vorgeschriebenen Distanzierung gibt es nicht. Vielmehr wirken Staat und Kirche freiwillig zusammen. Eine Kooperation ist gewollt, die Kirche übernimmt soziale Aufgaben für die öffentliche Hand. Je nachdem ob man mit Kritikern oder Befürwortern dieser Praxis spricht, ist von »hinkender Trennung« oder »guter Partnerschaft« die Rede. Diese besondere Partnerschaft zwischen Staat und Kirche funktioniert auf der Ebene der sozialen Einrichtungen folgendermaßen: Der Staat finanziert seine eigenen Aufgaben wie Kinderbetreuung, Bildung und Krankenpflege, lässt sie aber von den Kirchen ausführen.
    In diesem Zusammenhang spielt das sogenannte »Subsidiaritätsprinzip« eine Rolle. Es besagt, dass die Kommune von eigenen Angeboten absehen soll, wenn die Aufgabe von freien Trägern erfüllt werden kann. Die Idee dahinter: Gesellschaftliche Aufgaben sollen nicht zuerst vom Staat, sondern in eigenverantwortlichem Handeln von gesellschaftlichen Gruppen gelöst werden. Im konkreten Fall wird etwa die staatliche Verpflichtung, Kindergartenplätze bereitzustellen, von freigemeinnützigen Trägern übernommen, die dafür vom Staat finanziell unterstützt werden. 1961 wurde das Prinzip ins Bundessozialgesetz aufgenommen, es gilt damit auch für Kirchen als Träger öffentlicher Sozialeinrichtungen. Sie profitieren besonders: Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie sind die größten freien Träger in Deutschland.
    Dies sei auch der Grund dafür, dass es um so hohe Summen gehe, erklärt Thomas Begrich, der Finanzchef der evangelischen Kirche. Sie würden ausgezahlt in Form von Fördermitteln und Zuschüssen von staatlichen und kommunalen Stellen sowie von anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie Zweckverbänden, Wohlfahrtsverbänden, Rentenversicherungsanstalten und Krankenkassen. Wichtig dabei sei aber: Dieses Geld bekämen die Kirchen nicht für sich selbst, sondern für Leistungen, die der Allgemeinheit dienen.
    Das Problem an dieser Kooperation: Der Staat kauft sich mit der Kirche als Träger seiner Aufgaben Sonderregelungen mit ein, die in der heutigen Zeit an ihre Grenzen stoßen. Der Nachwuchs, der heute Erzieher, Arzt, Lehrer oder Altenpfleger werden will, ist vielleicht gar nicht mehr dazu bereit, seine Arbeit im christlichen Auftrag zu verrichten und sich auf die besonderen Arbeitsbedingungen der Kirchen einzulassen. Die Kirche ist eben kein freier Träger wie alle anderen, wie die Arbeiterwohlfahrt oder das Deutsche Rote Kreuz. Sie stellt besondere Anforderungen an ihre Mitarbeiter und ihr großer Einfluss auf öffentliche soziale Einrichtungen wird mehr und mehr dort zum Problem, wo die Angestellten ihr Leben nicht mehr so gestalten, wie die Kirche es ihnen vorgibt.
    Das zeigt sich kurz vor Weihnachten 2011 in Rauschendorf. Je mehr die Eltern über die Finanzierung ihres Kindergartens erfahren, desto deutlicher wird ihr Ton. Das belegt ein letzter Brief an den Pfarrer und die Kirchenvorstände.
    Die Eltern schreiben an Udo Maria Schiffers, dass ein Großteil der Kinder im Kindergarten nicht katholisch sei, und empfehlen ihm, den tatsächlichen Bedarf an katholischen Kindergartenplätzen zu ermitteln. Es gebe zurzeit sechs katholische Kindergartengruppen in Königswinter. »Wir sind sicher, dass die Bedarfsermittlung ergeben wird, dass ein einziger katholischer Kindergarten vollkommen ausreichend ist.« Weiter heißt es: »Die Elternschaft sieht keine Möglichkeit mehr, mit dem Träger weiterzuarbeiten. Es gibt keine gemeinsame Basis. Wer die konkreten Interessen der Bürger, Kinder und Eltern einem abstrakten konfessionellen Prinzip opfert, sollte sich aus der weltlichen Kindererziehung zurückziehen.« Noch einmal bitten sie die Kirchenvertreter, von sich aus zu gehen. »Wir haben Angst vor der Möglichkeit, dass wieder eine Mitarbeiterin unverschuldet

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